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3. Spürbarkeit

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Zur Unlauterkeit des § 3 Abs. 1 UWG gehört neben der Relevanz die Spürbarkeit der wettbewerbsrechtlich erheblichen Beeinträchtigung. In der Eignungsklausel des UWG 2004 war zunächst von einer „nicht nur unerheblichen“ Beeinträchtigung die Rede. Dieses Merkmal sollte zum Ausdruck bringen, dass eine Wettbewerbshandlung, um verboten zu sein, „von einem gewissen Gewicht für das Wettbewerbsgeschehen und die Interessen der geschützten Personenkreise sein“ musste. Doch war „die Schwelle auch nicht zu hoch anzusetzen“, weil „lediglich Bagatellfälle“ ausgeschlossen werden sollten.[128]

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Schon nach vier Jahren erschien dem Gesetzgeber jedoch die Formulierung in der Eignungsklausel als zu „sperrig“, und er ersetzte sie 2008 in Anlehnung an Art. 2 lit. e UGP-RL durch den Begriff der „Spürbarkeit“. Daran hat auch der Gesetzgeber des UWG 2015 im Ergebnis festgehalten; denn der Rechtsausschuss des Bundestags erwartet weiterhin die Ausgrenzung von Bagatellfällen mit dem Kriterium der „Spürbarkeit“. Er betont nämlich, dass es der Rechtsprechung überlassen bleiben soll, „in Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals der Unlauterkeit … gegebenenfalls angemessene Spürbarkeitserfordernisse aufzustellen, um insbesondere Abmahnungen von Bagatellverstößen zu verhindern.“[129]

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Die „Spürbarkeit“ in diesem Sinn unterscheidet sich durch ihren Anknüpfungspunkt von anderen „Spürbarkeits“-Regelungen. Im Wettbewerbsrecht geht es nämlich vor allem um die „Spürbarkeit“ der Beeinträchtigung der Marktteilnehmer. Dagegen war noch im UWG 2004 von der Beeinträchtigung des „Wettbewerbs“ die Rede – eine Formulierung, die 2008 aufgegeben wurde. Auch ein Blick auf die Bagatellregelungen in § 13 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UWG 1909 („wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs“) und im Kartellrecht („Spürbarkeit“ der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels und der Wettbewerbsbeschränkung) zeigt, dass diese einen größeren Marktbezug aufweisen.

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Die wettbewerbsrechtliche Spürbarkeit kann sowohl empirisch (an Hand der tatsächlichen Auswirkungen) als auch normativ (an Hand der Art und Schwere des Verstoßes) ermittelt werden.[130] Beide Methoden, die im früheren Recht zulässig waren, kann man weiterhin anwenden, weil der Gesetzgeber sie bei den Novellen 2008 und 2015 nicht verworfen hat. Fälle einer schweren Unlauterkeit, in denen die Spürbarkeit bereits aus der Eigenart der geschäftlichen Handlung (als solcher) folgt, stehen dann solchen Fällen gegenüber, in denen sich die Spürbarkeit erst aus zusätzlichen Umständen ergibt.[131] Anhaltspunkte für die erstere Gruppe bieten die Tatbestände des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG sowie § 7 Abs. 2 UWG, bei denen der Gesetzgeber die Prüfung von Relevanz und Spürbarkeit erlassen hat. Zusätzliche Umstände, aus denen sich die Spürbarkeit ergeben kann, sind vor allem die Intensität der Beeinträchtigung und die Häufigkeit und Dauer der Verletzungshandlung. Darüber hinaus hat die Regierungsbegründung des UWG 2004 die Anzahl der betroffenen Marktteilnehmer und eine nicht unerhebliche Nachahmungsgefahr als Anhaltspunkte genannt.[132]

Wettbewerbs- und Kartellrecht

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