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2. „Bestmögliche“ Verteidigung (BGH)
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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Strafverteidiger dazu verpflichtet, seinen Mandanten „bestmöglich“ zu verteidigen.[51] Da im vorrangigen Interesse des Mandanten zweifellos der Ausgang des gegen ihn geführten Strafverfahrens stehen dürfte, ist vom Verteidiger unter Beachtung seiner Verpflichtung zur bestmöglichen Verteidigung seines Mandanten in erster Linie zu fordern, das optimale Ergebnis für ihn zu erkämpfen. Die vom Verteidiger geschuldete Leistung einer bestmöglichen Verteidigung kann und darf sich daher nicht darin erschöpfen, lediglich für eine Einhaltung der prozessualen und materiellen Normen und damit für ein justizförmiges Verfahren[52] Sorge zu tragen.
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Vielmehr trifft den Verteidiger zudem die darüber hinausgehende grundsätzliche Verpflichtung, jedweden vermeidbaren Schaden vom Mandanten abzuwenden und das aus seiner Sicht günstigste Ergebnis zu erzielen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Verteidiger „aufgrund des abgeschlossenen Anwaltsvertrages verpflichtet, den Mandanten allgemein, umfassend und möglichst erschöpfend zu belehren, seine Belange nach jeder Richtung wahrzunehmen und das aufgetragene Geschäft so zu erledigen, dass Nachteile für den Mandanten – soweit sie voraussehbar und vermeidbar sind – vermieden werden“.[53]
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Gerade dann, wenn der Mandant schwere Schuld auf sich geladen hat, kann eine – menschlich nachvollziehbare – Versuchung beim Verteidiger entstehen, sich darauf zu beschränken, an einem „gerechten“ Urteil mitzuwirken. Auch kann beim Verteidiger die Versuchung entstehen, andere eigennützige Interessen, wie die einer schnellen Verfahrenserledigung ohne großen Arbeitsaufwand oder die Vermeidung von Konflikten mit der Justiz dem Mandanteninteresse überzuordnen. Derartige eigennützige Motive eines Verteidigers sind indes unter keinen Umständen mehr mit seiner Stellung als einseitigem Interessenvertreter des Beschuldigten und der Verpflichtung des Verteidigers zur optimalen Interessenvertretung des Beschuldigten zu vereinbaren. Ein entsprechendes Verteidigerhandeln gefährdet eine geordnete Strafrechtspflege und damit die Grundlage eines Rechtsstaats.[54] Es stellt zudem eine Schlechterfüllung des Verteidigerauftrags dar.
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Demnach stellt es eine grobe Pflichtverletzung des Verteidigers dar, wenn er auf vermeidbare Weise die Verurteilung des Mandanten herbeiführt und damit ein zwar materiell richtiges, aber für den Mandanten vermeidbar ungünstiges Urteil erzielt, auch wenn dabei alle verfahrensrechtlichen Normen eingehalten werden. Abhängig von der materiellen und formellen Beweislage kann gegenüber dem Verteidiger sogar ein Anspruch auf Erzielung eines materiellen, ihn begünstigenden Fehlurteils erwachsen. Soweit dies – lege artis – zu erreichen ist, stellt gerade dies die vom Verteidiger geschuldete Leistung dar. Der Bundesgerichtshof betont seit jeher in ständiger Rechtsprechung, dass es dem Verteidiger unbenommen ist, auch in Kenntnis der Schuld des Mandanten dessen Freisprechung zu beantragen und darauf hinzuwirken.[55] Wenn es dem Mandanteninteresse entspricht, ist er hierzu auch verpflichtet.
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Will der Mandant nach umfassender Beratung durch seinen Verteidiger trotz dessen Hinweis, dass nach Aktenlage ein Schuldnachweis mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu führen sein wird, ein Geständnis ablegen, so darf ihn der Verteidiger hiervon nicht abhalten. Dann besteht die Verpflichtung des Verteidigers darin, alle für den Mandanten im Rahmen der Strafzumessung sprechenden Gründe herauszuarbeiten und diesem bestmögliche Geltung bei der Urteilsfindung zu verschaffen.