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IV. Das UWG und das Kartellrecht

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Das Verhältnis zwischen Wettbewerbsrecht und Kartellrecht ist bereits in der Einleitung angesprochen worden (oben Rdnr. 21 ff). UWG und Kartellrecht schützen mit gemeinsamer Zielrichtung, aber unterschiedlicher Aufgabenstellung und verschiedenen Instrumenten den unverfälschten Wettbewerb (vgl. einerseits § 1 S. 2 UWG (Abs. 1 S. 2 RegE), andererseits § 1 GWB, Art. 101 AEUV, Protokoll 27 EUV/AEUV). Sie setzen die Wertungen des jeweils anderen Rechtsgebietes voraus,[180] haben aber unterschiedliche Aspekte des Wettbewerbsschutzes zum Gegenstand. Während das UWG den Wettbewerb gegen deliktsartige unanständige Handlungen schützt, richtet sich das Kartellrecht gegen Beschränkungen des Wettbewerbs. Positiv formuliert geht es im UWG um die Lauterkeit, im Kartellrecht um die Freiheit des Wettbewerbs. In beiden Rechtsgebieten beschränkt sich der Schutz freilich (negativ) auf die Abwehr von Beeinträchtigungen.

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Überschneidungen von Wettbewerbs- und Kartellrecht gibt es dann, wenn Wettbewerbsbeschränkungen als unlautere Handlung unter die Tatbestände des UWG oder unlautere Handlungen als Wettbewerbsbeschränkung unter die Tatbestände des Kartellrechts subsumiert werden können.[181] In diesen Fällen treten zu den privatrechtlichen Rechtsfolgen des UWG die verwaltungs- und bußgeldrechtlichen Befugnisse des Kartellrechts hinzu. Das ist unproblematisch, soweit der Gesetzgeber nicht zum Ausdruck gebracht hat, dass das eine oder das andere Recht eine abschließende Regelung enthalten soll. Deshalb stellt beispielsweise die Verletzung kartellrechtlicher Normen keinen Rechtsbruch i. S. d. § 3a UWG dar, weil das Kartellrecht die Voraussetzungen privater Rechtsdurchsetzung in seinem Bereich abschließend geregelt hat.[182]

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Auch materiell-rechtlich ist das Verhältnis von Wettbewerbs- und Kartellrecht im Grundsatz ein solches der Gleichberechtigung. Die Vorschriften beider Rechtsgebiete können daher nebeneinander zur Anwendung kommen. Zivilrechtlich besteht in diesen Fällen grundsätzlich Anspruchskonkurrenz.[183] Das schließt nicht aus, bei Anwendung des einen Rechts die Wertungen des anderen Rechts zu berücksichtigen, solange dadurch die Eigenständigkeit des ersteren gewahrt bleibt. So greift das Kartellrecht in § 24 GWB und bei Anwendung des Grundsatzes, dass das Kartellrecht nur den lauteren Wettbewerb schützt,[184] auf die Wertungen des Wettbewerbsrechts zurück. Umgekehrt setzt das Wettbewerbsrecht beim Schutz von Vertriebssystemen gegen unlautere Eingriffe voraus, dass das System als solches kartellrechtlich nicht zu beanstanden ist.[185] Auch bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung vieler Formen der Behinderung (§ 4 Nr. 4 UWG) oder der Marktstörung erfolgt ein Rückgriff auf kartellrechtliche Wertungen.

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Das Zurücktreten der materiell-rechtlichen Normen des einen Rechtsgebietes ist aber dort geboten, wo sonst die inhaltlichen Wertungen des anderen Rechtsgebietes unterlaufen würden. So mag fraglich sein, ob das UWG im „Vorfeld“ kartellrechtlicher Vorschriften, die ein bestimmtes Maß an Marktmacht voraussetzen (§§ 19, 20 GWB, Art. 102 AEUV), auf Unternehmen ohne Marktmacht angewendet werden kann,[186] oder ob die kartellrechtliche Voraussetzung von Marktmacht „Sperrwirkung“ entfaltet.[187] Letzteres wird man grundsätzlich annehmen müssen,[188] es sei denn, die Anwendung des UWG auf Unternehmen ohne Marktmacht könnte auf einen zusätzlichen, von der Marktmacht unabhängigen Umstand gestützt werden.

Merke: UWG und Kartellrecht

Das Verhältnis des UWG zum Kartellrecht ist ein solches der Gleichberechtigung. Die beiden Rechte schützen gemeinsam den unverfälschten Wettbewerb, haben aber unterschiedliche Aufgaben und verwenden zumeist verschiedene Instrumente. Das UWG schützt die Lauterkeit, das Kartellrecht die Freiheit des Wettbewerbs. Im einzelnen Fall können die Vorschriften beider Rechtsgebiete nebeneinander zur Anwendung kommen, solange nicht eines der beiden Rechte eine abschließende Regelung enthält. Bei der Rechtsanwendung sind die Wertungen des jeweils anderen Rechts zu berücksichtigen, solange diese nicht in Widerspruch zu dem angewendeten Recht treten.

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