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II.Vorbehalt des Gesetzes

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155Der Grundsatz des Vorbehaltes des Gesetzes wird aus Art. 20 III GG (so BVerfGE 40, 237, 248; 77, 170, 230) bzw. aus dem Demokratieprinzip und den Grundrechten hergeleitet (Maurer/Waldhoff, AVR, § 6 Rn. 4 ff.). Er besagt, dass die Verwaltung nur tätig werden darf, wenn sie dazu durch Gesetz ermächtigt ist.

156Der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes gilt uneingeschränkt im Bereich der Eingriffsverwaltung. Er gilt auch im Rahmen von „Sonderrechtsverhältnissen“ (BVerfGE 33, 1 ff.: Strafgefangenenverhältnis). Das sind Rechtsverhältnisse, in denen der Einzelne in einer engeren Beziehung zum Staat steht als im allgemeinen Staat-Bürger-Verhältnis (z. B. Beamten-, Schul-, Soldaten- und Strafgefangenenverhältnis). Auch insoweit gilt der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes (Maurer, Staatsrecht I, § 8 Rn. 22).

157Im Übrigen gilt er für alle wesentlichen Entscheidungen (sog. Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts: BVerfGE 49, 89, 126; 83, 130, 142 f.; 95, 267, 307; Voßkuhle, JuS 2007, 118 ff. und 419 ff.).

Der Gesetzgeber – und nur dieser – ist berechtigt und verpflichtet, die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen. In grundrechtsrelevanten Bereichen bedeutet „wesentlich“ in der Regel, dass das Ge- oder Verbot sich wesentlich auf die Verwirklichung der Grundrechte auswirkt (BVerfGE 58, 257). Im Einzelfall kann eine Abgrenzung und Bestimmung, ob eine Entscheidung wesentlich in diesem Sinne ist, sehr schwierig sein.

158Beispiele für wesentliche Entscheidungen:

Einführung von Sexualkunde als zusätzliches Unterrichtsfach in der Schule wegen seiner Bedeutung für das durch Art. 6 GG geschützte elterliche Erziehungsrecht (BVerfG, NJW 1978, 807; vgl. auch § 100b Schulgesetz); Zusammenlegung von Innenministerium und Justizministerium zu einem neuen Ministerium, weil hierdurch grundlegende Prinzipien der Verfassung (Rechtstaatsprinzip, Gewaltenteilung) berührt werden (VerfGH NRW, NJW 1999, 1243 = JZ 1999, 1109); Verlagerung der Bearbeitung von beamtenrechtlichen Beihilfeanträgen auf einen externen privaten Vertragspartner, weil dadurch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung des Antragstellers tangiert wird (Sellmann, NVwZ 2008, 817, 821 m. w. N. aus der Rechtsprechung); Gewährung einer staatlichen Subvention, wenn diese Leistung mit Eingriffen in Grundrechte Dritter, z. B. eines nicht begünstigten Konkurrenten des Subventionsempfängers, einhergeht (BVerwGE 71, 183, 194; Wehr, JuS 1997, 419, 421 m. w. N.).

159Beispiele für keine wesentlichen Entscheidungen:

Einführung der Rechtschreibreform (BVerfGE 90, 218, 251 = NJW 1998, 2515); Weisung des Bundesministers der Verteidigung, die neuen Rechtschreibregeln bei der Bundeswehr anzuwenden, stellt keinen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Soldaten dar (BVerwG, NVwZ 2002, 610, 611).

160Im Überblick lässt sich der Vorbehalt des Gesetzes vereinfacht wie folgt darstellen:


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