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b) DBA-Schweiz

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Besondere praktische Bedeutung hat die Abgrenzungsfrage insb für das DBA zwischen Deutschland und der Schweiz. Zimmermann/Könemann sehen in § 4 Abs 4 DBA-Schweiz eine Öffnungsklausel zugunsten des § 2.[19] Auch die dt FinVerw verweist in ihrem Anwendungsschreiben zu § 2 auf diese Regelung.[20] Die Bezeichnung Öffnungsklausel geht mE jedoch zu weit. § 2 AStG wird in § 4 Abs 4 DBA-Schweiz gar nicht genannt. Eine Öffnungsklausel zugunsten der erweiterten beschränkten StPfl, die den Namen verdient, ist lediglich im Prot zum DBA-Italien 1989 enthalten (s Rn 34). Zutr ist, dass Art 4 Abs 4 DBA-Schweiz Raum für die Anwendung nationaler Normen schafft, zu denen auch § 2 AStG gehört. Dessen Voraussetzungen müssen für eine Anwendung allerdings zusätzlich erfüllt sein.[21] Zutr ist daher, Art 4 Abs 4 DBA-Schweiz als Sondervorschrift für eine überdachende Besteuerung zu bezeichnen.

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Verlegt ein „Nichtschweizer“ seinen Wohnsitz in die Schweiz und unterlag er zuvor mindestens 5 Jahre der unbeschränkten StPfl in Deutschland, wird dem dt Fiskus die Möglichkeit eröffnet, den Auswanderer im Jahr des Wegzugs und in den folgenden 5 Jahren so zu besteuern, als bestünde das DBA zwischen Deutschland und der Schweiz nicht.[22] Dann darf der Auswanderer sowohl der beschränkten als auch der erweitert beschränkten StPfl des § 2 unterworfen werden (sofern dessen Voraussetzungen zusätzlich erfüllt sind). Das beschränkte Quellenbesteuerungsrecht Deutschlands ist für diese Zeit ausgesetzt. Betr sind davon va die Quellensteuerbeschränkungen für Dividenden, Zinsen oder Lizenzgebühren.

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Da der Schweiz als neuem Ansässigkeitsstaat abkommensrechtlich ebenfalls ein Besteuerungsrecht eingeräumt wird, kann es zu einer Dbest kommen. Denn die Schweiz hat lediglich die Einkünfte von der Besteuerung auszunehmen, für die das DBA Deutschland das Besteuerungsrecht zuweist; ansonsten unterliegt der Auswanderer mit seinem Welteinkommen der unbeschränkten schweizerischen StPfl. Zur Vermeidung der Dbest der aus Deutschland stammenden Einkünfte rechnet Deutschland die schweizerische Steuer auf denjenigen Teil der dt Steuer an, den Deutschland nicht schon abkommensrechtlich als Quellenstaat erheben dürfte; § 34c EStG findet Anwendung. Die Anrechnung ist begrenzt auf die tatsächlich in der Schweiz auf diese Einkünfte erhobene Einkommensteuer. Alternativ ist nach Wahl des StPfl statt der Anrechnungs- die Abzugsmethode möglich.

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Es ist zu beachten, dass die Voraussetzungen des § 2 und des Art 4 Abs 4 DBA-Schweiz unabhängig voneinander zu prüfen sind. Liegen die Voraussetzungen des § 2 vor, ohne dass gleichzeitig die Voraussetzungen des Art 4 Abs 4 DBA-Schweiz erfüllt sind, gelten für die erweiterte beschränkte StPfl die Einschränkungen des DBA mit Ausnahme von Art 4 Abs 4. Umgekehrt gelten iRd herkömmlichen beschränkten StPfl lediglich die Einschränkungen des Art 4 Abs 4 DBA, wenn zwar dessen Voraussetzungen, nicht jedoch die Voraussetzungen der erweiterten beschränkten StPfl erfüllt sind.[23] Da dann keine nationale Steuerrechtsnorm vorhanden ist, läuft Art 4 Abs 4 DBA-Schweiz insoweit ins Leere.

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Art 4 Abs 4 DBA-Schweiz begrenzt die Anwendbarkeit der erweiterten beschränkten StPfl auf 5 Jahre. Die Regelung kommt nur bei in der Schweiz ansässigen natürlichen Personen zur Anwendung, die nicht die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzen. Schweizer Staatsangehörige genießen bei Rückkehr den sofortigen vollständigen Abkommensschutz, auch wenn sie daneben noch eine andere Staatsangehörigkeit besitzen.

