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7. Rechtsmittel gegen Entscheidungen über die Verteidigerbestellung
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Verzögert das Gericht die Bearbeitung eines Antrages auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers, steht dem Beschuldigten die Möglichkeit der Untätigkeitsbeschwerde zur Verfügung.[100] Streitig ist, ob der Beschuldigte gegen die Bestellung bzw. Rücknahme einer Verteidigerbestellung nur dann mit der Beschwerde (§ 304 StPO) vorgehen kann, wenn die Entscheidung vor Beginn der Hauptverhandlung ergeht. Ein Teil der Rspr. nimmt an, dass der Beschuldigte bei einer Entscheidung während der Hauptverhandlung nur das Gericht nach § 238 Abs. 2 StPO anrufen kann.[101] Nach zutr. Ansicht ist die Beschwerde immer statthaft.[102] Die Entscheidung über die Verteidigerbestellung steht mit der Urteilsfällung in keinem inneren Zusammenhang und geht dieser daher nicht i.S.v. § 305 S. 1 StPO voraus. Höchstvorsorglich sollte der zu bestellende „Wahlpflichtverteidiger“ den Beiordnungsantrag für seinen Mandanten rechtzeitig vor der Hauptverhandlung anbringen.
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Der Beschuldigte kann nicht nur gegen die Ablehnung der Bestellung eines Verteidigers Beschwerde einlegen. Ebenfalls mit der Beschwerde angreifbar ist die Nichtbescheidung des Beiordnungsantrages.[103] Auch wenn nicht der vom Beschuldigten bezeichnete Verteidiger bestellt wird, berechtigt ihn dies zur Anfechtung, unabhängig davon, ob es sich um die Beiordnung des „Erst“- oder eines „Zweitverteidigers“ handelt.[104] Schließlich ist gegen die Rücknahme der Bestellung des Verteidigers die Beschwerde statthaft.[105] Nichts anderes kann für den vom Beschuldigten nicht gewünschten Wechsel des Pflichtverteidigers gelten, da er geltend machen kann, dass ihm hierdurch der Verteidiger seines Vertrauens entzogen wird.
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Nach zutr. Ansicht steht dem Verteidiger gegen die Rücknahme seiner Bestellung ein eigenes Beschwerderecht zu.[106] Die Gegenmeinung lehnt ein eigenes Beschwerderecht des Verteidigers generell ab[107], eine vermittelnde Ansicht gibt dem Verteidiger diese Befugnis zumindest in Fällen willkürlicher Rücknahme der Bestellung.[108]
Zu folgen ist der von Beulke vertretenen Ansicht. Er befürwortet ein eigenes Beschwerderecht unter Hinweis darauf, dass der Pflichtverteidiger selbständig öffentliche Funktionen wahrnimmt. Der bestellte Verteidiger dient als Beistand nicht nur dem Interesse des Beschuldigten an einer sachgerechten Wahrnehmung seiner Verfahrensrechte. Zugleich dient er der rechtsstaatlichen Strafrechtspflege. Das Rechtsstaatsgebot verpflichtet die Strafjustiz zur Gewährleistung eines fairen, rechtsstaatlichen Strafverfahrens. Dieser Verfassungsauftrag kann in den Fällen der notwendigen Verteidigung nur verwirklicht werden, indem dem unverteidigten Beschuldigten zur Sicherstellung einer effektiven, sachgerechten Verteidigung ein Verteidiger zur Seite gestellt wird.[109]
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Muster 6: Beschwerde gegen die Ablehnung der Bestellung des Verteidigers
An das
Amtsgericht B
– Strafrichter –
In der Strafsache
gegen Herrn A
Az.: …
lege ich namens und in Vollmacht von Herrn A gegen den Beschluss des AG B vom...
Beschwerde
ein.
Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Verteidigers liegen entgegen der im angefochtenen Beschluss vertretenen Auffassung vor.
Der Angeklagte bedarf zur Vorbereitung seiner Verteidigung der Akteneinsicht. Es handelt sich um eine umfangreiche und komplizierte Sache. In der Beweismittelliste der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft C vom … sind neben einer Reihe zu verlesener Urkunden, auf deren Wortlaut es ankommen dürfte, 12 Zeugen und drei Sachverständige, davon zwei Schriftsachverständige aufgeführt.
Es gebietet die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Bestellung eines Verteidigers.
Ich lege für den Fall meiner Bestellung das Wahlmandat nieder.
Rechtsanwalt