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Langsam wird’s was

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Am zweiten Samstag nach Jerrys Aktion fand das erste Vierertreffen statt. Jerry, Jeff und Frank saßen im Moore Park auf der Bank und warteten auf Marco. Am Vormittag hatte es geregnet und die Luft war warm und feucht. Unmengen von Insekten schwirrten herum. Ab und zu ließ sich eine Mücke auf einem von ihnen nieder, um eine kleine Blutmahlzeit zu sich nehmen. Jedes Mal wurde sie mit wilden Verwünschungen verscheucht.

„Ich weiß nicht, ob das auch mit dem Klimawandel zu tun hat“, ärgerte sich Jerry. „Aber so viele Viecher hab ich um diese Jahreszeit noch nicht erlebt.“

„Ich halte das nicht mehr aus. Auf mich stürzen sie sich viel mehr als auf dich“, stöhnte Frank, gerade als Marco am Horizont auftauchte. „Lasst uns gleich Fußball spielen. Beim Laufen werde ich die Plagegeister wenigstens los.“

„Du wirst bestimmt süßes Blut haben“, lachte Jerry.

Frank sprang auf, während Marco sein Rad zu den anderen an einem Baum lehnte. Nach einer Aufwärmphase bildeten sie zwei Mannschaften. Jerry spielte mit Frank gegen Jeff und Marco. Aber nach kaum einer halben Stunde mussten sie schon Pause machen.

„Ich kann nicht mehr“, keuchte Jeff und warf sich auf den Rasen neben Marco, der sich die rechte Seite hielt. „Hast du Seitenstechen?“

„Ein wenig“, antwortete Marco.

„Mann, Frank“, schnaufte Jeff. „Du bist richtig durchtrainiert.“ Der Schweiß lief ihm über die Stirn. „Ich bin völlig außer Puste. Ich glaub, ich muss was für die Kondition tun.“

„Da ist was dran, Jeff“, antwortete Frank. „Ich kann einen Plan für ein Fitnesstraining wie beim Fußball erstellen. So fällt unser Astrotraining nicht auf.“

Frank war in der Zwischenzeit von Jerry über Projekt M instruiert worden.

„Das ist eine gute Idee“, sagte Jerry. „Bring den Plan das nächste Mal mit. Dann kann jeder beginnen, an sich zu arbeiten.“

„Heute wollten wir doch sehen, wen wir noch mitnehmen könnten“, wechselte Jeff ungeduldig das Thema. „Hat jemand eine Idee?“

Schweigend sahen sie einander an.

„Ich weiß auch nicht“, sagte Frank, denn zum Schluss schauten alle ihn an. „Das ist schwierig.“

„Es ist wirklich schwierig“, pflichtete Marco bei. „Mir fällt überhaupt niemand ein.“

Jeff räusperte sich.

„Jerry, ich wollte dich seit Tagen was fragen …“

„Na dann frag.“

„Ich weiß nicht genau, wie ich es anfangen soll“, begann Jeff zögerlich. „Aber ich dachte … wir könnten eventuell … auch ein Mädchen mitnehmen. Oder?“

Jerry schaute seinen Bruder verblüfft an.

„Ich meine für den Fall, dass wir keine passenden Jungs finden“, legte Jeff ein Argument nach.

„Gut, dass du dieses Thema ansprichst“, sagte Jerry endlich. „Ich habe mir dazu auch Gedanken gemacht. Es gibt eine in meiner Parallelklasse, die in den meisten Fächern gut ist. Vor allem in Mathe und Physik glänzt sie richtig.“

Jerry machte eine Gedankenpause.

„Sie heißt Sara. Aber ich kenn sie nicht wirklich gut. Im Grunde kenn ich sie überhaupt nicht.“

„Das macht doch gar nichts“, rief Jeff spontan. „Du kannst mit ihr ausgehen, dann kriegst du raus, wie sie drauf ist.“

„Jeff hat völlig Recht“, sagte Frank. „Du kannst es ähnlich wie bei mir einfädeln.“

„Wollt ihr mich verkuppeln, oder was?“, sagte Jerry verstimmt.

