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cc) Das Problem des „Zwangsverteidigers“
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Die Bestellung eines weiteren Verteidigers neben dem zunächst bestellten oder einem vom Beschuldigten beauftragten Wahlverteidiger ist nach der Rspr. dann zulässig,
„wenn sich die Gefahr abzeichnet, dass der Verteidiger die zur reibungslosen Durchführung der Hauptverhandlung erforderlichen Maßnahmen nicht treffen kann oder nicht treffen will“.[58]
Die Rspr. will also die Befugnis zur Bestellung eines weiteren Verteidigers aus dem Rechtsinstitut der notwendigen Verteidigung selbst herleiten. Diese Ansicht ist abzulehnen. Rechtsgrund kann ausschließlich § 145 StPO sein. Nur wenn sonst eine Verteidigung des Beschuldigten nicht gesichert ist, kommt die Bestellung eines weiteren Verteidigers in Betracht, nicht hingegen zu dem Zweck, einen „schnellen Prozess“ zu ermöglichen. Daher kann ein weiterer Verteidiger nicht bestellt werden, um vorgeblichen Erfordernissen der „Prozessökonomie“ oder des „Beschleunigungsgrundsatzes“ zu genügen.[59]
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Allerdings kann es in Umfangsverfahren durchaus im Interesse des Beschuldigten liegen, dass er von zwei Verteidigern vertreten wird, die sich die Arbeit untereinander aufteilen.[60] Voraussetzung hierfür ist jedoch in jedem Fall, dass der Beschuldigte von seinem Bezeichnungsrecht Gebrauch machen kann. Denn auch im Verhältnis des Beschuldigten zum „Zweitverteidiger“ ist eine sachgerechte Verteidigung ohne Bestehen eines Vertrauensverhältnisses nicht denkbar. Folgerichtig hat das BVerfG entschieden, dass der Gerichtsvorsitzende auch bei der Bestellung eines Zweitverteidigers grundsätzlich den vom Beschuldigten bezeichneten Verteidiger „auszuwählen“ hat.[61]
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Dem Beschuldigten steht nicht nur dann das Recht der Beschwerde gegen die Beiordnung eines weiteren Verteidigers zu, wenn er generell einen zweiten Verteidiger ablehnt, sondern auch, wenn er nicht gem. § 142 Abs. 1 S. 1 StPO angehört worden ist oder der Gerichtsvorsitzende einen anderen als den vom Beschuldigten bezeichneten Verteidiger bestellt hat.[62]