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Hinwendung zum Leser

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Nach der Darstellung fremder Theorien setzt Lukrez hier4 eine Zäsur; so ist die eigene Lehre schon äußerlich vom Bisherigen getrennt und hervorgehoben. Zugleich soll die Einschaltung den Leser auf die Schwierigkeiten der Atomistik5 vorbereiten. Dies geschieht einmal durch eine für Lukrezens Lehrdichtung charakteristische Aufforderung6 an den Leser: Nunc age quod super est cognosce et clarius audi. Der doppelte Ausdruck wirkt in seiner alliterierenden Form altlateinisch.7 Der dadurch erzielte Effekt ist Eindringlichkeit. Solche Sätze haben Signalfunktion vor besonders schwierigen Abschnitten. Wichtig ist der rationale Charakter des Verbs cognosce. Die Worte clarius audi beziehen sich auf den Leser, aber dem clarius audire muss auch in der Darstellung selbst eine Qualität entsprechen; nachher wird Lukrez seine carmina als tam lucida bezeichnen; zu solcher Luzidität tragen die Gliederungsmittel bei.

Hierauf solidarisiert sich der Autor mit dem Leser nach Art einer Occupatio: nec me animi fallit quam sint obscura. Die „Dunkelheit“ ist hier kein literaturtheoretischer8 Begriff, sondern sie bezeichnet eine Eigenschaft des Gegenstandes; der Römer empfand Fachwissenschaftliches, z.B. Philosophisches, als „dunkel“,9 d.h. unanschaulich. Die Gegenüberstellung von „strahlend“ und „dunkel“ liebt Lukrez überhaupt; so spottet er über Heraklit, er sei clarus ob obscuram linguam („berühmt wegen seiner dunklen Sprache“ 1, 639), denn Toren vermuteten hinter „verdrehten Worten“ (inversa verba) besonders tiefen Sinn. Die eigene Schreibart setzt er nun bewusst derjenigen Heraklits entgegen: deinde quod obscura de re tam lucida pango/carmina (933f.). Damit kommt er einem Ziel nahe, das auch die Redekunst verfolgt.

Römische Poesie

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