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2. Modelle religiöser Kompetenz

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Bildungsstandards sind nicht denkbar ohne die Beschreibung von Kompetenzen. Franz E. Weinert hat den momentan meist verwendeten Kompetenzbegriff geprägt. Er versteht darunter »die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können« (WEINERT 2002, 27 f.). Das heißt:

  »Kompetenzen beziehen sich auf notwendige Fähigkeiten, die ein Individuum oder eine Gruppe von Individuen befähigen, komplexe Anforderungen erfolgreich zu bewältigen« (OBST 2008, 25).

  Primär fokussiert Weinert kognitive Momente, trägt aber auch motivationalen, ethischen, und volitionalen (den Willen betreffende) Aspekten Rechnung.

  Kompetenzen sind bereichs- und fachspezifisch, insofern Lernen in Auseinandersetzung mit bereichsspezifischen Inhalten und dazugehörigen Methoden, Strategien und Deutungsmustern stattfindet.

Kompetenzen halten Hilfen bereit, »wenn man empirisch erkennen bzw. nachweisen will, in welchem Ausmaß und bis zu welchem Anteil Bildungsstandards tatsächlich erreicht werden« (COMENIUS-INSTITUT 2006, 11). Dabei ist zu bedenken, dass nicht alle Kompetenzen (z. B. soziale) durch Prüfverfahren messbar sind. Durch die Überprüfung, ob eine messbare Kompetenz erreicht worden ist, ergeben sich in zweierlei Hinsicht diagnostische Optionen: zum einen, ob Lernprozesse wirksam sind; zum anderen, was »ein Schüler/eine Schülerin schon kann und wo bzw. in welche Richtung er/sie das Können erweitern und verbessern kann« (ebd.).

Die Diskussion um Bildungsstandards hat in der Religionspädagogik die Debatte belebt, was jemand können muss, um als religiös kompetent zu gelten. In dieser Hinsicht finden sich mittlerweile mehrere Kompetenzmodelle, die versuchen, religiöse Kompetenz zu definieren und Instrumentarien zu entfalten, mit denen diese gemessen werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Kompetenzen auf verschiedenen Niveaus realisiert werden können: Bsp. kann ein Kind noch nicht auf einem sehr komplexen Grad etwas interpretieren, mit zunehmenden Alter steigert sich das Niveau dieser Fähigkeit.

Noch hat kein bestimmtes Modell religiöser Kompetenz allgemeine Anerkennung gefunden; nur wenige sind empirisch überprüft. Vor allem ergeben sich Schwierigkeiten, wenn man messen will, ob ein lernendes und sich bildendes Subjekt in »authentischen Anwendungssituationen« (DEUTSCHES PISA-KONSORTIUM 2001, 19) eine bestimmte religiöse Kompetenz auf einem erwarteten Niveau erreicht hat. Gleichwohl weisen die verschiedenen Modelle in mehrerlei Hinsicht Übereinstimmungen auf und bieten Orientierungsoptionen bzgl. dessen, was ein Religionsunterricht bewirken kann, der Grundschulkinder darin unterstützen will, sich religiös zu bilden (s. I.1).

Religiöse Kompetenz nach Ulrich Hemel

Bereits 15 Jahre vor dem »PISA-Schock« hat Ulrich Hemel die Frage nach »religiöser Kompetenz« gestellt und auch beantwortet. Für ihn ist »religiöse Kompetenz die erlernbare, komplexe Fähigkeit zum verantwortlichen Umgang mit der eigenen Religion in ihren verschiedenen Dimensionen und in ihren lebensgeschichtlichen Wandlungen« (HEMEL 1988, 674). Bei seinen Kompetenzdimensionen orientiert er sich an den von Charles Glock definierten fünf Dimensionen von Religiosität.

  Religiöse Sensibilität: Zu religiöser Kompetenz gehört es, religiöse Wirklichkeit qualifiziert wahrnehmen zu können. (Beispiel: Eine Heiligenstatue als religiöses Zeugnis deuten können und nicht lediglich als Kunstobjekt.)

  Religiöses Ausdrucksverhalten: Zu religiöser Kompetenz gehört es, eigene religiöse Fähigkeiten und Begabungen ausdrücken und sich innerhalb einer religiösen Glaubensgemeinschaft betätigen zu können. (Beispiel: An einem Gottesdienst teilnehmen können.)

