Читать книгу Blaues Gold - P. D. Tschernya - Страница 15
Im Rocket Garden
ОглавлениеZwei Wochen nach ihrem letzten Treffen parkte Frank einen neuen Cadillac Sedan vor dem Haus der Familie Strela. Es war Samstag und der gemeinsame Besuch im Space Center stand auf dem Programm. Jeff hatte nach dem Mittagessen bereits ungeduldig am Fenster gewartet, lief gleich hinunter, grüßte Frank mit Ali und bewunderte dann den flotten Schlitten. Marco war unpünktlich, wieder einmal, und kam erst eine Viertelstunde nach dreizehn Uhr um die Ecke geflitzt.
„Sorry, Leute“, schnaufte er und sprang vom Fahrrad. „Ich musste Mom beim Aufhängen der Wäsche helfen. Sie fühlte sich den ganzen Morgen nicht wohl. Fast hätte ich noch zu Hause bleiben müssen.“
„Ist schon gut“, sagte Jeff nachsichtig. „Jetzt bist du ja da und wir haben noch den ganzen Tag Zeit.“
Rasch stiegen sie ins Auto ein und Frank fuhr los.
„Hallo Ali“, sagte Marco nach einer Weile. „Ich dachte, dich würde vielleicht nur Fußball interessieren.“
Ali schaute in den Rückspiegel, um Marco zu sehen.
„Ich würde gerne schon bei Frank mitspielen. Aber die Mannschaft will mich nicht aufnehmen. Ich soll noch zwei Jahre warten. Aber dann wird Frank nicht mehr da sein und das ist schade. Er ist so ein guter Spielführer.“
„Du bist Mannschaftskapitän?“, staunte Jeff. „Das hab ich gar nicht mitgekriegt.“
„Du kommst ja auch nicht mehr so oft zu unseren Spielen“, antwortete Frank.
„Du weißt doch, das liegt an -“
Jeff stoppte, beinahe hätte er sich verplappert.
„Woran liegt´s?“, wollte Ali wissen.
„Na ja, ich hab etwas mit der Schule zu kämpfen“, antwortete Jeff als Ausrede und schaute dabei Marco an.
Das Gespräch verstummte. Nach einigen Minuten Fahrt ließen sie ihr Viertel hinter sich und bogen auf den Astronauten Boulevard.
„Wie gefällt euch die Kiste, Jungs?“, unterbrach Frank die Stille. „Mein Onkel Jack hat mir das Auto ausnahmsweise geliehen. Ich hab noch keins und Dad konnte mir seine Kiste heute nicht geben.“
„Ist schon ein feines Auto“, sagte Jeff anerkennend.
„Der Caddy macht zweihundert Sachen in der Spitze“, nahm Frank den Faden wieder auf. „Soll ich euch das mal vorführen?
„Au ja!“, riefen Ali und Jeff fast gleichzeitig.
Marcos Einwand, dass er es gern gemütlich hat, ging unter.
„Seid ihr angeschnallt?“, fragte Frank und warf Ali einen Blick zu, um sich zu vergewissern. „Dann kann´s losgehen.“
Er trat auf das Pedal und beobachtete, wie die Tachonadel immer schneller nach oben kletterte.
„Gib richtig Gas, Frank!“, jauchzte Ali. „Dann heben wir ab und fliegen.“
Dann zeigte das Tachometer schon eine Geschwindigkeit von hundertsechzig Kilometern pro Stunde an.
„Runter vom Gas!“, rief Marco plötzlich. „Da kommt eine Blitzerstelle.“
„Wo denn? Ich seh nichts“, erwiderte Frank ohne zu bremsen.
„Wenn ich es sage“, brüllte Marco. „Mach schnell!“
Widerwillig nahm Frank den Fuß vom Gaspedal, aber weit und breit war kein Blitzer zu sehen. Plötzlich tauchten aus dem Nichts, hinter niedrigen Büschen versteckt, zwei Polizeiwagen auf. Es war zu spät – mit hundertvierzig Sachen rauschte der Cadillac an der Radarfalle vorbei.
