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Prissy

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Ein gigantischer Raum erstreckt sich vor uns. Er ist von vorn bis hinten mit Gerätschaften vollgebaut und sieht aus wie eine überdeckte Miniaturstadt.

»Hier bewahren unsere Führungskräfte all unsere Daten auf«, sagt Lașer.

Wir gehen durch die Blöcke, Türme und manchmal sogar ganze Straßen, bis wir zu einem Saal mit durchsichtigen Wänden gelangen. Auf der anderen Seite der Glaswand stehen ein riesiger und drei kleinere Computer. Alle haben die Form von Würfeln und sind wie der Saal komplett transparent. Ich sehe farbige Drähte und Platinen, flackernde Lämpchen und noch eine ganze Menge andere Dinge, von denen ich nicht weiß, wie sie heißen, geschweige denn, wofür sie gut sind.

Es sieht aus wie ein modernes Kunstwerk.

»Der große ist der Muttercomputer«, sagt Mo mit einem gewissen Respekt in der Stimme.

»Und jetzt?«, frage ich.

»Werden wir unsere Schlüssel benutzen und danach kann Bit’s a Mystery die Computer aus der Ferne hacken. Die Gesellschaft erhält Zugang zu allen Informationen und wird sie veröffentlichen. Bald wird jedem klar sein, dass man unserer Regierung nicht trauen kann. Es wird auf jedem Computer, Homepad und Portable zu sehen sein. Auf den großen Straßenbildschirmen und auf Hotnews.com.«

Lașer streckt eine Faust in die Luft, als hätten wir den Sieg bereits in der Tasche. »Lang lebe die Revolution!«

Er gibt mir das Gefühl, im falschen Film zu sitzen. Ich brauche nicht die nächste Große Umkehr. Ich will nur, dass die Führenden kein Calmexin mehr in unser Vita mischen und uns nie mehr anlügen.

Mo geht zum Eingang des Saals. Als die Tür sich nicht von selbst aufschiebt, versucht er, sie aufzudrücken. Im Glas erscheint der digitale Abdruck seiner Hand und eine Computerstimme sagt: »Unbekannte Person. Kein Zutritt.«

Ich denke an die Stahltür mit ihren Kreisen. »Und wenn du deinen Schlüssel benutzt?«

Kaum hat Mo ihn an den digitalen Handabdruck gelegt, verändert sich dessen Form, als hätte jemand ein Bearbeitungsprogramm darüber laufen lassen. Die Finger werden schmaler und kürzer und das Linienmuster wird korrigiert.

»Ministerin Adams«, sagt die Computerstimme. »Willkommen.«

Lașer schlägt mir sozusagen als Kompliment auf die Schulter, was sich sowohl schmerzhaft als auch fantastisch anfühlt, und dann schlüpfen wir hinter Mo in den Saal.

Die Tür schließt sich geräuschlos. Ich versuche, nicht daran zu denken, dass wir jetzt vielleicht eingeschlossen sind, und schaue zu den Computern hinüber, die aus irgendeinem Grund lächerlich weit auseinanderstehen.

Ist das vielleicht eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme?

Mo umkreist sie eilig auf der Suche nach den Ports.

»Hier ist einer!«, ruft er aufgeregt.

Der Port sieht aus wie mein Anhänger, aber gespiegelt in 3-D. Die Zeichen, die tief in meinen Schlüssel eingraviert sind, bilden hier ein Relief. Ich streiche mit dem Finger darüber, als würde ich Brailleschrift lesen, und denke an den allerletzten blinden Mann, der letztes Jahr gestorben ist. Sie haben noch einen Emocumentarfilm darüber gedreht, in dem er erzählte, dass er kein Implantat wollte, um sein Augenlicht zurückzubekommen.

»Ich lasse niemanden an mein Gehirn«, hatte er gesagt.

Wenn der gewusst hätte, dass sich das Calmexin unterdessen längst in seine grauen Zellen geschlichen hatte.

