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bb) Nichtadressat

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Richtet sich der Hoheitsakt an Dritte, so muss zwischen der Grundrechtsposition des Beschwerdeführers und der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Maßnahme ein hinreichend enger Zusammenhang bestehen. Dabei muss eine rechtliche Betroffenheit vorliegen; eine nur faktische Beeinträchtigung im Sinne einer Reflexwirkung reicht nicht.[63]

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An einem Prozess nicht Beteiligten steht i.d.R. mangels Beschwer die Verfassungsbeschwerde nicht offen.[64] Wenn der Beschwerdeführer nicht Adressat eines Gesetzes oder eines Gerichtsverfahrens ist, kann nur ausnahmsweise eine Selbstbetroffenheit vorliegen.

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Voraussetzung ist, dass sich die nachteiligen Wirkungen auch für ihn als Eingriff und nicht nur als bloße Reflexwirkungen darstellen, welche ihn nur „faktisch“ oder „mittelbar“ berühren[65], wie das z.B. mangels Bindungswirkung bei einer Feststellung im Urteil eines Strafverfahrens ist.[66]

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Der Hoheitsakt muss nicht am Verfahren Beteiligte unmittelbar rechtlich in einem grundrechtlich geschützten Bereich berühren. Derart betroffene Dritte können eine Beschwer i.S.d. § 90 Abs. 1 BVerfGG geltend machen.[67] Zugleich muss dargetan werden, dass eine Beseitigung der in Rede stehenden Grundrechtsverletzung erreicht werden kann[68] oder zumindest die Chance einer Besserstellung besteht.[69] Die Grenzen sind angesichts der Unbestimmtheit der Kriterien fließend und können nur fallorientiert ermittelt werden.

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Beispiel

BVerfGE 99, 145 – Kindesentführung: Ein Eingriff in eigene Rechte liegt z.B. vor im Fall eines Streits zwischen Elternteilen um Kinder ohne deren Beteiligung an dem Gerichtsverfahren; es können hier die Kinder[70], ein Elternteil[71] oder ein Ergänzungspfleger[72] gegen die letztinstanzliche Entscheidung Verfassungsbeschwerde einlegen; das Recht der Eltern resultiert aus Art. 6 Abs. 1 GG.[73]

BVerfGE 52, 41, 51: Die Zurückweisung eines Rechtsanwalts als Prozessbevollmächtigten auf Grund eines gemeindlichen Vertretungsverbots durch ein Gericht betrifft den Anwalt selbst, obwohl die gerichtliche Entscheidung gegen seinen Mandanten gerichtet ist.[74]

BVerfG NJW 2006, 1504: Ein Rechtsanwalt, der für seinen Mandanten einen Antrag auf Beratungshilfe stellt, wird durch die Zurückweisung dieses Antrags nur mittelbar (reflexartig) in seiner Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) berührt. Eine vom Rechtsanwalt gegen die Zurückweisung des Antrags im eigenen Namen erhobene Verfassungsbeschwerde ist deshalb wegen fehlender Beschwer unzulässig.

BVerfG WM 2005, 408: Keine Selbstbetroffenheit des Geschäftsführers einer GmbH, welche sich selbst auf Art. 13 Abs. 1 GG berufen kann, soweit deren Geschäftsräume durchsucht werden.

BVerfG NJW 2002, 2091: Mangels Selbstbetroffenheit unzulässige Verfassungsbeschwerden von Vereinsbetreuern gegen gerichtliche Entscheidungen über die Höhe der anerkannten Betreuungsvereine für die Tätigkeit ihrer Mitarbeiter als gerichtlich bestellten Vereinsbetreuer zustehenden Vergütung. Die Höhe des Vergütungsanspruchs eines Betreuungsvereins für die Tätigkeit seines Vereinsbetreuers berührt nicht dessen Entlohnungsanspruch gegen den Betreuungsverein als Arbeitgeber. Zulässig waren nur die Verfassungsbeschwerden der Betreuungsvereine.

Verfassungsbeschwerden und Menschenrechtsbeschwerde

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