  Religiöse Inhaltlichkeit: Zu religiöser Kompetenz gehört es, religiöse Inhalte zu kennen und mit diesen so umgehen zu können, dass diese der eigenen Orientierung für die Auseinandersetzung mit Welt dienen. Zudem subsumiert Hemel unter diese Dimension die lebenslange Motivation, sich mit religiösen Inhalten und Vorstellungen auseinanderzusetzen. (Beispiel: Die christliche Idee der Auferstehung kennen und auf das eigene Leben hin denken können.)

  Religiöse Kommunikation: Zu religiöser Kompetenz gehört es, religiös sprachfähig zu sein (religiöse Vokabeln, Symbole), über Religion kommunizieren und interagieren zu können. (Beispiel: Jemandem, der kein Christ ist, in Grundzügen den eigenen Glauben vorstellen können.)

  Religiös motivierte Lebensgestaltung: Zu religiöser Kompetenz gehört es, in Auseinandersetzung mit verschiedenen Weltdeutungen und Wertorientierungen für sich aus religiöser Motivation heraus die eigene Lebensgestaltungsoption entfalten zu können.

Die Dimension »religiös motivierte Lebensgestaltung« ist nur bedingt im Rahmen des Religionsunterrichts überprüfbar. Sie verweist auf Grenzen dieses Faches und stellt gewissermaßen ein Korrektiv dar: Kinder können beispielsweise hinsichtlich der anderen Teilkompetenzen sehr gute Noten erreichen, sich aber zugleich gegen das lebensgestaltende Potenzial von Religion entscheiden (vgl. ROTHGANGEL 2012, 332). Auch die begründete Ablehnung einer religiös motivierten Lebensgestaltung kann als Resultat religiöser Kompetenz angesehen werden. Hemels Kompetenz-Modell wirkte prägend für viele später entfaltete Modelle religiöser Kompetenz.

Das Berliner Modell religiöser Kompetenz

Eine Berliner Forschergruppe um den Erziehungswissenschaftler Dietrich Benner hat in der KERK-Studie (Konstruktion und Erhebung von Religiösen Kompetenzniveaus am Beispiel des evangelischen Religionsunterrichts) ein Modell religiöser Kompetenz entfaltet und empirisch überprüft. Das Berliner Modell religiöser Kompetenz differenziert zwischen religionskundlichen Kenntnissen, religiöser Deutungs- und religiöser Partizipationskompetenz sowie den Erfahrungen mit Religionsbezug, die diesen Kompetenzen vorgelagert sind (vgl. BENNER u. a. 2011, 31).

religiöse Deutungskompetenzreligiöse Partizipationskompetenz
religionskundliche Kenntnisse
Erfahrungen mit Religionsbezug

  Erfahrungen stellen in allen Kompetenzbereichen grundlegende Voraussetzungen dar, um Kompetenzen zu erwerben, insofern ohne Erfahrungen mit Religionsbezug auch keine spezifisch religiösen Fähigkeiten ausgebildet werden können.

  Religionskundliche Kenntnisse wiederum markieren in diesem Kompetenzmodell eine elementare Basis. Ohne sie ist eine sachangemessene Auseinandersetzung, die religiöse Deutungsmuster berücksichtigt, mit religiösen Zeugnissen/Kontexten nicht möglich. Diese gilt es zu vermitteln. Religionskundliche Kenntnisse sind den beiden anderen Kompetenzbereichen »in zeitlicher Hinsicht insofern vorgeordnet […], als sie empirische und kognitive Voraussetzungen sowohl für das Deuten als auch für die Möglichkeit zur Partizipation« (BENNER u. a. 2011, 33) bereitstellen.

  Religiöse Deutungskompetenz bezeichnet die Fähigkeit, religiöse Texte, Motive, Bauwerke, Symbole etc. religiös und theologisch verstehen und in dieser Hinsicht interpretieren zu können.

  Religiöse Partizipationsfähigkeit bezieht sich vorrangig auf die Befähigung, Leben im Rekurs auf religiöse Aspekte zu gestalten. Damit ist die Fähigkeit gemeint, sich mit einem religiösen Sachverhalt auseinandersetzen oder in einer religiös konnotierten Situation reagieren zu können – ob dies nun aus dem Glauben heraus geschieht oder aus einer Glauben ablehnenden Haltung.

