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ee) Notwendige Verteidigung im Jugendstrafverfahren
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Im Jugendstrafverfahren wird die allgemeine Vorschrift des § 140 StPO durch § 68 JGG ergänzt. Dem jungen Beschuldigten ist nicht nur dann ein Verteidiger zu bestellen, wenn einem Erwachsenen ein Pflichtverteidiger beigeordnet werden müsste. Er hat auch dann einen Anspruch auf Verteidigerbestellung, wenn den Erziehungsberechtigten gem. § 68 Nr. 2, 3 JGG die Verfahrensrechte entzogen wurden, wenn zur Vorbereitung eines Gutachtens über den Entwicklungsstand des Beschuldigten seine Unterbringung in Betracht kommt oder gegen einen jugendlichen Beschuldigten Untersuchungshaft oder einstweilige Unterbringung vollstreckt wird.[45]
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Streitpunkt ist regelmäßig die Beiordnung nach § 140 Abs. 2 StPO. Die Gerichtsvorsitzenden zeigen in aller Regel wenig Neigung, sich beim Ausleben ihrer erzieherischen Ambitionen durch den überflüssigen Verteidiger stören zu lassen.[46] Sie übersehen hierbei die obergerichtliche Rspr., nach welcher die Generalklausel des § 140 Abs. 2 StPO in Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende extensiv auszulegen ist. Hierzu das Saarl. OLG:
„Allerdings ist den Besonderheiten des Jugendstrafverfahrens bei der Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe der „Schwere der Tat“ sowie der „Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage“ Rechnung zu tragen. Jugendliche und ihnen gleichgestellte Heranwachsende sind aufgrund ihrer geringen Lebenserfahrung sowie der psychischen und körperlichen Entwicklungsprozesse, in denen sie sich befinden, zur Wahrnehmung ihrer Interessen in der Regel weit weniger in der Lage als Erwachsene. Es kommt hinzu, dass das JGG für die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Jugendlichen (§ 3 JGG), für die Rechtsfolgen (§ 5 JGG) und die Rechtsmittelbeschränkung (§ 55 JGG) komplizierte Sonderregelungen enthält. Es ist daher eine extensive und großzügige Auslegung des § 140 Abs. 2 StPO zu Gunsten des jugendlichen oder heranwachsenden Angekl. geboten (...).“[47]
Teil 1 Das Mandat des Strafverteidigers › II. Die Pflichtverteidigung › 4. Die Bestellung des Pflichtverteidigers