Читать книгу Blaues Gold - P. D. Tschernya - Страница 12
Rekrutierung von Astronauten
ОглавлениеNach einigen Bemühungen gelang es Marco tatsächlich, seiner Mutter einen Besuch bei einem Spezialisten für `psychosomatische Erkrankungen´ auszureden. Er hatte sich eine kluge Strategie zurechtgelegt, die einfach klappen musste. Erstens erfüllte er ihr fast jeden Wunsch und zweitens legte er sich für die Schule – in seinen Augen – mächtig ins Zeug. Als er tatsächlich einige passable Noten in der Schule bekam, da war das Thema Arztbesuch vom Tisch.
Nachdem etwas Gras über die Geschichte gewachsen war, beruhigten sich auch Jeff und Jerry allmählich. Jeff lobte Marco vor Jerry bei jeder Gelegenheit über den grünen Klee. Man hätte meinen können, Marco sei jetzt Klassenbester. Jerry durchschaute die Taktik seines Bruders, ließ ihn aber gewähren. Für ihn war viel dringender, dass sie möglichst bald einen wichtigen Punkt besprachen. Am zweiten Montag im Februar ergab sich eine gute Gelegenheit. Mel musste mit ihrer Mutter zur Zahnkontrolle und würde am Nachmittag nicht zu Hause sein. Diesen Umstand wollten sie für ein Treffen nutzen, da ihnen Mel immer noch gerne nachspionierte.
Marco traf gleich nach dem Mittagessen bei ihnen ein. Nun saßen sie auf Jerrys Zimmer zwischen seinen Rechnern und quälten sich mit der wichtigen Frage, wen sie noch in ihr Team holen könnten.
„Das Raumschiff, das offiziell in zwei Jahren starten soll, ist für sechs Astronauten ausgelegt“, sagte Jeff. „Also haben wir noch drei Tickets zum Mond zu vergeben.“
„Das waren neulich wirklich gute Nachrichten von der NASA“, bestätigte Jerry. „Ich hatte schon meine Zweifel, ob sie das Mondprogramm wirklich so schnell voranbringen würden.“
„Wen könnten wir dann aber noch auf den Flug mitnehmen?“, fragte Jeff angespannt. „Ich hab keine Idee. Und du?“
„So spontan fällt mir kein Name ein“, antwortete Jerry. „Aber ich sehe jetzt auch ein großes Problem.“
„Und das wäre?“, hakte Jeff mit gerunzelter Stirn nach.
„Stellt euch vor, wir fragen zum Beispiel Ronald –“
„Welchen Ronald meinst du?“, unterbrach ihn Jeff. „Doch nicht etwa den aus dem elften Schuljahr?“
„Genau den meine ich.“
„Diesen Fiesling willst du fragen?“, entrüstete sich Jeff. Er konnte den Typ nicht leiden. „Das ist nicht dein Ernst.“
„Beruhige dich“, wiegelte Jerry ab. „Das ist doch nur ein Beispiel. Wenn du mich ausreden lässt, wirst du begreifen, worauf ich hinaus will.“
„Okay. Dann erzähl halt.“
Jeff ärgerte sich, dass er wieder mal impulsiv gewesen war und ihn sein Bruder von der Palme holen musste.
„Stellt euch vor wir fragen Ronald, oder einen anderen, ob er mit uns zum Mond fliegen will“, fuhr Jerry fort. „Und der antwortet: `Nein. Ich hab keinen Bock auf den Mond.´ Toll, was?“
„Ich verstehe“, sagte Jeff. „Dann weiß der von unserem Projekt M – und macht gar nicht mit.“
„Der Groschen ist gefallen“, freute sich Jerry. „Und wenn uns das auch nur ein einziges Mal passiert – dann können wir mit Sicherheit einpacken.“
„Hm“, sagte Marco. „Irgendwann könnte der was anderen erzählen, stimmt´s?“
„Genau so ist das, Marco. Und so eine Panne können wir uns nicht leisten.“
„Ist schon klar“, sagte Jeff. „Aber wie willst du verhindern, dass so was passiert?“
„Ich hab zur Zeit keine genaue Vorstellung“, gestand Jerry. „Ich bin erst vor einigen Tagen auf das Problem gestoßen, als ich anfing zu überlegen, wen wir noch anhauen könnten. Bei uns beiden war das einfach. Bei Marco auch. Darüber bin ich jetzt ganz froh. Aber bei den nächsten Möchtegernastronauten – da wird´s glaub ich schwierig.“
„Manchmal stellen sich die einfachsten Sachen als die schwierigsten heraus“, sagte Marco.
