Читать книгу Verfassungsbeschwerden und Menschenrechtsbeschwerde - Michael Kleine-Cosack - Страница 186
5. Unterlassen
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Auch ein Unterlassen kann Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde sein, vgl. §§ 92, 95 Abs. 1 BVerfGG. Bei legislativem Unterlassen ist zu unterscheiden: Echtes Unterlassen des Gesetzgebers liegt vor, wenn trotz verfassungsrechtlicher Pflicht entgegen einem ausdrücklichen Auftrag des Grundgesetzes keine Norm erlassen wurde.[103] Der Gesetzgeber muss völlig untätig geblieben sein.[104] Dies wurde verneint bei Verfassungsbeschwerden gegen das Waffengesetz.[105]
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Von einem unechten Unterlassen ist auszugehen, wenn der Gesetzgeber seiner Normerlasspflicht nicht in zureichender Weise nachgekommen ist.[106] Bei einem Unterlassen einer Rechtssetzung seitens der Verwaltung in Form von Rechtsverordnungen und Satzungen ist am Maßstab des § 90 Abs. 2 BVerfGG zu beachten, dass eine Feststellungslage nach § 43 VwGO in Betracht kommt.[107] Bei Untätigkeit von Behörden muss i.d.R. fachgerichtlicher Rechtsschutz wie z.B. eine Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO erhoben werden.[108]
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Bei Untätigkeit von Gerichten kommen je nach Sachverhalt die unterschiedlichsten Rechtsbehelfe in Betracht. Verletzt sein kann Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG, wenn ein Gericht nicht gem. Art. 267 S. 3 AEUV dem EuGH vorlegt; auch kann verletzt sein Art. 103 Abs. 1 GG, wenn kein Gehör gewährt wird. Im eigentlichen Hauptfall überlanger Gerichtsverfahren gibt es unter dem Druck des EGMR[109] eine umfangreiche Judikatur des BVerfG.[110] Es konnte zudem die Menschenrechtsbeschwerde mit einem Entschädigungsantrag nach Art. 41 EMRK verbunden werden; der EGMR hat in Fällen überlanger Verfahrensdauer die Verfassungsbeschwerde nicht als effektiven Rechtsbehelf angesehen.[111] Nunmehr gelten aber – dazu unter Rn. 1091 – die §§ 198 ff. GVG bzw. §§ 97a ff. BVerfGG; eine Verfassungsbeschwerde kommt daher nur in Betracht, wenn die vom Gesetz eröffneten Möglichkeiten erfolglos genutzt worden sind.