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V. Tatbestandsirrtum 1. Überblick: Tatbestandsirrtum und umgekehrter Tatbestandsirrtum

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177Gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 StGB bewirkt die fehlende Kenntnis eines Umstands, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, dass der Täter nicht vorsätzlich handelt. Ein derartiger, den Vorsatz ausschließender, Tatbestands- bzw. Tatumstandsirrtum liegt vor, wenn das Wissenselement des Vorsatzes im Hinblick auf ein Merkmal des objektiven Tatbestandes fehlt, unabhängig davon, ob der Irrtum vermeidbar war oder nicht.[187] Anwendungsfall eines Tatbestandsirrtums ist daher die in Rn. 151 behandelte Konstellation, in der Jäger A den Pilzsammler O irrtümlich für ein Reh hält und erschießt, ihm also schon die Kenntnis fehlt, einen anderen Menschen zu töten. Gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 StGB liegt daher kein vorsätzlicher Totschlag nach § 212 Abs. 1 StGB vor. Möglich ist nach § 16 Abs. 2 StGB jedoch eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB), in deren Rahmen es maßgeblich auf die Vermeid- und Vorwerfbarkeit des Irrtums ankommt.

178Ein umgekehrter Tatbestandsirrtum liegt vor, wenn der Handelnde irrtümlich annimmt, dass ein Tatbestandsmerkmal vorliegt.[188] In diesem Fall ist der Täter wegen (untauglichen) Versuchs strafbar, es sei denn, der Versuch des jeweiligen Deliktes steht nicht unter Strafe (§ 23 Abs. 1 StGB). Somit ist Jäger A |63|strafbar wegen versuchten Totschlags gemäß §§ 212 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB, wenn er auf ein Reh schießt, welches er in der Dunkelheit irrig für den Liebhaber seiner Frau O hält, den er mit dem Schuss ums Leben bringen möchte.

179Bei Qualifikationstatbeständen führt die Unkenntnis des Täters über ein (qualifizierendes) Tatbestandsmerkmal gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 StGB zum Vorsatzausschluss. Der Täter kann aber aus dem Grundtatbestand bestraft werden. Nimmt der Täter irrig an, das qualifizierende Tatbestandsmerkmal sei gegeben, kommt ein Versuch der Qualifikation (ggf. in Tateinheit mit dem vollendeten Grunddelikt) in Betracht.

180Bei Privilegierungen führt die Unkenntnis eines privilegierenden Tatbestandsmerkmals dazu, dass die Bestrafung aus dem Grundtatbestand zu erfolgen hat, während die irrtümliche Annahme des privilegierenden Merkmals gem. § 16 Abs. 2 StGB zu einer Bestrafung aus dem Privilegierungstatbestand führt.[189] Tötet A den O, weil er irrig davon ausgeht, dass dieser ihn ausdrücklich und ernsthaft hierzu aufgefordert hat, ist A daher nach § 216 Abs. 1 StGB und nicht nach § 212 Abs. 1 StGB zu bestrafen, auch wenn O objektiv nicht mit der Tötung einverstanden war.

181Abb. 3: Irrtum über Tatbestandsmerkmale


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