Читать книгу Römische Poesie - Michael Albrecht - Страница 27
Erzählstruktur
ОглавлениеDie Szene entfaltet sich bei Homer im Nacheinander enjambierender Sätze. Je nach dem Aspekt dient das Imperfekt oder der Aorist als Erzähltempus. Der Aufbau ist betont dramatisch: Die Aiasszene, als Einlage in das Gespräch zwischen Achill und Patroklos eingefügt, hat handlungsauslösende Funktion. Alle wesentlichen Fortschritte sind deutlich markiert (Musenanruf; Götterzeichen; Erkenntnis; Rückzug). Die Darstellung ist auf die Totalität des Kriegsgeschehens ausgerichtet (Aias steht als der letzte noch Unverwundete in einem Zusammenhang, der alle griechischen Helden umspannt). Das Zurückweichen des Aias und die Wappnung des Patroklos hängen mit einer Wende des Kriegsgeschehens zusammen. Über Ennius können wir in dieser Beziehung leider nichts sagen, da wir den Kontext nicht kennen, in dem das Fragment stand. Bei Vergil ist die Totalität des Geschehens (die Ennius in Einzelbewegungen aufgelöst hatte) wieder erstrebt und in metamorphosierter Form erreicht: Sie ist in der Seelenbewegung gespiegelt. Der Held ist passiv. Gleichzeitig werden einzelne Elemente der Schilderung und vor allem die sie tragende Stimmung symbolhaft: Vergil stellt Empfindungszusammenhänge her, die auf spätere Szenen vorausdeuten. Neben die lebendige Ganzheit des homerischen Geschehens (die Vergil auch kennt und berücksichtigt) tritt die Einheit des Seelischen. Noch mehr als Vergil durchdringt Lucan die Erzählung mit rationalen und emotionalen Elementen, die kommentarhaft die Handlung begleiten und zunehmend zu einer Umschmelzung der epischen Form führen, zu einer Durchdringung mit betrachtenden und ‚ariosen‘ Stücken.26