„Das nicht“, antwortete Jeff. „Aber du bist doch achtzehn. Und da ist es die natürlichste Sache der Welt, dass du mit einem Mädchen ausgehst, das dir gefällt.“

„Wer sagt euch, dass sie mir gefällt? Da fängt das Problem ja an. Sara ist überhaupt nicht mein Typ.“

Jerry stocherte verlegen mit einem Stück Holz im Gras.

„Ist doch egal“, warf Frank ein. „Du sagtest, sie sei gut in der Schule und soviel ich gehört habe, ist sie auch beliebt.“

„Dann gibt es ja gar kein Problem“, stellte Jeff zufrieden fest.

„Ihr geht mir langsam auf den Wecker.“ Jerry regte das Gerede auf einmal ziemlich auf. „Natürlich gibt es ein Problem. Und es ist riesig. Wenn ich sie anquatsche, um mich mit ihr zu verabreden, dann denken alle, dass ich was von ihr will. Versteht ihr?“

Frank kratzte seinen Dreitagebart.

„Da ist schon was dran“, sagte er nachdenklich. „Kenn ich.“

„Sag ich doch. Und wenn sie mich mag, dann tut sie ganz begeistert und redet mir nach dem Mund. Und wenn sie mich doof findet, dann krieg ich eine Abfuhr. Auf beides hab ich absolut keinen Bock.“

Frank wusste, dass Jerry Recht hatte. Jeff und Marco waren noch nicht in der Lage, einen vernünftigen Beitrag zu leisten und schauten nur betreten vor sich hin. Jerry fuhr fort.

„Würdet ihr euch mit einem Mädchen verabreden, nur um etwas über ihr Interesse an Physik und Raumfahrt rauszukriegen?“

„Also, in meiner Klasse wüsste ich keine, die sich für die Themen interessiert“, gestand Jeff. „Und die Mädchen aus euren Klassen sind viel zu alt. Die würden mich auslachen.“

„Da hast du´s“, sagte Jerry genervt, aber auch zufrieden. „Wir klammern das Thema vorerst aus. Da oben wird es auch keine getrennten Schlafzimmer, Toiletten und so geben. Es könnten Situationen entstehen, die wir gar nicht brauchen. Wir werden uns also weiter auf Jungs konzentrieren. Das ist schon schwierig genug. Was meinst du, Frank?“

Frank räusperte sich. Das Thema war ihm jetzt auch zu heikel, obwohl ihm der Gedanke, ein Mädchen mitzunehmen, zu Beginn gefallen hatte. Das hätte ihrem Projekt bereits auf der Erde eine besondere Note verliehen. Am liebsten hätte er sich jetzt gar nicht geäußert, aber es blieb ihm nichts anderes übrig.

„Jerry hat Recht. Das ist ein heißes Eisen. Auf mich stehen wohl ein paar Mädchen, weil ich in der Fußballmannschaft aktiv bin. Wenn ich eine frage, ob sie sich mal mit mir treffen will, dann ist allen klar, was los ist. Auch wenn es gar nicht stimmt.“

„Dann sind wir uns einig“, sagte Jerry abschließend. „Damit wir endlich weiter kommen, habe ich einen Vorschlag: jeder macht eine Liste mit Namen. Wenn ein Name mehrmals vorkommt, dann haben wir einen Treffer. Hat jemand einen besseren Einfall?“

„Ich vielleicht“, sagte Frank spontan. „Ich musste gerade an zwei Jungs denken, die in unsere Fußballmannschaft wollen.“

„Wer ist das?“, fragte Jerry neugierig.

„Ali und Chang“, antwortete Frank. „Kennt die vielleicht jemand?“

„Meinst du etwa Ali Ibrahim Ahmed?“, fragte Jeff.

„Genau den meine ich“, sagte Frank.

„Der ist doch ganz klein und transparent wie ein Röntgenbild“, spottete Jeff.

