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a) Die Beschlagnahme
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Soweit ein einzelner Vermögensgegenstand für einen späteren Zugriff („Original“-Einziehung) gesichert werden soll, ist die Beschlagnahme gem. §§ 111b Abs. 1, StPO erforderlich. Diese ist dann zulässig, wenn
– | ein einfacher Anfangsverdacht (§ 152 Abs. 2 StPO) der Begehung einer Straftat[91] besteht, |
– | erwartet werden kann, dass in dem späteren Urteil die Einziehung angeordnet wird und |
– | ein Sicherstellungsbedürfnis (Sicherung der Vollstreckung) besteht. |
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Der einfache Tatverdacht ist auch dann ausreichend, um vorläufige Maßnahmen zu treffen, wenn nicht die Einziehung gegen den Täter oder Teilnehmer selbst, sondern gegen einen Dritten angeordnet werden soll. Die Unterschiedlichkeit in der Eingriffsqualität ist vielmehr bereits bei den materiell-rechtlichen Voraussetzungen berücksichtigt.[92]
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Das Sicherstellungsbedürfnis liegt dann vor, wenn die spätere Vollstreckung des angeordneten Verfalls ohne die Beschlagnahme gänzlich vereitelt oder aber jedenfalls erheblich erschwert würde.[93] Die bloße Herkunft des Gegenstandes aus der Straftat genügt für die Annahme eines Sicherstellungsbedürfnisses nicht.[94] Der Betroffene muss durch sein Verhalten die Befürchtung begründen, eine spätere Vollstreckung werde erfolglos sein. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn sich der Betroffene mit seinem Vermögen in das Ausland absetzen will oder er wesentliche Vermögenswerte beiseiteschafft. Ein Sicherstellungsbedürfnis kann jedoch auch angenommen werden, wenn der Täter/Teilnehmer einen sehr hohen Tatgewinn erlangt hat oder er wegen Vereitelns der Zwangsvollstreckung oder Pfandkehr vorbestraft ist.[95] Das Erfordernis eines Sicherstellungsbedürfnisses kann nicht unmittelbar aus dem Gesetz abgeleitet werden, muss jedoch vorliegen, da es sich um eine vollstreckungssichernde Maßnahme handelt.[96]
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Zuständig für die Anordnung der Beschlagnahme ist gem. § 111j Abs. 1 StPO der (Straf-, nicht Zivil-) Richter,[97] der durch Beschluss entscheidet, bei Gefahr im Verzug (zum Begriff vgl. Rn 132 ff.) auch die Staatsanwaltschaft. Soweit es sich um eine bewegliche Sache handelt, kann die Beschlagnahme bei Gefahr im Verzug auch durch die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft ausgesprochen werden. Hat die Staatsanwaltschaft wegen Gefahr im Verzug die Beschlagnahme angeordnet, so hat sie gem. § 111j Abs. 2 S. 1 StPO innerhalb einer Woche die richterliche Bestätigung einholen. Diese Bestätigung ist gem. § 111j Abs. 2 S. 2 StPO auch bei Widerspruch des Betroffenen nur dann erforderlich, wenn es sich bei dem beschlagnahmten Vermögenswert nicht um eine bewegliche Sache handelt. Soweit die Beschlagnahme wegen Gefahr im Verzug von Staatsanwaltschaft oder Ermittlungspersonen angeordnet wurde, gelten die Erfordernisse zur Dokumentation entsprechender Anordnungen in den Akten, insbesondere des Umstands, der zur Annahme von Gefahr im Verzug geführt hat, entsprechend den von dem BVerfG[98] aufgestellten Anforderungen an Durchsuchungsanordnungen.
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Im Hinblick auf die in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gewährleistete Pressefreiheit darf die Beschlagnahme von Druckwerken oder sonstigen Schriften nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 111q StPO angeordnet werden.