An diesem Kompetenz-Modell ist die Unterscheidung zwischen Grundkenntnissen und Kompetenzen markant: »Während Kompetenzen in bestimmten Anforderungssituationen erworben werden und sich dann auch an unterschiedlichen anderen Problemen und Herausforderungen bewähren können, lassen sich unbekannte Kenntnisse nicht aus bekannten Kenntnissen ableiten oder erschließen« (BENNER u. a. 2011, 130). Wichtig ist, dass alle drei Bereiche aufeinander bezogen sind: Partizipation setzt beispielsweise Grundkenntnisse und Deutungsfähigkeiten voraus. Gleichwohl kann auch über Partizipation das religionskundliche Grundwissen erweitert werden. Im Rahmen empirischer Befragungen unter Schülerinnen und Schülern der 10. Jahrgangsstufe konnte die Berliner Forschergruppe vor allem hinsichtlich der religiösen Deutungskompetenz Niveaustufen herausarbeiten; bei der religiösen Partizipationskompetenz gelang dies aufgrund zu geringer Item-Zahlen nicht. Ebenso ergaben sich bei der Niveaustufendifferenzierung bezüglich der religionskundlichen Dimension Probleme (vgl. BENNER u. a. 2011, 125).

Letztlich wurde das Berliner Modell am intensivsten empirischen Überprüfungen unterzogen. Einmal mehr aber verweisen die Untersuchungsergebnisse darauf, dass gerade die für religiöse Bildung unabdingbare praktische Kompetenzdimension nur bedingt gemessen werden kann.

Das Kompetenzmodell der DBK

Für den katholischen Religionsunterricht in der Grundschule entfalten die deutschen Bischöfe in einem eigenen Dokument Bereiche religiöser Kompetenz, die mit den drei Hauptaufgaben dieses Unterrichtsfaches in Wechselwirkung stehen. Zu den drei Aufgaben zählen die »Vermittlung von strukturiertem und lebensbedeutsamem Grundwissen über den katholischen Glauben«, das »Vertrautmachen mit Formen gelebten Glaubens« sowie die »Förderung religiöser Dialog- und Urteilsfähigkeit« (vgl. DBK 2005, 18).

Die Schülerinnen und Schüler sollen zu verantwortlichem Denken und Verhalten im Hinblick auf Glaube und Religion befähigt werden: Über ein Bescheidwissen hinaus soll Religionsunterricht also auch Glaube und Religion selbst ermöglichen – aber keinesfalls von den Lernenden abverlangen.

Das Kompetenzmodell der DBK unterscheidet zwischen allgemeinen fachbezogenen und inhaltsbezogenen Kompetenzen. Zudem wird in der Anbahnung von Einstellungen und Haltungen ein weiterer wichtiger Aspekt des Religionsunterrichts gesehen, der aber nur begrenzt lehr- und überprüfbar ist.

Zu den allgemeinen fachbezogenen Kompetenzen zählt das DBK-Modell (vgl. DBK 2006, 18–21):

  wahrnehmen und entdecken, z. B. religiöse Symbole entdecken und in ihrer Bedeutung benennen können;

  Fragen stellen und bedenken, z. B. im christlichen Glauben Antworten auf die großen Fragen nach dem Woher und Wohin suchen können;

  deuten und gestalten, z. B. Glaubenszeugnisse deuten und in Bezug zum eigenen Leben setzen können;

  unterscheiden und bewerten, z. B. christliche Handlungsmaßstäbe kennen und auf konkrete Situationen hin anwenden können;

  sich ausdrücken und einander mitteilen, z. B. christliche Ausdrucksformen verstehen und in Kommunikation angemessen verwenden können;

  Anteil nehmen und Verantwortung übernehmen, z. B. den anderen als von Gott gewollten und geliebten Menschen erkennen und für ihn Empathie empfinden können.

Diese allgemeinen Kompetenzen, die nicht zuletzt mit Kompetenzen korrespondieren, die auch in anderen Unterrichtsfächern erreicht werden können, lassen sich erst »in der Begegnung und Auseinandersetzung mit Inhalten und Formen des christlichen Glaubens sowie auch anderer Religionen« (ebd., 23) erwerben, weshalb die DBK ihrem Kompetenzmodell sechs Gegenstandsbereiche zuordnet: Mensch und Welt, biblische Botschaft, Jesus Christus, Kirche und Gemeinde, andere Religionen. Damit wird eine Form geboten, die sich in den Bildungswissenschaften zunehmend etabliert hat: Kompetenzen werden als »domänenspezifisch« angesehen und sind von daher über fachspezifische Gegenstandsbereiche zu konkretisieren. Gabriele Obst gibt hinsichtlich dieses »Kompetenz-Modells« zu bedenken, dass es suggerieren könne, hinsichtlich religiöser Kompetenz gelte es vor allem, Grundwissen anzueignen. Ebenso sei zu fragen, ob »die Konkretionen mancher Kernkompetenzen auch nur annäherungsweise den strengen Bedingungen überprüfbarer Standards genügen« (OBST 2008, 83; vgl. ebd. 81).