„Jetzt übertreibst du. Er trainiert viel, hat eine gute Technik und sein Spiel wird immer stärker“, entgegnete Frank. „Auf mich macht er einen guten Eindruck. Er kann noch nicht mitmachen, weil er zu jung ist. Ist er nicht etwa in deinem Alter, Jeff?“

„Er ist in einer Parallelklasse“, antwortete Jeff. „Du meinst wirklich, dass wir den fragen sollten?“

„Nicht wir, Jeff, aber du“, erwiderte Frank und wandte sich an Jerry. „Ich kenne seine Familie. Sein Bruder Mustafa spielte zwei Jahre bei uns im Team mit. Er hat drei Brüder, sind alle Fußballfans.“

„Ist er auch in der Schule gut?“, fragte Jerry besorgt. „Ich meine, in den harten Fächern wie Mathe, Physik, Chemie.“

„Ich denke schon“, erwiderte Frank. „Die ganze Familie ist ehrgeizig. Jeff sollte unbedingt mit ihm in Kontakt treten, um mehr herauszubekommen.“

„Ich kenn ihn ja kaum“, sagte Jeff ohne Begeisterung.

„Und genau deswegen wirst du nachhaken“, bestimmte Jerry. „Das ist jetzt dein Job und du wirst nicht kneifen.“

„Na gut“, sagte Jeff zögerlich. „Ich weiß zwar nicht, wie ich das anstellen soll, aber ich lass mir was einfallen.“

„Ich mach dir einen Vorschlag“, kam ihm Frank zu Hilfe. „Ich gehe mit dir und Marco ins Space Center und lade Ali dazu ein. Wie gefällt dir das?“

„Der Vorschlag ist super“, freute sich Jeff.

Jerry schaute Frank dankbar und anerkennend an.

`Frank ist noch viel besser, als ich dachte´, fuhr es ihm gerade durch den Kopf.

„Jerry sagte doch, dass es für alle gut wäre, sich den Rocket Garden anzuschauen“, sprach Frank weiter. „Und bei der Gelegenheit könnten wir in den Flugsimulator steigen.“

„Das hört sich gut an“, sagte Jeff. „Der Samstag in zwei Wochen würde passen. Dann haben wir ein paar Klassenarbeiten hinter uns.“

Er schaute zu Marco, der gerade laut geseufzt hatte.

„Gut“, resümierte Jerry. „Dann haben wir einen weiteren Kandidaten. Ich hoffe, dass du mit deiner Einschätzung richtig liegst, Frank.“

„Hast du einen anderen Vorschlag?“

„Leider nicht. Aber vorher hast du noch einen weiteren Namen erwähnt: Chang. Ich weiß nicht, wer das ist.“

„Chang Liang“, sagte Frank. „Er spielt auch gut Fußball.“

„Ich glaube, ich weiß wen du meinst“, überlegte Jeff. „Marco kennt ihn dann bestimmt auch.“

Marco nickte kaum merkbar. Er wollte sich aus diesen Angelegenheiten am liebsten ganz raushalten.

„Er ist in einer Klasse über uns“, fuhr Jeff fort. „Er ist Chinese.“

„Der ist doch Amerikaner wie wir alle“, sagte Frank.

„Ich meine nur, seine Familie kommt aus China.“

„Deine Mutter kommt aus England und dein Vater aus Russland. Bist du deshalb Engländer oder Russe?“

„So hab ich´s nicht gemeint“, verteidigte sich Jeff.

„Nicht so gemeint, aber so gesagt“, antwortete Frank gereizt. „Wo einer herkommt, sollte egal sein. Hauptsache er passt zu uns. Und Chang könnte passen. Ich muss jetzt los, ich hab noch was vor heute Abend.“

Er stand auf und ging. Einfach so.

„Da ist Frank irgendwie empfindlich“, sagte Jerry, als er sich gefasst hatte.

„Hm“, machte Jeff nachdenklich. „Ich glaub auch.“

***

Blaues Gold

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