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a) „Starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter
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Die Einsetzung eines vorläufigen Verwalters nebst Anordnung eines Verfügungsverbotes („starker“ Verwalter) hat gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 InsO zur Folge, dass die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bereits im Eröffnungsverfahren auf den Verwalter übergeht, womit die Rechtswirkungen der §§ 81, 82 InsO) vorgezogen werden. Dies gilt jedoch nicht für § 91 InsO, der weder direkt noch entsprechend gilt, so dass sonstige Rechtswirkungen im Eröffnungsverfahren nicht ausgeschlossen werden. Die Valutierung einer (bereits vorher bestellten) Grundschuld im Rahmen eines bereits bestehenden Sicherungsvertrages (zB durch die Zession der Grundschuld im Rahmen einer Umschuldung), ist nach hM lediglich eine Fernwirkung des Schuldnerhandelns und somit keine Verfügung; sie ist auch keine verfügungsgleiche Handlung, denn sie führt lediglich zum Wegfall einer Rechtsposition, nämlich der Einrede der Nichtvalutierung. § 81 InsO ist hier folglich nicht anwendbar, die Abtretung der Sicherungsgrundschuld im Eröffnungsverfahren ist somit wirksam[19]. Anders ist es aber, wenn und soweit der Schuldner nach Eintritt der Verfügungsbeschränkungen den bisherigen Haftungsumfang der Grundschuld durch eine neue oder geänderte Sicherungsvereinbarung erweitert und erst so eine Neuvalutierung oder eine weitergehende Valutierung der Grundschuld ermöglicht; damit greift er in verfügungsgleicher Weise in den Haftungsbestand seines Vermögens ein, so dass § 81 InsO gilt[20]. Ein Verstoß gegen das vom Gericht angeordnete allgemeine Verfügungsverbot (§§ 22 Abs. 1 S. 1, 21 Abs. 2 S. 1 Nr 2 InsO) begründet absolute (schwebende) Unwirksamkeit, nicht nur relative im Sinne von §§ 135, 136 BGB[21]. Die in § 24 Abs. 1 InsO enthaltene Verweisung auf § 81 InsO hat also zur Folge, dass der Schuldner künftig als Nichtberechtigter verfügt und gutgläubiger Erwerb Dritter nur noch bei Immobilien möglich ist, § 81 Abs. 1 S. 2 InsO (vgl Rn 310).
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Die Bestellung eines vorläufigen starken Insolvenzverwalters mit Verfügungsverbot für den Schuldner ist in der Praxis selten[22], denn die Handlungen des zur Betriebsfortführung verpflichteten (§ 22 Abs. 1 Nr 2 InsO) verfügungsberechtigten Verwalters begründen nach der Verfahrenseröffnung Masseverbindlichkeiten, die voll zu befriedigen sind (§ 55 Abs. 2 S. 1 InsO). Können sie nicht bedient werden, haftet der Verwalter unter Umständen persönlich, §§ 61 InsO, 69 AO. Das Haftungsrisiko des Verwalters ist dementsprechend hoch[23], da die finanzielle Situation im Eröffnungsverfahren oftmals unklar ist. Eine Annäherung bezüglich der steuerlichen Pflichten hat die in § 55 Abs. 4 InsO enthaltene Einbeziehung der mit Zustimmung eines (schwachen) vorläufigen Insolvenzverwalters verwirklichten Steuertatbestände (dazu Rn 395) gebracht, denn die hieraus resultierenden Abgaben gelten künftig als Masseverbindlichkeiten.