Das Kompetenzmodell der EKD

Im 2011 veröffentlichten Orientierungsrahmen »Kompetenzen und Standards für den Evangelischen Religionsunterricht in der Sekundarstufe I« wird das vom Comenius-Institut (Münster) entfaltete Kompetenzmodell weiterentwickelt. Es präsentiert »eine begrenzte Anzahl von Kompetenzen, die in diesem Unterricht erworben oder weiterentwickelt werden sollen« (EKD 2011, 8). Wie das katholische Pendant bettet auch der EKD-Orientierungsrahmen sein Modell religiöser Kompetenz in den Horizont des Religionsunterrichts ein. Dieses Fach biete den Schülerinnen und Schülern eine Option, »die Sprach-, Toleranz- und Dialogfähigkeit christlichen Glaubens in der Gesellschaft« zu erproben, indem es »einen eigenen Horizont des Weltverstehens, der für den individuellen Prozess der Identitätsbildung und für die Verständigung über gesellschaftliche Grundorientierungen unverzichtbar ist« eröffnet (ebd., 11). Die Lernenden sollen sich »im Unterricht Wissen, Fähigkeiten, Einstellungen und Haltungen« aneignen, »die für einen sachgemäßen Umgang mit sich selbst, mit dem christlichen Glauben und mit anderen Religionen und Weltanschauungen notwendig sind« (ebd.). Ausgehend davon präzisiert die EKD – ähnlich zu den von der DBK formulierten allgemeinen fachbezogenen Kompetenzen – folgende prozessbezogene Kompetenzen religiöser Bildung (vgl. ebd., 17):

  Wahrnehmungs- und Darstellungsfähigkeit,

  Deutungsfähigkeit,

  Urteilsfähigkeit,

  Dialogfähigkeit,

  Gestaltungs- und Handlungsfähigkeit.

Diesen Kompetenzen sind vier domänenspezifische Gegenstandsbereiche zugeordnet: »die Erwartungen und Bedürfnisse von Jugendlichen, besonders im Blick auf ihre Fragen nach dem eigenen Glauben, die christliche Überlieferung und Lehre, andere Religionen und Weltanschauungen [sowie] religiöse, kulturelle und gesellschaftliche Zusammenhänge im globalen Horizont« (ebd.). Auf dieser Basis werden acht Kompetenzen entfaltet:

1 Den eigenen Glauben und die eigenen Erfahrungen wahrnehmen und zum Ausdruck bringen sowie vor dem Hintergrund christlicher und anderer religiöser Deutungen reflektieren.

2 Grundformen biblischer Überlieferung und religiöser Sprache verstehen.

3 Individuelle und kirchliche Formen der Praxis von Religion kennen und daran teilhaben können.

4 Über das evangelische Verständnis des Christentums Auskunft geben.

5 Ethische Entscheidungssituationen im individuellen und gesellschaftlichen Leben wahrnehmen, die christliche Grundlegung von Werten und Normen verstehen und begründet handeln können.

6 Sich mit anderen religiösen Glaubensweisen und nicht-religiösen Weltanschauungen begründet auseinandersetzen, mit Kritik an Religion umgehen sowie die Berechtigung von Glaube aufzeigen.

7 Mit Angehörigen anderer Religionen sowie mit Menschen mit anderen Weltanschauungen respektvoll kommunizieren und kooperieren.

8 Religiöse Motive und Elemente in der Kultur identifizieren, kritisch reflektieren sowie ihre Herkunft und Bedeutung erklären (ebd., 8).

Das Kompetenzmodell der EKD bietet eine sehr ausdifferenzierte Präzisierung von »religiöser Kompetenz«, wobei anzufragen bleibt, inwiefern diesen acht Kompetenzen nicht noch weitere hinzugefügt oder ausgewählte davon zu einer übergeordneten Kompetenz zusammengefasst werden könnten.

