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dd) Verteidigungsunfähigkeit

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Die Unfähigkeit, sich selbst angemessen zu verteidigen, muss nicht in der Person des Angeklagten begründet sein (z.B. bei einer Aidserkrankung oder einer Betäubungsmittelabhängigkeit).[38] Sie kann auch auf verfahrensrechtlichen Besonderheiten beruhen. So darf bei einem nicht nur unerheblichen Vorwurf ein jugendlicher Angeklagter nicht ohne Verteidiger belassen werden, wenn sich der Mitangeklagte eines Wahlverteidigers bedient.[39] Dies ist auch für erwachsene Angeklagte anerkannt, wenn die Möglichkeit besteht, dass sich die Angeklagten gegenseitig belasten könnten. Dann gebietet das im Grundsatz des fairen, rechtsstaatlichen Verfahrens wurzelnde Prinzip der Waffengleichheit, dem nichtverteidigten Angeklagten einen Verteidiger zu bestellen.[40]

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Das gilt erst recht, wenn sich ein jugendlicher oder heranwachsender Angeklagter einem Nebenkläger gegenübersieht, der sich eines anwaltlichen Beistandes bedient.[41] Nicht anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn bei einer nicht ganz unproblematischen Beweislage dem erwachsenen Angeklagten in der Hauptverhandlung ein Nebenklägervertreter gegenübersteht.[42] Schlothauer nimmt hier zutreffend stets einen Fall notwendiger Verteidigung an.[43] Für den Fall der Beiordnung eines Opferanwaltes hat der Gesetzgeber dies in § 140 Abs. 1 Nr. 9 StPO ausdrücklich vorgesehen. Es kann jedoch nach richtiger Ansicht[44] keinen Unterschied machen, ob der Nebenklägervertreter oder Verletztenbeistand beigeordnet worden oder von seinem Mandanten bezahlt wird. In beiden Fällen sieht sich der Angeklagte einer Partei gegenüber, die nicht kraft Gesetzes zur Unparteilichkeit verpflichtet ist wie Gericht und Staatsanwaltschaft, sondern allein ihre individuellen Parteiinteressen durchsetzt. Daher ist die Bestellung eines Verteidigers unabdingbar, um die Waffengleichheit zu sichern.

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