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Die Anordnung der Beschlagnahme enthält nicht zugleich die Anordnung einer eventuell erforderlichen Durchsuchung. Hierfür ist vielmehr eine gesonderte Anordnung gem. § 105 StPO erforderlich.[99] Die genannten Vorschriften gelten entsprechend (§ 111b Abs. 2 StPO).
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Gem. § 111d Abs. 1 StPO entsteht durch die Beschlagnahme ein relatives Veräußerungs- und Verfügungsverbot im Sinne des § 136 BGB.
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Ist der Mandant auf die Weiterbenutzung des Gegenstands wirtschaftlich angewiesen, sollte der Verteidiger darauf hinwirken, dass dem Mandanten die vorläufige Weiternutzung unter den Voraussetzungen des § 111d Abs. 2 StPO gestattet wird.
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Die Vollziehung der Beschlagnahme wird in § 111c StPO geregelt. Nach der Vorschrift des § 111k StPO ist die Staatsanwaltschaft für die Vollziehung der Beschlagnahme sowohl dann zuständig, wenn sie von dem Gericht angeordnet wurde, als auch bei wegen Gefahr im Verzug angeordneten Maßnahmen. Die Durchführung der Beschlagnahme selbst ist auf den Rechtspfleger übertragen (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 RPflG).[100]
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Die Pfändung erfolgt gem. §§ 111c Abs. 2 StPO i.V.m. §§ 829, 857 ZPO. Da es sich jedoch um eine vorläufige Maßnahme handelt, die die spätere Vollstreckung absichern soll, findet keine Überweisung zur Einziehung gem. § 835 ZPO statt.[101] Neben dem relativen Veräußerungsverbot entsteht auch ein Pfändungspfandrecht gem. § 111c Abs. 2 StPO i.V.m. § 804 Abs. 2 ZPO, das somit auch strafrechtlich geschützt ist.
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Im Gegensatz zu der Sicherstellung gem. § 94 Abs. 1 StPO ist für die Beschlagnahme im Rahmen einer Vermögensabschöpfung eine förmliche Beschlagnahme in jedem Fall erforderlich. Erfolgt dennoch lediglich eine (einfache) Sicherstellung, so ist diese als wirkungslos anzusehen.[102] In diesen Fällen entsteht auch kein relatives Verfügungsverbot.[103] Bewegliche Sachen werden gem. § 111c Abs. 1 StPO durch förmliche Beschlagnahme sichergestellt. Die Beschlagnahme muss durch Anbringen eines Siegels oder sonst in geeigneter Weise kenntlich gemacht werden.[104] Ansonsten ist sie unwirksam.[105]
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Bei der Beschlagnahme eines Grundstücks ist es erforderlich, einen Vermerk über die Beschlagnahme in das Grundbuch einzutragen (§ 111c Abs. 3 StPO). Nach der genannten Vorschrift finden die Vorschriften des Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsgesetzes hinsichtlich des Umfangs der Beschlagnahme der Zwangsversteigerung entsprechende Anwendung.
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Die Vorschrift des § 111c Abs. 2 StPO bestimmt, dass eine Forderung oder ein anderes Vermögensrecht, das nicht den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegt, durch Pfändung vollzogen wird. Die Vorschrift verweist auf die Bestimmungen der ZPO.
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Schiffe, Schiffsbauwerke und Luftfahrzeuge werden gem. § 111c Abs. 4 StPO durch Ingewahrsamnahme beschlagnahmt. Dies gilt jedoch nur insoweit, als sie nicht in ein Register eingetragen sind, da ansonsten eine Eintragung in das Register erforderlich ist.
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Die Vorschriften über die Durchsuchung (§§ 102 bis 110 StPO) gelten gem. § 111b Abs. 2 StPO für die dargestellte Beschlagnahme entsprechend. Der Verteidiger muss jedoch wissen, dass die Beschlagnameanordnung als solche den Durchsuchungsbeschluss gem. § 105 StPO nicht ersetzen kann.[106] Zufallsfunde können ebenfalls unter den allgemeinen Voraussetzungen gemacht werden.