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II. Das UWG und der Gewerbliche Rechtsschutz
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Das Wettbewerbsrecht wird häufig mit den Regelungen zum Schutz der technischen Erfindungen (vor allem Patent- und Gebrauchsmusterrecht), des Designs von Mustern und Modellen (Designrecht) und der Produktbezeichnungen (Markenrecht) zu dem Rechtsgebiet „Gewerblicher Rechtsschutz“ zusammengefasst.[155] Diese Zusammenfassung hat, wie Art. 1, 10bis PVÜ lehren, wenn sie von „gewerblichem Eigentum“ sprechen, eine lange Tradition. Sie soll diejenigen Vorschriften erfassen, „die dem Schutz des geistigen Schaffens auf gewerblichem Gebiet dienen“, und klammert deshalb das Urheberrecht aus, dessen geistige Leistungen dem kulturellen Sektor zugerechnet werden. Rechtshistorisch ist auch festzuhalten, dass der heute spezialgesetzlich geregelte (gewerbliche Rechts-)Schutz der geschäftlichen Bezeichnungen (§§ 5, 15 MarkenG), der geographischen Herkunftsangaben (§§ 126 ff MarkenG) und der Geschäftsgeheimnisse (GeschGehG) lange Zeit ein wettbewerbsrechtliches Thema war.[156]
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Die Abgrenzung des „Gewerblichen Rechtsschutzes“ als Rechtsgebiet ist allerdings nicht über jeden Zweifel erhaben. Denn die meisten Gesetze der Immaterialgüterrechte zum Schutz des „geistigen“ Eigentums (Patent-, Gebrauchsmuster-, Design- und Markengesetz einerseits, Urheberrechtsgesetz andererseits) weisen untereinander größere strukturelle und prinzipielle Übereinstimmungen auf als das Wettbewerbsrecht und die Gesetze zum Schutz des „gewerblichen“ Eigentums im Verhältnis zueinander. Vor allem konstituiert das Wettbewerbsrecht keine Ausschließlichkeitsrechte. Seine Zuordnung zum „Gewerblichen Rechtsschutz“ ist daher rechtsdogmatisch – abgesehen vielleicht von den Methoden der Schadensberechnung beim ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz[157] – nicht sehr ertragreich.
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Berührungspunkte und Gemeinsamkeiten von Wettbewerbsrecht und Recht des geistigen Eigentums gibt es vor allem beim ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz (vgl. § 4 Nr. 3 UWG). Hier hat die Rechtsprechung lange den grundsätzlichen Vorrang der speziellen Leistungsschutzrechte betont,[158] doch haben die Fälle paralleler Anwendung von Leistungsschutzrecht und Wettbewerbsrecht zugenommen.[159] Die parallele Anwendung dient zwar nicht der Rechtssicherheit. Prozessual ist das Konfliktpotential aber begrenzt, weil das Wettbewerbsrecht und das Recht des geistigen Eigentums zahlreiche verfahrensrechtliche Parallelen aufweisen. Anerkannt ist außerdem, dass das Wettbewerbsrecht keinen Schutz gegen Nachahmungen als solche bietet[160] und dass sich die ergänzende Anwendung des UWG nicht über die Wertungen des Sonderrechtsschutzes hinwegsetzen darf.[161]
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Auch bei der Irreführung ist das Verhältnis von Wettbewerbsrecht und Recht des geistigen Eigentums eng. Speziell für das besondere Konkurrenzverhältnis zum Markenrecht sind Art. 6 Abs. 2 lit. a UGP-RL sowie § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 (Abs. 2 Nr. 1 RegE) („betriebliche Herkunft“) und Abs. 2 (Abs. 3 Nr. 1 RegE) („Verwechslungsgefahr … mit der Marke“) UWG maßgebend. Der BGH, dem der Gesetzgeber die Klärung dieses Konkurrenzverhältnisses übertragen hat,[162] vertritt die Ansicht, dass der wettbewerbsrechtliche Schutz aus § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 (Abs. 2 Nr. 1 RegE) und Abs. 2 UWG (Abs. 3 Nr. 1 RegE) und der markenrechtliche Schutz nebeneinander bestehen.[163] Auch hier sind Wertungswidersprüche zu vermeiden.[164] Immerhin legt das Markenrecht bei der Feststellung von Täuschungseignung (§ 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG) und Verwechslungsgefahr (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) das gleiche Verbraucherleitbild zugrunde wie das Wettbewerbsrecht.