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bb) Vorzugsbesteuerung (Abs 2 Nr 2)

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Der Belastungsnachweis ist ferner zu erbringen, wenn die Belastung durch eine „gg der allg Besteuerung eingeräumte Vorzugsbesteuerung erheblich gemindert sein kann“. Diese Alternative zur Bestimmung einer Niedrigbesteuerung vergleicht also nicht die in- und ausl Steuerlastquote, sondern nimmt diese bereits an, wenn der StPfl im Ausland eine gg der allg Besteuerung eingeräumte Vorzugsbesteuerung genießt. Die Verwendung des Begriffs der Vorzugsbesteuerung ist mE als problematisch anzusehen, da dieser dem dt Steuerrecht fremd und nirgends definiert ist. Zu Recht wird die Vorschrift aufgrund der Verwendung des Begriffs der Vorzugsbesteuerung als verfassungswidrig eingestuft, da sie gegen das Bestimmtheitsgebot und damit gegen den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung verstößt.[95]

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Unter einer Vorzugsbesteuerung ist jegliche Art persönlicher Steuervergünstigungen für den Wegziehenden zu verstehen. Entsch ist, dass es sich um personenbezogene Steuervergünstigungen handeln muss, die nur dem Einwanderer bzw einer ihm gleichgestellten Person gewährt werden.[96]

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Nach Auffassung der FinVerw ist eine Vorzugsbesteuerung gegeben, wenn in dem anderen Staat zuziehende Personen einkommensteuerfrei sind, Steuervergünstigungen (zB Besteuerung aufgrund ihres Verbrauchs, begünstigende Steuerverträge, Erlasse oder Steuerstundungen ohne Rücksicht auf die steuerliche Leistungsfähigkeit) erlangt werden können oder Einkünfte aus den im Inland verbliebenen Wirtschaftsinteressen gg anderen Einkünften bevorzugt besteuert werden. Eine Vorzugsbesteuerung liegt zudem vor, wenn der ausl Staat, in dem die natürliche Person ansässig ist, nach seinem Rechtssystem gg der allg Besteuerung eine Vorzugsbesteuerung einräumt. Es kommt nicht darauf an, dass dem Auswanderer diese Vorzugsbesteuerung auch tatsächlich gewährt wird oder von Rechts wegen gewährt werden kann.[97] Mit anderen Worten, die bloße Möglichkeit, dass der StPfl die Vorzugsbesteuerung in Anspruch nehmen kann, ist ausreichend. Auf der anderen Seite kann auch der stillschweigende Nichtvollzug geltender Steuergesetze eine Vorzugsbesteuerung darstellen.

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Eine Niedrigbesteuerung iSd Abs 2 Nr 2 ist nur bei personenbezogener, nicht bei sachlicher Vorzugsbesteuerung anzunehmen. Sie liegt nicht vor, wenn diese an sachliche Tatbestandsmerkmale wie an bestimmte Einkunftsarten, jedoch nicht an die Person des StPfl gebunden ist. Die von der FinVerw getroffene Einordnung der Steuervergünstigungen als Vorzugsbesteuerung ist daher zu undifferenziert. Entsch muss sein, ob den heimischen StPfl ein solcher Besteuerungsvorzug ebenfalls eingeräumt wird. Dies kann zB bei den von der FinVerw angeführten Steuervergünstigungen nach dem Verbrauch durchaus zutr.[98]

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Als Bsp für eine personengebundene Vorzugsbesteuerung dient die Besteuerung in Großbritannien auf „Remittance Basis“. Diese findet Anwendung, wenn eine Person in Großbritannien ansässig ist, dort aber nicht über einen ständigen Wohnsitz (kein „domicile“) verfügt. In diesen Fällen werden nur die Einkünfte besteuert, welche entweder in Großbritannien erzielt oder dorthin überwiesen werden. Nach Auffassung der FinVerw[99] und des FG München[100] ist hierbei grds von einer Vorzugsbesteuerung und somit einer niedrigen Besteuerung iSd § 2 Abs 2 Nr 2 auszugehen.

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Nicht jede Steuerminderung ist unmittelbar als Vorzugsbesteuerung anzusehen; sie muss vielmehr erheblich sein. Eine nähere Erläuterung unterlässt der Gesetzgeber, insb ob auf absolute oder relative Maßstäbe abzustellen sei; insoweit besteht Klärungsbedarf (näher F/W/B § 2 Rn 228 ff). Nimmt man § 2 Abs 2 Nr 1 als Vergleichsmaßstab, ist eine Grenze von einem Drittel naheliegend.[101] Gegen eine solche Auffassung spricht allerdings, dass der Gesetzgeber bei identischen Grenzen in § 2 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 eine identische Formulierung gewählt hätte. Wenn man dem Wortlaut des § 2 Abs 2 Nr 2 folgt, wäre auch eine absolute Grenze denkbar. Dagegen spricht jedoch, dass eine absolute Grenze völlig willkürlich wäre.[102] Die in der Vorkommentierung an dieser Stelle mit der seinerzeit hM vertretenen Auffassung, eine Bandbreite von 10 % und 33,33 % als erhebliche Steuerminderung zugrunde zu legen, wird aufgegeben, da diese immer noch als zu unbestimmt erscheint; eine sachgerechte Auslegung der Erheblichkeit ist nicht möglich.[103]

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In der Praxis stellt sich bspw die Frage, ob die in Hong Kong geltende Steuerbefreiung für Offshore Income (Steuerbefreiung für aus dem Ausland stammende Einkünfte nach dem Territorialitätsprinzip) als Vorzugsbesteuerung anzusehen ist. Dies ist mE zu verneinen, da nach dem lokalen Steuerrecht in Hong Kong diese Steuerbefreiung allen dort ansässigen Personen und nicht nur den Zuwanderern gewährt wird. Es handelt sich somit nicht um eine personen-, sondern um eine sachbezogene Vergünstigung.

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Eine weitere Besonderheit liegt bei einem Wohnsitzwechsel nach Österreich vor. Österreich gehört seit 1994 nicht mehr zu den Niedrigsteuerländern des § 2 Abs 2 Nr 1. Diese grds Einstufung Österreichs als nicht niedrigbesteuerndes Gebiet ist jedoch hinsichtlich des Tatbestands des § 2 Abs 2 Nr 2 einzuschränken. Nach Auffassung der FinVerw kann eine Vorzugsbesteuerung gegeben sein bei Zuzüglern,

die in Wissenschaft und Forschung tätig sind (§ 103 öst EStG 1994),
denen vor dem 1.1.1994 eine Zuzugsbegünstigung erteilt oder schriftlich in Aussicht gestellt worden ist, oder
die als Sportler tätig sind.[104]

Hier liegt idR eine personenbezogene und nicht eine sachliche Vorzugsbesteuerung vor.

Außensteuergesetz Doppelbesteuerungsabkommen

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