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2.Gesetzmäßigkeit der Verwaltung

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36Unter dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung versteht man einerseits den Vorbehalt des Gesetzes und andererseits den Vorrang des Gesetzes. Unter dem Vorbehalt des Gesetzes versteht man, dass die Verwaltung nur handeln darf, wenn sie durch ein formelles Gesetz dadurch ermächtigt wird („Kein Handeln ohne Gesetz“). Dies gilt unstreitig für den gesamten Bereich der Eingriffsverwaltung (also bei „klassischen Eingriffen“). Darüber hinaus ist streitig, ob auch bei bloß mittelbar-faktischen Eingriffen oder in der Leistungsverwaltung eine Rechtsgrundlage benötigt wird.21 Unter dem Vorrang des Gesetzes versteht man die Bindung der Exekutive an die bestehenden Gesetze, einschließlich des Verfassungs- und Europarechts („Kein Handeln gegen das Gesetz“).

37Die einzelnen Auswirkungen dieses tragenden Grundsatzes für das Verwaltungshandeln bzw. das Prüfungsschema des Verwaltungshandelns werden sogleich unter → Rn. 57 ff. ausführlich erörtert. Hier sollen noch die unterschiedlichen Begriffe erläutert werden anhand des folgenden

Beispiels:

38V will am 20. April eine Versammlung „zu Ehren des Geburtstages von Albert Hitschler“ abhalten. V ist polizeibekannter Anhänger der rechten Szene. Der zuständige Sachbearbeiter S hält eine solche Versammlung für gefährlich und will die Versammlung verhindern.

Eine Verhinderung wäre für V belastend, denn sie beschränkt dessen Recht auf Veranstaltung einer Versammlung (Art. 8 Abs. 1 GG). Daher benötigt S eine gesetzliche Rechtsgrundlage zum Einschreiten (Vorbehalt des Gesetzes). Weil V eine Versammlung unter freiem Himmel i. S. d. Art. 8 Abs. 1 GG plant, wäre eine Verhinderung ein Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit des V. In die Versammlungsfreiheit kann nur durch oder aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden, Art. 8 Abs. 2 GG (grundrechtlicher Gesetzesvorbehalt). Eine Verhinderung stellt einen intensiven Eingriff in die Versammlungsfreiheit dar, sodass der parlamentarische Gesetzgeber die wesentlichen Voraussetzungen für die Verhinderung selbst regeln muss und nicht der Verwaltung überlassen darf (Wesentlichkeitsvorbehalt22). Die konkreten Vorgaben des Einschreitens müssen vom Gesetzgeber auch inhaltlich hinreichend bestimmt formuliert sein (Bestimmtheitsgrundsatz).

Eine Rechtsgrundlage zum Einschreiten stellt § 15 Abs. 1 VersG dar. Es ist ein Parlamentsgesetz und beinhaltet die wesentlichen Voraussetzungen des Verbotes (erkennbare Umstände; unmittelbare Gefahr der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung), nennt in Abs. 2 sogar beispielhafte Konkretisierungen für Verbote. Obwohl die Begriffe der unmittelbaren Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung sehr weit gehen, haben sich mittlerweile in Rechtsprechung und Verwaltungspraxis handhabbare Definitionen dieser Voraussetzungen etabliert. Die Rechtsgrundlage genügt daher auch dem Bestimmtheitsgrundsatz.23 Damit S nun eingreifen kann, müssen alle materiellen und formellen Voraussetzungen der Rechtsgrundlage (und sonst einschlägiger Gesetze) eingehalten werden (Vorrang des Gesetzes).

Staatsrecht aus Verwaltungsperspektive

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