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Intensität

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Was intensivieren die einzelnen Dichter? Worauf legen sie Wert? Homer schildert die äußeren Vorgänge genau; er gibt ein plastisch-anschauliches Bild von der Haltung des Helden. Seine Adjektive bezeichnen sichtbaren Glanz und Gediegenheit. Er kennt keine psychologischen Tabus: Aias darf Furcht empfinden (affektische Adjektive).

Ennius ist im Plastischen und Visuellen ungenau; da er für Römer schreibt, beseitigt er außerdem den unheroischen Affekt der Furcht. Darum fallen viele Adjektive bei ihm weg. Dafür achtet er sorgfältig auf den Bewegungscharakter des Geschosshagels und auf dessen akustische Nebenwirkungen. Hier wird er sogar hochpoetisch und verwendet die Adjektive kühn (z.B. aerato sonitu).

Vergil stellt von innen heraus einiges von der Dramatik und Anschaulichkeit wieder her; zur Dramatik gehören Steigerung und Enjambements, zur Anschaulichkeit cava, solida, saxis (aus Ilias 12, 154 und 161), piceum flumen. Er steigert die Intensität insbesondere, wo es um das Passive geht: obruitur; assiduo fessos quatit aeger anhelitus artus. Ihm geht es hier mehr um innere als um äußere Dramatik; nicht Furcht, das Leiden will er vermitteln, doch er wühlt noch nicht im Schmerz.

Lucan sucht ebenfalls Anschluss an die homerische Sprache; er kennt sogar ausgesprochen schmückende Beiwörter. Weiter als Vergil geht er dort, wo es auf rational formulierte, ausdrückliche Interpretation des Geschehens ankommt (er tritt gewissermaßen häufig einen Schritt von der Staffelei zurück, um sich aus einem Maler in einen Betrachter zu verwandeln). Andererseits steigert Lucan die Darstellung des Schmerzes: et galeae fragmenta cavae conpressa perurunt /tempora. Welch ein Unterschied zu dem „Müdewerden der linken Schulter“ bei Homer, aber auch zu den „müden Gliedern“ des keuchenden Turnus! In einem bezeichnenden Punkt steigert Lucan die Anschaulichkeit: Homer hatte von den „Gliedern“ gesprochen, Ennius abstrakter vom „Körper“, Vergil war zur homerischen Vorstellung zurückgekehrt. Lucan übernimmt und überbietet sie in charakteristischer Weise. Er erwähnt die entblößten lebenswichtigen Organe (nudis vitalibus), ja er überschreitet auch diese Grenze und lässt die Lanzen in der „Oberfläche der Knochen“ stecken – eine modern anmutende Mischung von Grausamkeit und Feinfühligkeit.

Römische Poesie

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