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5. Die Rücknahme der Bestellung aus „wichtigem“ Grund
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Lediglich in § 143 StPO ist die Rücknahme der Bestellung des Pflichtverteidigers für den Fall geregelt, dass der Beschuldigte einen Wahlverteidiger mit seiner Verteidigung beauftragt. Die Bestellung muss jedoch auch dann zurückgenommen werden, wenn ein Wahlverteidiger nach §§ 146a, 146 StPO zurückzuweisen oder nach §§ 138a f. StPO auszuschließen ist. Dies folgt – wie bereits hinsichtlich der Problematik der Verteidigerbestellung ausgeführt – aus der grundsätzlichen Gleichstellung von Wahl- und Pflichtverteidigung.[73]
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Nach BGH StV 2003, 210 und OLG Frankfurt/M. NJW 1999, 1414 soll die Rücknahme der Bestellung auch dann erfolgen, wenn für den Gerichtsvorsitzenden die konkrete Gefahr der Vertretung widerstreitender Interessen erkennbar ist. Dieser Auffassung ist bereits bei den Ausführungen zur Bestellung des Verteidigers entgegengetreten worden.
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Streitig ist, ob ein „wichtiger Grund“, welcher die Rücknahme der Bestellung rechtfertigen soll, auch dann vorliegt, wenn der Verteidiger aus Sicht des Gerichts zu einer sachgerechten Verteidigung nicht in der Lage, d.h. nach Auffassung des Gerichts hierzu unfähig sein soll. Dies ist strikt abzulehnen. Die Justiz ist nicht dazu berufen, die Verteidigung zu überwachen und zu bewerten. Verteidigungsziel und -strategie werden vom Beschuldigten und seiner Verteidigung autonom bestimmt. Das Gericht ist nicht befugt, extern festzulegen, wie der Beschuldigte sachgerecht zu verteidigen ist.[74] Dass der Beschuldigte sachgerecht verteidigt wird, hat der Verteidiger zu verantworten, nicht das Gericht. Die Rspr. offenbart hier im Gewand der dem Beschuldigten gegenüber obliegenden Fürsorgepflicht des Gerichts obrigkeitsstaatliche Tendenzen.