Читать книгу Brandstifter - Martin Krist - Страница 18
DREIZEHN
ОглавлениеAls Valentina sich wieder beruhigte, fand sie sich im Wohnzimmer auf dem großen Mahagoni-Sofa Leon gegenüber wieder.
Obwohl ihr Schwager sechs Jahre jünger als Georg war, hatte sich sein Haar bereits deutlich gelichtet. Auch in seinen Bart schlichen sich erste graue Flecken. Jetzt, blass und erschüttert, zusammengesunken zu einem Häufchen Elend, schaute er aus wie ein älterer Bruder.
Neben ihm straffte seine Frau Charlotte ihren Rücken und glättete die Falten ihres Kostüms. »Walle, es tut mir ja so leid für dich.«
Zitternd holte Valentina Luft.
»Das alles, verflixt, das ist so … so schrecklich.« Stöhnend kratzte sich Leon seinen Bart. »Ausgerechnet Georg! Ermordet! Georg, der keiner Fliege was zuleide tun kann.«
Valentina schluckte.
Ja, Georg war die Freundlichkeit in Person, besonnen und aufmerksam, egal ob während der Arbeit oder zu Hause bei seiner Familie, jederzeit einnehmend und liebenswert, am späten Abend genau wie am frühen Morgen.
Drück mich noch mal.
Plötzlich glaubte sie, wieder Georgs Duft aus Schlaf, Schweiß und seinem Aftershave zu riechen. Valentinas Schmerz wich heller Verzweiflung.
»Die Polizei war bei uns«, sagte sein Bruder, »und sie hat Fragen gestellt …«
»Leon!«, fiel ihm Charlotte, seine Frau, ins Wort.
»Ob Georg Feinde hatte«, sprach er weiter, »ob er bedroht wurde. Wer seinen Tod gewollt haben könnte. Verflixt, was …«
»Leon, Schatz, jetzt bedränge sie doch nicht.«
»Aber was … was ist mit Georg geschehen?«
Valentina wollte ihrem Schwager antworten. Georg wurde ermordet. Sie konnte es nicht.
»Die Polizei wollte mir nichts sagen«, er ächzte. »Aber …«
»Leon«, rief Charlotte. »Lass sie, siehst du nicht, wie es ihr geht?«
»… was hat man ihm angetan?«
Georg wurde … Valentina schüttelte den Kopf. Sie brachte die entsetzlichen Worte nicht über die Lippen.
Sie hatte Georgs Leiche vor Augen, seinen Kopf auf dem Schreibtisch, das viele Blut.
Sie sprang auf, stolperte über den flauschigen Teppich. Sie stürzte ins Bad, schaffte es nicht bis zum Klo und erbrach halb verdaute Reste ihres erlesenen fünfgängigen Abendessens ins Waschbecken.
Er wurde enthauptet.
Diesmal stieg nur noch bittere Magensäure in ihr hoch. Sie spürte Amys Hand, die ihren Rücken streichelte. In ihrem Kopf formte sich eine Frage. Hatte Georg …
Nein! Nein!
Sie wollte nicht daran denken.
In ihr Würgen mischte sich eine brüchige Stimme. »Mama?«
»Oh Mia«, Amy ging auf sie zu. »Besser, du …«
»Was … was ist mit Papa? Kommt er nie mehr wieder?«
Valentina schluchzte auf. Wie würde sie je ohne Georg weiterleben können?
Mia brach in Tränen aus.
Das kummervolle Gesicht ihrer Tochter brachte Valentina zur Besinnung. Sie spülte sich den Mund aus, richtete sich auf und hob Mia auf den Arm.
»Walle«, sagte Amy, »lass mich das doch machen.«
Valentina wehrte sie ab. Sie trug ihre Tochter ins Schlafzimmer. Auf dem Bett strich sie ihr sanft durch das zerzauste braune Haar. Mias blaue Augen flackerten. Ihr Grübchen am Kinn bebte. Sie war ihrem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten.
Oh Gott, ein tiefer, dunkler Schlund drohte Valentina zu verschlingen, ich vermisse ihn schon jetzt.
»Ist Papa tot?« Mias Stimme war ein Flüstern, als fürchtete sie die Antwort.
Valentina rang mit sich, ihren Worten, der Wahrheit. »Ja, Liebes, Papa ist tot.«
Im Wohnzimmer hörte sie ihren Schwager reden. »Amy, warum steht Polizei vor deinem Haus?«
»Reine Routine«, antwortete Amy.
Valentina drückte ihre Tochter an sich. »Sind wir in Gefahr?«
In der gleichen Sekunde hörte sie Nanes Stimme in ihrem Kopf.
Lenny möchte zum Spielplatz.
Valentina schrie: »Wo ist Lennard?«