Читать книгу Verfassungsbeschwerden und Menschenrechtsbeschwerde - Michael Kleine-Cosack - Страница 198
ee) Art. 38 I 1 GG als Kontrollnorm bei Akten der europäischen Integration?
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Unhaltbar ist hingegen die Entwicklung des Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG durch das BVerfG seit der Maastricht-Entscheidung[45] und in der Folgezeit u.a. im Lissabon-Urteil[46] sowie zum ESM[47] zu einem „Superkontrollgrundrecht“ bei Verfassungsbeschwerden im Zusammenhang mit der europäischen Integration. Danach soll „jedermann“ gestützt auf Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG eine Verletzung des Demokratieprinzips, des Verlusts der Staatlichkeit der BRD, des Sozialstaatsprinzips[48] und eine Aushöhlung der Haushaltsautonomie des Deutschen Bundestages geltend machen können.[49]
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Wie unter Rn. 89 ff. ausführlich dargelegt, überschreitet das BVerfG – bedingt durch seine staatsrechtlich verengte, europafeindliche Grundhaltung – mit der Berufung auf Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG seine Kompetenzen, welche ihm das Grundgesetz und das BVerfGG mit der auf individuellen Rechtsschutz beschränkten Verfassungsbeschwerde einräumt. Zu Lasten von Parlament und Regierung maßt sich der 2. Senat des BVerfG Kontrollbefugnisse an, welche eigentlich u.a. nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle nur den nach §§ 76 ff. BVerfGG berechtigten Stellen zustehen. Den Mißbrauch des Instruments der Verfassungsbeschwerde im Zusammenhang mit der Euro-Rettung durch über 37.000 „Jedermänner“ hat sich das Gericht selbst zuzuschreiben.[50] Letztlich ist der Streit „müßig“, da auf Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG gestützte Verfassungsbeschwerden ohnehin im Wesentlichen aussichtslos sind.