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b) Rücknahme der Bestellung aus „wichtigem Grund“ wegen Terminkollision

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Gelegentlich entpflichten Gerichte den bestellten Verteidiger, weil er wegen anderweitiger Terminverpflichtungen daran gehindert ist, in der Hauptverhandlung aufzutreten bzw. Fortsetzungstermine wahrzunehmen. Grundsätzlich ist die Bestimmung des Termins zur Hauptverhandlung Sache des Gerichtsvorsitzenden, § 213 StPO. Andererseits hat der Angeklagte jedoch einen Anspruch auf Verteidigung durch den Verteidiger seines Vertrauens. Dies erfordert es, dass das Gericht bei Terminkollisionen sich ernsthaft um einen mit dem Pflichtverteidiger abgestimmten Termin zur Hauptverhandlung bemüht.[81] Grundsätzlich gebührt dem Anspruch des Angeklagten, vom Verteidiger seines Vertrauens verteidigt zu werden, der Vorrang vor dem Interesse auf zügiger Durchführung des Strafverfahrens.[82] Nach der richtigen Ansicht von Neuhaus obliegt es zunächst den Gerichten, von ihnen verursachte Terminüberschneidungen abzustellen. Ist der Verteidiger wegen anderer Gerichtstermine verhindert, kommt ein Wechsel des Pflichtverteidigers gegen den Willen des Angeklagten ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn die Terminverhinderung trotz erheblicher Bemühungen der beteiligten Gerichte nicht behebbar ist.[83] Nach der Verlängerung der Unterbrechungsfrist des § 229 Abs. 1 StPO von zehn Tagen auf drei Wochen durch das sog. „Justizmodernisierungsgesetz“ dürfte eine Entpflichtung aus terminlichen Gründen in laufender Hauptverhandlung generell nicht mehr möglich sein.[84]

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Der Verteidiger muss – um derartige Verwicklungen von vornherein zu vermeiden – in seinem Bestellschriftsatz an das Gericht bzw. unmittelbar nach der Zustellung der öffentlichen Klage zur Stellungnahme nach § 201 Abs. 1 StPO den Vorsitzenden um Abstimmung des Termins zur Hauptverhandlung bitten.

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Muster 5: Bitte um Terminabstimmung

An das

Landgericht B

Herrn Vorsitzenden der Strafkammer

In der Strafsache gegen Herrn A

Az.:...

bestelle ich mich zum Verteidiger des Angeschuldigten A. Bereits jetzt bitte ich, den Termin zur Hauptverhandlung mit mir abzustimmen, um Terminkollisionen von vornherein vermeiden zu können. Ich werde den Vorsitzenden nächste Woche deswegen anrufen.

Rechtsanwalt

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Ignoriert der Vorsitzende diese Bitte (was in der Praxis eher die Ausnahme darstellt) und führt seine Bestimmung des Hauptverhandlungstermins bei dem Pflichtverteidiger zu einer Terminkollision, ist unter Hinweis auf die Bitte um Terminabstimmung und genauer Darlegung der Terminkollision die Verlegung des Termins zu beantragen. Reagiert der Vorsitzende auf den Terminverlegungsantrag stattdessen mit der Entpflichtung des bisherigen unter Beiordnung eines anderen Verteidigers oder ordnet er dem Angeklagten einen weiteren Verteidiger bei, ist dies dann nicht nur ermessenfehlerhaft, sondern willkürlich. Die Ablehnung der Terminverlegung kann der Angeklagte bei dieser Sachlage mit der Beschwerde anfechten.[85] Dasselbe gilt für die Entpflichtung des Verteidigers bzw. die Beiordnung eines weiteren Verteidigers. Zudem wird dieses Verhalten dem Beschuldigten Anlass geben, den Vorsitzenden wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen.

Einführung in die Praxis der Strafverteidigung

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