Während Mo die anderen Ports ausfindig macht, erteilt Lașer mir einen Schnellkurs in Sachen Schlüssel.

»Es ist wichtig, dass wir sie exakt gleichzeitig in die Computer stecken, sonst bekommen wir keinen vollständigen Zugang und können den Muttercomputer nicht knacken.«

Zum Glück sind wir zu dritt, wie die Torwächter. Ich nicke, zum Zeichen, dass ich es verstanden habe. »Und wie wissen wir, welche Scheibe in welchen Port passt?«

»Ganz einfach.« Mit dem Portable macht er Aufnahmen von jedem Computereingang, wischt die Fotos nebeneinander und spiegelt sie mit einem Fingerklick seitenverkehrt. Danach müssen wir nur noch unsere Scheiben mit den Monitorabbildungen vergleichen. Mein Schlüssel gehört zu dem Port des Computers ganz hinten und …

Etwas verändert sich am Lichteinfall, als würde sich mir jemand in die Sonne stellen. Unsinn, denke ich erst noch, hier gibt es ja nicht einmal Tageslicht. Aber dann merke ich, dass sich am Rand meines Blickfelds etwas bewegt.

Jemand bewegt sich.

Zwei Menschen in kakifarbenen Uniformen, eine Frau in formloser Jacke und dahinter …

In den letzten vierundzwanzig Stunden habe ich kein Vita mehr gegessen und trotzdem macht wieder jemand Zaubertricks mit meinem Hirn.

»Holden?«, stammele ich.

Mo stößt einen Fluch aus und ich glaube, er ruft, wir müssten zu unseren Computern laufen, aber ich bin schon unterwegs zur anderen Saalseite.

Dort steht mein Bruder, hinter dem Glas. Er versucht, mir etwas zu verdeutlichen, doch die Wand lässt kein Geräusch durch und außer meinem Namen verstehe ich kein einziges Wort.

Warum bringen sie uns in der Schule kein Lippenlesen bei?

Sobald Holden meine hochgezogenen Schultern und die fragenden Gesten sieht, gibt er auf und folgt den anderen zum Eingang. Eine Frau mit unglaublich vielen Streifen auf dem Uniformärmel legt ihre Hand flach auf das Glas, bis ihr digitaler Abdruck kontrolliert und für gut befunden wird.

»Oberbefehlshaberin Bevins«, sagt dieselbe Computerstimme von eben. »Willkommen.«

Die ganze Gruppe drängt sich durch die geöffnete Wand und von dem Moment an ist es, als stünde ich im Auge eines Orkans – überall um mich herum ist Chaos und Lärm.

Holden will zu mir hinstürzen, aber einer der Uniformierten – ein Mann mit einer so spitzen Nase wie ein nagelneuer Augenbrauenstift – hält ihn davon ab, dreht meinem widerspenstigen Bruder die Arme auf den Rücken und bemüht sich, ihn zu beruhigen. Inzwischen fordert uns die Oberbefehlshaberin lautstark auf – »bevor es zu Unfällen kommt!« –, die Finger von den Computern zu lassen. Mo und Lașer haben keine Angst vor Unfällen und klammern sich mit unsichtbaren Ketten an ihre Ports. Sie halten die Schlüssel bereit, bis auch ich so weit bin, und feuern mich an, so schnell wie möglich zu meinem Computer zu gehen. Und als wäre das alles noch nicht irre genug, brüllt Holden auch noch dazwischen, ich solle gefälligst machen, was Bevins sagt – was supermerkwürdig ist, denn er selbst macht nie, was ihm jemand sagt.

Ich kann kaum klar denken und presse die Hände auf meine Ohren.

Es kommt aber noch verrückter.

Die Oberbefehlshaberin greift nach dem Ding, das an einem Riemen um ihre Schulter hängt – und was ich für einen Gummiknüppel gehalten habe, entpuppt sich als Gewehr, und zwar ein echtes!

Data Leaks (2). Wer kennt deine Gedanken?

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