Folgerungen

Neben den oben genannten Modellen wurden bis dato weitere Ausdifferenzierungen religiöser Kompetenz in den Forschungsdiskurs eingebracht (vgl. z. B. ENGLERT 2007; MICHALKE-LEICHT 2011; RITZER 2010 oder SCHAMBECK 2011). Letztlich zeigt sich, dass folgende Aspekte über alle Kompetenzmodelle hinweg bedeutsam sind:

  Religiöse Kompetenz lässt sich nicht unabhängig von der Domäne Religion operationalisieren, weshalb die verschiedenen Teilkompetenzen immer in Abhängigkeit von Inhalts- bzw. Gegenstandsbereichen zu beschreiben sind. Damit ist vornehmlich das sogenannte Verfügungswissen fokussiert, das Kenntnisse bzgl. verschiedenster Aspekte von Religion und Religiosität umfasst. Wichtig bleibt dabei, dass die Inhalte nicht funktionalisiert, sondern in ihrer originären Eigenart gewürdigt werden. Sie selbst können für sich stehen, indem sie »Schülerinnen und Schülern das Unerwartete, das Neue, das sie zu Horizonten zu führen vermag« (SCHMID 2012b, 49), bieten, Staunen ermöglichen und damit Interesse am Lerngegenstand hervorrufen.

  Alle Kompetenzmodelle rekurrieren letztlich auf folgende Teilkompetenzen: Wahrnehmungs- und Deutungs-, Urteils-, Kommunikations- sowie Partizipations- bzw. Handlungskompetenz. Diese Teilkompetenzen werden präzisiert auf Basis der Gegenstandsbereiche, welche damit zu religiösem Orientierungswissen werden.

  Gerade hinsichtlich der Partizipations- bzw. Handlungskompetenz ist zu bedenken, inwiefern sie im Kontext des Religionsunterrichts explizit geschult und gemessen werden kann. Hier scheinen Grenzen der Überprüfbarkeit religiöser Kompetenz auf. Sie ist in vielen Lern- und Bildungsprozessen nicht einzuholen, wenn man die Subjektorientierung und den freiheitlichen Charakter religiöser Bildung ernst nimmt.

Letztlich sensibilisieren alle oben präsentierten Modelle – vorbehaltlich ihrer Begrenztheit auf operationalisierbare Aspekte der Domäne Religion – dafür, dass Religion existenziell dimensioniert ist und diese Dimension daher auch in entsprechenden Lernprozessen angespielt werden muss; ein Bereich von religiöser Kompetenz, der nur schwerlich empirisch nachgewiesen werden kann. An dieser Stelle unterscheiden sich die Modelle religiöser Kompetenz von vielen anderen Kompetenzmodellen (z. B. von sprachlicher Kompetenz); nicht zuletzt, weil ihnen ein spezifisches Menschenbild zugrunde liegt. Nochmals verdeutlicht: Wenn Kompetenzorientierung im Weinert’schen Sinne lediglich auf einen Zuwachs an Problemlösefähigkeit zielt, könnte dies zu einer Verzweckung des Menschen führen. Mit Rudolf Englert ist anzufragen: »Missverstehen wir nicht vielleicht die Bedeutung von Religion im menschlichen Leben, wenn wir uns religiöse Kompetenzentwicklung so strikt als die Steigerung von Problemlösungspotenzial denken?« (ENGLERT 2012b, 64). Er verweist darauf, dass die Beschäftigung mit Religion oftmals weniger Probleme löst, als vielmehr Fragen aufwirft, die man vorher vielleicht gar nicht gehabt hätte. Gerade dies »macht die Perspektivik auf das Leben reicher und komplexer; und zwar auch dann, wenn sich diese Fragen, wie vor allem die Gottesfrage, nicht im landläufigen Sinne ›abarbeiten‹ lassen« (ebd.).

Insgesamt geben die verschiedenen Modelle religiöser Kompetenz Hinweise darauf, was als gut und mehrdimensional zu wertende religiöse Lern- und Bildungsprozesse berücksichtigen müssen und wie diese entsprechend anzulegen und zu initiieren sind. Ohne die Wahrnehmungsdimension oder ohne die praktische Dimension religiöser Kompetenz bspw. blieben sie unvollständig. Es geht darum, Lerngegenstände im Religionsunterricht so ins Lerngeschehen einzubringen, dass Schülerinnen und Schüler diese als bedeutsam erfahren. »Die Orientierung an Kompetenzen bietet folglich die Möglichkeit, […] eine stärker auf Nachhaltigkeit und Relevanz ausgerichtete Unterrichtskultur zu entwickeln« (SAJAK / FEINDT 2012, 90).

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