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Gem Art 4 Abs 4 S 4 DBA-Schweiz gelten die Bestimmungen zur überdachenden Besteuerung nicht, wenn die natürliche Person in der Schweiz ansässig geworden ist, um hier eine echte unselbstständige Arbeit für einen Arbeitgeber auszuüben, an dem sie über das Arbeitsverhältnis hinaus weder unmittelbar noch mittelbar durch Beteiligung oder in anderer Weise wirtschaftlich wesentlich interessiert ist. Dabei ist es unschädlich, wenn der Umzug in die Schweiz erst mehrere Jahre nach Aufnahme der dortigen Arbeitstätigkeit erfolgt.[24] Vielmehr sei Motiv der Vorschrift die „Verhinderung der Steuerflucht“.[25] Im Falle der bereits bestehenden Arbeitstätigkeit sei der Bezug zwischen Umzug und Arbeitstätigkeit sogar eindeutiger und unmittelbarer als bei geplanter Arbeitsaufnahme.[26]

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Nach Ansicht des BFH muss die Absicht der Arbeitstätigkeit in der Schweiz weder der alleinige noch der vorrangige Beweggrund für den Wegzug in die Schweiz gewesen sein. Auch eine bloße, nicht auf ein konkretes Arbeitsverhältnis bezogene Absicht der Arbeitsaufnahme in der Schweiz reicht für die Anwendung der Ausnahmeregelung des Art 4 Abs 4 S 4 DBA-Schweiz aus.[27] Nach einer Entscheidung des BFH[28] ist dies aber nur dann der Fall, wenn der StPfl seine bisherige Beschäftigung im Inland aufgegeben oder verloren hat und er jetzt eine abhängige Beschäftigung in der Schweiz sucht. Die Ausnahmeregelung greift danach nicht, wenn der StPfl in der Schweiz tätig wird und seine im Inland ausgeübte Arbeitnehmertätigkeit fortführt. Lediglich die subjektive Absicht, eine Arbeit in der Schweiz aufzunehmen, sei in diesem Zusammenhang nicht ausreichend.

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Gem BMF ist Art 4 Abs 4 DBA-Schweiz nicht anzuwenden, wenn der Wegzug in die Schweiz wegen Heirat mit einer Person schweizerischer Staatsangehörigkeit erfolgt.[29] Die Verwaltungsanweisung geht auf eine Verständigungsvereinbarung des BMF und der EStV zurück.[30] Motive aus dt Sicht für diese Vereinbarung sind nicht veröffentlicht.[31] Grundgedanke der Regelung ist aus schweizerischer Sicht, der Familienzusammenführung einen höheren Stellenwert einzuräumen als der vom Gesetz als Regelfall vermuteten Steuerflucht; diese familiären Gründe könnten jedenfalls durch einen Zeitablauf von 10 Monaten zwischen Wegzug und Heirat nicht entfallen sein.[32]

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Nach Auffassung der deutschen Finanzbehörden ist ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Wegzug und Heirat als noch gegeben anzusehen, wenn die Heirat in einem Zeitraum von sechs Monaten vor und sechs Monaten nach Wegzug erfolgt.[33]

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Nach Ansicht des BFH ist diese 6-Monatsfrist vor oder nach Wegzug als willkürfreie Indizregel für den sachlichen Zusammenhang zwischen Wegzug und Heirat anzusehen, wodurch Rechtssicherheit gewährleistet werden könne. Die Frage, wann der Entschluss zur Eheschließung gefallen sei, könne als innere Tatsache letztlich jeder Ehegatte nur für sich selbst zweifelsfrei entscheiden.[34]

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Art 4 Abs 6 DBA-Schweiz verneint die Ansässigkeit in einem Vertragsstaat, wenn der StPfl in dem eigentlichen Ansässigkeitsstaat nicht mit allen nach dem Steuerrecht dieses Staates allg steuerpflichtigen Einkünften aus dem anderen Vertragsstaat den allg erhobenen Steuern unterliegt. Die Nichtansässigkeitsfiktion des Art 4 Abs 6 DBA-Schweiz führt zu einem Verlust des Abkommensschutzes, so dass Deutschland einen vollumfassenden Besteuerungszugriff nach den Regeln des § 2 erhält. Betroffen sind hiervon va Auswanderer, die in der Schweiz pauschal nach dem Aufwand besteuert werden.[35]

Außensteuergesetz Doppelbesteuerungsabkommen

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