Читать книгу Staatsrecht aus Verwaltungsperspektive - Michael Frey - Страница 13
II.Die Gewaltenteilung, Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG
Оглавление24Staatsgewalt wird durch die Gesetzgebung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung ausgeübt, Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG. Die Verwaltung ist Teil der vollziehenden Gewalt und ihr Aufgabenbereich daher von der Gesetzgebung und der Rechtsprechung abzugrenzen. Eine positive Definition dessen, was Verwaltung ausmacht, ist kaum möglich. Überwiegend wird ihr Aufgabenbereich negativ abgegrenzt: Verwaltungstätigkeit umfasst, was weder Gesetzgebung noch Rechtsprechung ist.10
25Gewaltenteilung bedeutet nicht, dass alle drei Gewalten unabhängig voneinander existieren und arbeiten. Im Gegenteil: Die Verwaltung vollzieht die vom Gesetzgeber erlassenen Gesetze und wird von den Gerichten kontrolliert. Der Gesetzgeber regelt Zuständigkeiten der Verwaltung, Kontrollmöglichkeiten und Umfang der Kontrolle (siehe VwGO). Die Gerichte wiederum kontrollieren Verwaltungs- aber auch Gesetzgebungsakte. Gewaltenteilung bedeutet aber, dass jede Gewalt einen eigenen Aufgabenbereich hat, der von den anderen beiden Gewalten unangetastet bleibt. Bei der Exekutive spricht man insofern vom Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Auch außerhalb dieses Kernbereichs hat die gegenseitige Kontrolle Grenzen, insb. bei sog. Entscheidungsspielräumen der Verwaltung. Solche Spielräume müssen nach h. M.11 gesetzlich angeordnet sein. Gerichte prüfen Entscheidungen der Verwaltung, die auf Grundlage eines eingeräumten Entscheidungsspielraums erlassen wurden, nicht vollumfänglich, sondern nur auf bestimmte Fehler, siehe → Online-Fall 412, → Fall 2. Wichtigster Entscheidungsspielraum ist der Ermessensspielraum, der gem. § 114 VwGO nur auf die drei Ermessensfehler (Ausfall, Fehlgebrauch und Überschreitung) zu prüfen ist; ein Gericht kann hier keine eigene Ermessensentscheidung im Sinne einer Zweckmäßigkeitserwägung anstellen.13
Beispiel:
26Gastwirt G hat in einem Zeitraum von drei Wochen in sieben Fällen Alkohol an Minderjährige ausgeschenkt. In einem dieser Fälle gab er der 15-jährigen M neun Tequila-Shots, obwohl M bereits erkennbar betrunken war. M wurde mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus behandelt.
Nach dem Vorfall widerruft die zuständige Gaststättenbehörde die Gaststättenerlaubnis14 und ordnet die Schließung der Gaststätte15 an, verbunden mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung16 der beiden Maßnahmen. Sie droht ferner die Festsetzung eines Zwangsgeldes17 in Höhe von 500 € für den Fall an, dass G die Gaststätte nicht binnen einer Woche schließt. G weigert sich und erhebt einen erfolglosen Widerspruch.
27In der daraufhin eingelegten Anfechtungsklage prüft das Verwaltungsgericht insb., ob die Behörde ihr Ermessen überschritten hat, § 114 VwGO. Für die Androhung des Zwangsgeldes läuft dies auf eine Überprüfung dahingehend hinaus, ob die behördliche Einschätzung der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit eines Zwangsgeldes in Höhe von 500 € in Ordnung ist (Verhältnismäßigkeit).
Im Fall lagen immense Gefahren für die Gesundheit vieler Minderjähriger vor (viele Fälle in kurzer Zeit, junge Personen, viel Alkohol, keine Einsicht des G). Unter Beachtung dieser Interessen, hätte die Behörde wohl auch ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € oder mehr androhen können. Sie hätte auch 250 € androhen können, wenn sie das zunächst für ausreichend hält. Sie hätte ggf. auch anstelle eines Zwangsgeldes die unmittelbare Ausführung durch sog. Versiegelung der Gaststätte androhen können.
All diese Maßnahmen wären vom Ermessensspielraum der Behörde gedeckt. Das Gericht kann keine Überschreitung des Ermessensspielraumes feststellen. Hält das Gericht ein Zwangsgeld von 250 € oder 1.000 € für sinnvoller (zweckmäßiger), kann es die Entscheidung der Behörde gleichwohl nicht abändern. Das Gericht darf keine eigene Ermessensentscheidung anstelle der Verwaltung treffen.