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(1) EMRK

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Nach dem BVerfG kann die Verletzung der EMRK – dazu ausf. unter Rn. 1531 ff. – nicht unmittelbar gerügt werden angesichts des – anders als z.B. in Österreich – fehlenden Verfassungsrangs[16] und des bloßen Rangs eines einfachen Bundesgesetzes (vgl. Art. 59 Abs. 2 GG). In Betracht kommt aber eine mittelbare Rüge.[17] So sollen die EMRK und die Judikatur des EGMR Auslegungshilfen für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten und rechtsstaatlichen Grundsätzen des Grundgesetzes sein.[18] Zudem betont das BVerfG das Gebot der völkerrechtsfreundlichen Auslegung des GG unter Berücksichtigung der EMRK und der Rechtsprechung des EGMR. Deshalb ist es möglich, mit der Verfassungsbeschwerde zu rügen, ein Fachgericht habe eine Bestimmung der EMRK oder eine Entscheidung des EGMR mißachtet oder nicht berücksichtigt.[19] Der Beschwerdeführer muss dazu einen Verstoß gegen das in seinem Schutzbereich berührte Grundrecht des Grundgesetzes wie z.B. Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip rügen[20] oder sich auf die Verletzung eines Verfahrensgrundrechts – wie z.B. Art. 2 Abs. 2 S. 2 i.V.m. Art. 104 GG und Art. 5, 6 EMRK berufen.[21]

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Beispiel

BVerfG Beschl. v. 29.11.2012 – 1 BvR 335/12 – Inpflegenahme eines Kindes: „Der Bf. muss behaupten und begründen, weshalb die behauptete Konventionsverletzung zugleich einen Verstoß gegen das Grundgesetz darstellen sollte (vgl. BVerfGE 111, 307 <316 ff.>; 128, 326 <366 ff.>)… Den strengen Anforderungen des Art. 6 GG an Ausschluss oder Beschränkung des elterlichen Umgangs mit ihrem in Pflege genommenen Kind entspricht der vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aus Art. 8 EMRK hergeleitete Schutz des elterlichen Umgangs mit ihrem Kind. Auch Art. 8 Abs. 1 EMRK schützt das gegenseitige Erleben des Zusammenseins von Eltern und Kindern als grundlegenden Bestandteil des Familienlebens. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat wiederholt die mit der Inpflegenahme eines Kindes verbundene Intensität des Eingriffs in die Rechte der leiblichen Eltern sowie die einem regelmäßigen Umgang schon mit Blick auf das vorrangige Ziel einer Rückführung des Kindes zu seinen Eltern zukommende große Bedeutung betont und daher strenge Anforderungen an Beschränkungen des Umgangs formuliert (vgl. EGMR FamRZ 2004, 1456, 1458 f.).

BVerfG NJW 2012, 1863 – Sicherheitsverfügung eines Gerichtspräsidenten, Wahrung des Öffentlichkeitsgrundsatzes: „Die Sicherheitsverfügung widerspricht schließlich nicht den Anforderungen an eine öffentliche Verhandlung nach der Europäischen Menschenrechtskonvention… aa) Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK gewährleistet das Recht auf eine öffentliche Verhandlung. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz EMRK kann die Öffentlichkeit während des ganzen oder eines Teils des Verfahrens ausgeschlossen werden – soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält –, wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde. Die durch Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK garantierte Öffentlichkeit des Verfahrens schützt die Rechtsunterworfenen vor einer Geheimjustiz, die sich öffentlicher Kontrolle entzieht. Sie ist außerdem ein Mittel, um das Vertrauen in die Gerichtsbarkeit zu sichern (vgl. EGMR-E 2, 321 <325 f.>).

BVerfG Beschl. v. 20.6.2012 – 2 BvR 1048/11[22] – Sicherungsverwahrung: „Die vorbehaltene Sicherungsverwahrung enthält auch unter Berücksichtigung der Wertungen der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Freiheitsgrundrecht. Die Europäische Menschenrechtskonvention steht zwar innerstaatlich im Rang eines Bundesgesetzes und damit unter dem Grundgesetz. Sie ist jedoch als Auslegungshilfe bei der Auslegung der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes heranzuziehen. Dies gilt auch für die Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. … Auch nach den demgemäß heranzuziehenden Wertungen des Art. 5 Abs. 1 EMRK greift die vorbehaltene Sicherungsverwahrung nicht unverhältnismäßig in das Freiheitsgrundrecht ein. Art. 5 EMRK enthält in Absatz 1 eine abschließende Auflistung zulässiger Gründe für eine Freiheitsentziehung (vgl. nur EGMR Urteil vom 17.12.2009, Beschwerde-Nr. 19359/04, M. ./. Deutschland, Rn. 86, m.w.N.). Die Voraussetzungen des Haftgrundes nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe a EMRK liegen nach der gesetzlichen Ausgestaltung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung gemäß § 66a StGB a.F. vor…“.

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Für die Feststellung der Verfassungswidrigkeit kommt es nicht darauf an, ob sich die Fachgerichte schon im Zeitpunkt ihrer jeweiligen Entscheidung auf schon ergangene Entscheidungen des EGMR oder des BVerfG berufen können. Schließlich ist allein entscheidend die objektive Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Urteile im Zeitpunkt der Entscheidung des BVerfG; nicht maßgeblich ist, ob die Grundrechtsverletzung den Fachgerichten vorwerfbar ist.[23]

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Auch hat das BVerfG bei der Bestimmung der Rechtsfolge der Verfassungswidrigkeit einer deutschen Norm auf den Verstoß gegen die EMRK abgestellt. Eine unter normalen Umständen denkbare Fortgeltensanordnung bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber kommt nicht in Betracht, wenn die Fachgerichte sonst Normen weiterhin anwenden würden, die vom EGMR schon für unvereinbar mit der EMRK erklärt worden sind.[24]

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