„Verdammt. Im Grunde müssen wir ganz sicher sein, dass die zusagen, noch bevor wir sie überhaupt gefragt haben“, stellte Jeff überrascht fest.
„Das wäre das Beste“, bestätigte Jerry. „Die müssen nicht nur mitmachen wollen, die müssen dann auch am Ball bleiben.“
„Das verstehe ich auch“, sagte Marco. „Der Flug ist ja erst in zwei Jahren.“
„Oder noch später“, sagte Jerry. „Und bis zum Abflug werden wir viel Arbeit haben. Wir müssen also Jungs finden, die mit ihrem Charakter gut zu uns passen, die fit sind und den Ehrgeiz haben, für Projekt M auf einiges zu verzichten.“
„Ich hab echt keine Vorstellung, wen ich unter diesen Aspekten fragen könnte“, sagte Jeff. „Und noch weniger weiß ich, wie ich das anstellen sollte.“
„Wir müssen den Jungs, bevor wir sie fragen, zuerst auf den Zahn fühlen“, sagte Jerry. „Zunächst vielleicht nur beobachten. Da erfahren wir schon Einiges über sie. Aber das Wichtigste, diese absolute Verlässlichkeit, die müssen wir irgendwie erahnen, bevor wir zu viel erzählen.“
„Hm. Das wird schwierig“, konstatierte Jeff und bohrte gleich nach. „Hast du wirklich keine Idee, wen wir in Augenschein nehmen könnten?“
„Mir ist jetzt während unsere Diskussion jemand eingefallen“, sagte Jerry etwas zögerlich.
„Dann sag doch schon“, drängte Jeff voller Neugier.
„Ich könnte vielleicht Frank fragen. Wir haben früher öfters zusammen Fußball gespielt.“
„Meinst du etwa Frank Imatong aus der Schulmannschaft?“
„Genau den meine ich.“
„Der ist doch so richtig schwarz, oder?“, stellte Jeff in seiner Frage fest.
„Ja, das ist er“, bestätigte Jerry. „Frank ist vielleicht der schwärzeste Schwarze der ganzen Schule.“
„Aber …“ Jeff wusste auf einmal nicht mehr, was er sagen wollte. „Ich dachte …“
„Was dachtest du?“, fragte Jerry. „Du bist doch nicht etwa verwirrt wegen seiner Hautfarbe?“
„Nein, aber … Ich gebe zu, ich bin etwas überrascht. Du nicht auch, Marco?“
„Überhaupt nicht“, erwiderte Marco. „Mir ist bei allen Leuten immer nur eines wichtig: dass sie sich benehmen.“
„Frank ist sportlich und ehrgeizig“, sprach Jerry weiter. „Soviel ich weiß, sind auch seine Leistungen in der Schule ganz gut. Das ist für mich eine wichtige Kombination.“
„Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass er auf den Mond will“, wandte Jeff ein.
„Das müssten wir eben irgendwie rauskriegen“, sagte Jerry.
„Und hast du schon eine Vorstellung, wie du ihn unter die Lupe nehmen willst?“
Jeff war nun gespannt, während Marco gelangweilt zuhörte.
„Ich hab mir gerade was überlegt. Ich schlag ihm einfach vor, dass wir das NASA Visitor Center besuchen. Das heißt nur er und ich. Da ist zunächst nichts dabei – und wir sind schon beim Thema. Hat er eh keinen Bock, dann merke ich das ziemlich bald. Und zeigt er Interesse, dann kann ich irgendwie unser Projekt M andeuten.“
„Das ist eine coole Idee, Jerry“, freute sich Jeff. „Das werde ich dann auch so ähnlich machen.“
„Toll, dass du dich gleich freiwillig für den nächsten Testfall anbietest.“
„Mist“, sagte Jeff. „So direkt wollte ich das eigentlich gar nicht.“
„Das hast du von deinen Schnellschüssen“, antwortete Jerry amüsiert. „Guck dir Marco an. Der verhält sich unauffällig und muss daher auch nichts machen. Stimmt´s, Marco?“
„Sorry, aber was ihr da gerade besprecht, das ist überhaupt nicht mein Ding“, gab Marco zu. „Da müsst ihr einfach ohne mich durch.“
„Keine Sorgen, das machen wir schon“, beruhigte ihn Jerry.
„Jetzt bin ich aber erstmal gespannt, was bei Frank rauskommen wird“, sagte Jeff.
„Ja, das bin ich auch“, antwortete Jerry. „Ich glaube, ich gehe diese Woche wieder mal zum Fußballtraining.“
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