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bb) Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage
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Ob die Schwierigkeit der Sache die Rechts- oder aber die Sachlage betrifft, kann im Einzelfall schwierig zu entscheiden sein. Da es auf die Unterscheidung nicht ankommt, werden beide Problembereiche gemeinsam behandelt. Von einer schwierigen Sach- oder Rechtslage ist auszugehen, wenn ein Nebenkläger oder die Staatsanwaltschaft zuungunsten des Angeklagten Berufung eingelegt haben.[27] Dies gilt generell, wenn verschiedene Gerichtsinstanzen oder aber die Staatsanwaltschaft auf der einen und das Gericht auf der anderen Seite divergierende Rechtsauffassungen vertreten.[28] Hat eine sachgerechte Verteidigung Anlass, einen Befangenheitsantrag zu erwägen und ist diese Möglichkeit nach Aktenlage absehbar, gebietet die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Bestellung eines Verteidigers.[29] Auch wenn schwierige Fragen materiell-rechtlicher Art zu entscheiden sind, z.B. die Anwendung von Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründen, die Frage der Versuchsstrafbarkeit oder das Bestehen einer Garantenstellung, ist ein Verteidiger zu bestellen.[30] Die Problematik eines etwaigen Beweisverwertungsverbotes kann ein nichtverteidigter Angeklagter ebenfalls nicht bewältigen.[31]
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Von einer schwierigen Sach- oder Rechtslage ist ganz allgemein immer dann auszugehen, wenn eine beweisrechtliche Problematik vorliegt, die ohne die dem Verteidiger vorbehaltene vollumfängliche Aktenkenntnis nicht gelöst werden kann.[32] Dies kommt z.B. in Betracht, wenn das Wiedererkennen durch Zeugen zu beurteilen[33] oder ein Sachverständiger hinzugezogen worden ist.[34]