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b) Kontakt zu Zeugen und Strafantragsberechtigten

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Der Verteidiger darf, selbst wenn dies auch heute noch so mancher Staatsanwalt und Richter nicht zu glauben vermag, Zeugen befragen oder sonstige eigene Ermittlungen anstellen. Die Strafverfolgungsorgane haben kein Erstvernehmungsrecht.[26] Der Verteidiger darf auch solche Tatsachen und Beweismittel einführen, die einen von ihm lediglich für möglich gehaltenen Sachverhalt belegen können. Er ist nicht darauf beschränkt, nur das vorzubringen, von dessen Richtigkeit er voll überzeugt ist. Sonst müsste er alle vom Mandanten aufgestellte Behauptungen, bevor er sie zum Gegenstand von Beweisanträgen macht, eingehend nachprüfen. Könnte er Zweifel an der Richtigkeit der Beweistatsachen nicht ausschließen, würde er gehindert, effektiv die Rechte seines Mandanten wahrzunehmen.[27] Dies gilt insbesondere für die Benennung von Zeugen. Hat er lediglich Zweifel an der Richtigkeit einer potentiell entlastenden Zeugenaussage, ist er zur Stellung eines Beweisantrages in aller Regel verpflichtet. Anderenfalls würde er in Kauf nehmen, ein möglicherweise zuverlässiges entlastendes Beweismittel zu unterdrücken.[28] Besser ist es jedoch, wenn der Verteidiger potentielle Zeugen vorab befragt. So vermeidet er, dass er einen Zeugen benennt, der den Mandant belastende Tatsachen bekunden könnte. Der Verteidigerspruch „frage nie einen Zeugen, wenn du die Antwort nicht kennst“ bewahrheitet sich im Verteidigeralltag immer wieder.

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Der Verteidiger sollte jedoch bei dem Umgang mit Zeugen die größtmögliche Vorsicht walten lassen. Anderenfalls läuft er Gefahr, bald selbst mit einem Ermittlungsverfahren überzogen zu werden. Der Strafverteidiger ist verpflichtet, seinen Mandanten im Rahmen der Gesetze bestmöglich zu verteidigen.[29] Er ist nicht verpflichtet, an der Verwirklichung des staatlichen Strafanspruches mitzuwirken. Er hat schon gar nicht für die Richtigkeit von Zeugenaussagen einzustehen und ist insbesondere nicht verpflichtet, eine Falschaussage zu verhindern.[30] Er überschreitet jedoch nach der Rspr. die Grenzen zulässiger Verteidigung, wenn er den Sachverhalt aktiv verdunkelt oder verzerrt, insbesondere Beweisquellen verfälscht.[31] Bei einer von ihm sicher als unwahr erkannten Zeugenaussage verdunkelt er dann aktiv den Sachverhalt, wenn er Einfluss auf das Zustandekommen der Aussage nimmt.[32] Dies ist dann der Fall, wenn er den Zeugen zu einer Falschaussage veranlasst[33], wenn er ihn in seinem Entschluss bestärkt[34], wenn er einen zur Falschaussage entschlossenen Zeugen als Beweismittel benennt[35] oder wenn er den Inhalt der Falschaussage mit ihm abstimmt.[36] Hier macht sich der Verteidiger nicht nur wegen Strafvereitelung strafbar, sondern auch wegen Teilnahme an einem Aussagedelikt.

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Dem Verteidiger ist es erlaubt, Strafantragsberechtigte zu bitten, einen Strafantrag zurückzunehmen oder gar nicht erst zu stellen oder einen sonstigen Zeugen zu veranlassen, keine Strafanzeige zu erstatten. Der Bereich des unzulässigen Verhaltens wird erst bei dem Einsatz von rechtswidriger Drohung oder Täuschung betreten. Geldzahlungen sind dann zulässig, wenn sie zumindest auch als Wiedergutmachung geleistet werden.[37] Der Verteidiger darf unter den gleichen Voraussetzungen Zeugen bitten, von einem Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 52 StPO oder einem Auskunftsverweigerungsrecht gem. § 55 StPO Gebrauch zu machen.

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Der Verteidiger ist des Weiteren befugt, Zeugen dahin Auskunft zu erteilen, dass sie Ladungen zu Vernehmungen durch die Polizei nicht Folge leisten müssen. Dasselbe muss auch für einen entsprechenden Rat gelten, einer solchen Vernehmung fernzubleiben oder einen übersandten Zeugen-Fragebogen nicht zu beantworten.

Einführung in die Praxis der Strafverteidigung

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