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bb) Grundsätzliche Legitimität von Gefährdungsdelikten

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Kritisch wird gegenüber den Gefährdungsdelikten vorgebracht, sie würden mit ihrer Vorverlagerung der Strafbarkeit in das Vorfeld von materiellen Rechtsgutsverletzungen die Handlungsfreiheiten anderer übermäßig einschränken und zu einer ungerechtfertigten Expansion des Strafrechts führen[356]. Die Prämisse dieser Kritik, Gefährdungsdelikte würden die Handlungsfreiheiten der Normadressaten übermäßig einschränken, trifft so freilich nicht zu. Indem sich die Gefährdungsdelikte auf einen konkreten Erfahrungsraum beziehen, betreffen sie gerade nicht die allgemeine Handlungsfreiheit der Normadressaten in der abstrakten Form, grundsätzlich alles zu tun oder unterlassen zu können. Sie wenden sich vielmehr an Personen in einer konkreten Handlungssituation und an Personen, die sich entschieden haben, ihre Handlungsfreiheit in einer ganz bestimmten Richtung auszuüben. Besonders gefährliche Tätigkeiten wird der Gesetzgeber dabei a priori Personen mit einer adäquaten Ausbildung zuweisen. Beispielhaft ist das Verlangen von Qualifikationsnachweisen, wie dem der Eignung zum Führen großer Fahrzeuge, zur Beförderung von Personen im Verkehr, zum Transport gefährlicher Güter, zum Handel mit gefährlichen Stoffen, oder das gesamte Feld von Berufsprüfungen und -zulassungen. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass derjenige, der eine solche Gefahr herbeiführt, gerade bezogen auf die spezielle Funktion, die er ausübt, in Anspruch genommen wird.

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Aus dem Bezugspunkt des Gefährdungsdelikts auf einen konkreten Erfahrungsraum folgt eine wesentliche Begrenzung des Verantwortungsbereichs der Normadressaten. Gerade weil die Normadressaten in ganz speziellen Situationen angesprochen werden, können sie nicht wegen der Schaffung von Gefahren haftbar gemacht werden, die zwar auch verboten sind, deren Vermeidung aber nicht in ihren speziellen Aufgabenbereich fällt.

Beispiel:

Wer etwa zur Verhinderung einer Überschwemmung gem. § 313 StGB dafür zu sorgen hat, dass ein Wasserrückhaltebecken nicht überläuft, haftet nicht für Umweltgefährdungen gem. §§ 324a, 326 StGB oder ähnlichen Delikten, wenn er fahrlässigerweise ein Ablaufventil öffnet, anstatt es zu verschließen, und das Wasser zuvor von Dritten illegal mit giftigen Chemikalien versetzt wurde[357].

Aus demselben Grund muss im Fall eines tatsächlich nicht gefährlichen Verhaltens der Einwand der Ungefährlichkeit für die durch den Tatbestand geschützten Güter zulässig sein[358].

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