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1. Nichteröffnung
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Nach Abschluss der Ermittlungen des Insolvenzgerichts, des Sachverständigen und gegebenenfalls des vorläufigen Insolvenzverwalters, trifft das Insolvenzgericht die Entscheidung über den Insolvenzantrag. Wird dieser zurückgenommen oder für erledigt erklärt, ergeht ein entsprechender Beschluss. Wird der Antrag für erledigt erklärt und schließt sich der Schuldner der Erledigung an, so ergeht eine Kostenentscheidung nach Maßgabe von §§ 4 InsO, 91a ZPO. Stimmt der Schuldner nicht zu, entscheidet das Insolvenzgericht nach dem Sachstand zum Zeitpunkt der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung. Stellt das Gericht die Erledigung fest und erlegt dem Schuldner deswegen die Kosten auf, ist hiergegen nur die sofortige Beschwerde nach §§ 6, 34 Abs. 2 InsO mit dem Ziel der Abweisung des Insolvenzantrags statthaft, nicht aber die sofortige Beschwerde nach § 91a Abs. 2 ZPO[65].
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Stellt sich der Antrag als unzulässig oder unbegründet heraus, wird er kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Kosten des vorläufigen Insolvenzverwalters (vgl §§ 63, 65 InsO, § 11 InsVV) sind in diesem Falle gegen den Schuldner festzusetzen, § 26a Abs. 2 S. 1 InsO. Um voreiligen oder missbräuchlichen Anträgen vorzubeugen, können die Kosten der vorläufigen Verwaltung nach der in § 26a Abs. 2 S. 1 InsO getroffenen Regelung dem antragstellenden Gläubiger auferlegt werden, wenn dieser die Unzulässigkeit oder Unbegründetheit von Vornherein hätte erkennen können und müssen; derartige Fälle sind allerdings kaum vorstellbar. Der Antragsteller kann binnen zwei Wochen (§ 569 Abs. 1 ZPO) nach Zustellung des Nichteröffnungsbeschlusses Beschwerde einlegen, §§ 34 Abs. 1, 6 InsO. Das LG als Beschwerdegericht (§ 4 InsO, § 572 Abs. 1 ZPO, §§ 72 Abs. 1, 119 Abs. 1 Nr 1 GVG) kann die Abweisungsentscheidung des AG aufheben, das Verfahren eröffnen und die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses anordnen, § 6 Abs. 3 S. 2 InsO[66]. Gemäß § 4 InsO, § 574 Abs. 1 Nr 2 ZPO, § 133 GVG kann gegen die Entscheidung des LG die Rechtsbeschwerde beim BGH eingelegt werden, sofern diese vom Beschwerdegericht zugelassen worden ist. Nicht zu vergessen ist schließlich die Aufhebung der Sicherungsmaßnahmen, § 25 InsO.
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Ist der Antrag zwar zulässig und begründet, fehlt aber die Kostendeckung, muss er gemäß § 26 Abs. 1 InsO mangels Masse abgewiesen werden, da ein Insolvenzverfahren grundsätzlich nicht umsonst oder auf Kosten der Staatskasse durchgeführt wird (vgl aber Rn 903 ff). Zuvor hat das Gericht jedoch den Schuldner, die Organträger und den Antragsteller zur Leistung eines Verfahrenskostenzuschusses aufzufordern, § 26 Abs. 1 S. 2 InsO. Diesen Vorschuss können auch Gläubiger leisten, die dadurch einen persönlichen Anspruch gegen die Organträger erlangen, §§ 26 Abs. 3, 15a InsO; dieses Modell ist jedoch wenig praktikabel, denn Gläubiger ziehen es vor, das Geld für die Vollstreckung eigener Titel gegen den Schuldner auszugeben, statt zum Vorteil anderer Gläubiger einen riskanten Prozess aus § 26 Abs. 3 InsO zu führen[67]. Die Organe oder Gesellschafter können freiwillige Beiträge leisten, um für eine geordnete Abwicklung zu sorgen; diese Personen sind zu Kostenvorschüssen häufig schon deswegen bereit, weil die Abweisung mangels Masse häufig persönliche Haftungsklagen und die Ermittlung wegen Insolvenzverschleppung (§ 15a InsO) zur Folge hat. Die Einführung von § 26 Abs. 4 InsO enthält eine Direkthaftung von Geschäftsleitern und Gesellschaftern, wenn der (Eigen-)Insolvenzantrag verspätet (oder gar nicht) gestellt worden ist, da diese Personen gem. §§ 15a InsO, 823 Abs. 2 BGB oder § 43 GmbHG der Gesellschaft ohnehin Zahlungen schulden. Die in § 26 Abs. 4 S. 2 InsO angeordnete Umkehrung der Beweislast bezüglich Pflichtverletzung und Verschulden wird nichts daran ändern, dass hierüber Streit entstehen wird, denn jeder freiwillig Leistende setzt sich ja umgehend der Strafverfolgung aus, vgl § 15a Abs. 4, 5 InsO. Sinnvoller wäre daher die Einführung eine ausnahmslose Zahlungspflicht der Verantwortlichen (Geschäftsleiter und Gesellschafter) gewesen[68]. Gegen die Zurückweisung mangels Masse kann der Schuldner Beschwerde einlegen, § 34 Abs. 1, § 6 InsO[69].
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Mit der Abweisung mangels Masse wird festgestellt, dass das Schuldnervermögen noch nicht einmal ausreicht, um die Gebühren und Auslagen des Gerichts sowie die Vergütung des Insolvenzverwalters zu decken. Die Rechtsfolgen sind einschneidend: Der Zurückweisungsbeschluss wird in das beim Amtsgericht geführte sog. Schuldnerverzeichnis eingetragen (vgl §§ 882b ff ZPO), das zB für Banken beschränkt einsehbar ist. Den Schuldnern wird die Gewerbeausübung in der Regel untersagt sowie die berufsrechtliche Zulassung (Rechtsanwalt, Steuerberater, Notar) entzogen. Bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, bei denen keine natürlichen Personen mit ihrem gesamten Vermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften, führt die Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse (ebenso wie die Insolvenzeröffnung) zur Auflösung (vgl Rn 191 ff) und Liquidation.
§ 4 Das Insolvenzeröffnungsverfahren › IV. Gerichtliche Entscheidung › 2. Eröffnung