„So ´ne Scheiße“, fluchte Frank. „Jetzt bin ich meinen Lappen los.“
„Komisch, ich hab keinen Blitz gesehen“, wunderte sich Jeff. „Habt ihr was bemerkt?“
„Ich hab auch nichts gesehen“, sagte Ali und drehte sich rasch um. „Mann Frank, hast du einen Dusel. Die bauen die Falle erst auf.“
„Bist du sicher?“
„Ja doch. Die holen die Geräte gerade raus.“
„Wenn die mich geblitzt haben, dann bin ich den Führerschein los“, wiederholte Frank geknickt.
Das Gespräch geriet ins Stocken. Frank war anzusehen, dass es ihm mies ging. Am liebsten hätte er auf de Stelle umgedreht und wäre zurück nach Hause gefahren.
„Woher wusstest du eigentlich, dass da eine Radarfalle kommt?“, wollte Frank etwas später von Marco wissen.
„Weiß ich auch nicht.“ Marco zuckte nur mit den Schultern. „Manchmal kann ich so was riechen.“
„Hauptsache es kam kein Blitz, Frank“, sagte Jeff, um den Tag noch zu retten. „Wir hätten den bestimmt gesehen.“
„Heute ist somit dein Glückstag, Frank“, sagte Ali schmunzelnd. „Dafür musst du uns im Space Cafe einen Drink ausgeben.“
„Okay. Aber alles muss unter uns bleiben“, erwiderte Frank. „Wenn mein Onkel davon erfährt, dann bekomme ich richtig Ärger. Das Auto ist so gut wie neu.“
„Klar doch“, brummelte Marco. „Wir erzählen nichts.“
„Außer Jerry“, sagte Jeff. „Der wird mich ausfragen.“
„Okay, der darf´s wissen“, antwortete Frank.
Still fuhren sie weiter.
„Mist“, sagte Frank nach kurzer Zeit. Die Geschichte ließ ihm keine Ruhe. „Ich hätte nicht so schnell fahren sollen.“
„Mach dir keinen Kopf, so was ist meinem Bruder auch schon mal passiert“, tröstete ihn Ali.
Frank machte das Radio an und ließ mexikanische Musik laufen, um sich während der Weiterfahrt etwas zu entspannen.
Jerry hatte den ganzen Nachmittag und den Abend an seinen Rechnern zugebracht. Diesmal war er es, der wie auf heißen Kohlen auf die Rückkehr seines Bruders wartete. Die Arbeit am PC ging ihm überhaupt nicht von der Hand. Ab und zu schaute er in den Garten oder auf die Straße, in der Hoffnung, dass Jeff den Weg entlang käme, um ihn aus diesem Zustand der Ungewissheit zu erlösen. Später am Abend nahm er Jeffs Rückkehr erst wahr, als die Eingangstür zuklappte. Er ging hinab, um seinen Bruder in Empfang zu nehmen.
„Da bist du endlich. Es ist schon nach einundzwanzig Uhr“, sagte er vorwurfsvoll.
Diesmal ließ Jeff seinen großen Bruder auflaufen, ging wortlos in die Küche und trank erstmal ein Glas Wasser.
„Wie war denn euer Spaziergang im Raketenwald?“, fragte Jerry neugierig.
Jeff reagierte immer noch nicht. Aus dem Wohnzimmer hörte man den Fernseher und gerade fielen ein paar Schüsse. Die Eltern schauten wohl einen Krimi. Aber wo war Mel?
„Übrigens hättest du dich mal melden können“, sagte Jerry.
„Hab ich versucht“, antwortete Jeff und nippte wieder am Glas. „Aber wir waren wohl in einem Funkloch.“
„Du willst mir weismachen, auf dem Flachland hier gäbe es Funklöcher? Erzähl lieber endlich, wie es war.“
„Pst!“, machte Jeff. „Doch nicht hier. Wer weiß wo Mel steckt. Wir gehen besser auf mein Zimmer.“
Jeff hatte sich für Jerrys Verhalten vor ein paar Wochen eine Retourkutsche vorbereitet. Und jetzt zog er sein Programm durch. Jerry sollte auch mal erleben, wie es ist, wenn man hingehalten wird.
„Ich bin hundemüde“, sagte Jeff dann oben und haute sich auf sein Bett. „Am liebsten würde ich gleich schlafen.“
„Das kommt nicht in Frage“, entrüstete sich Jerry. „Du kommst nicht früher ins Bett, bevor du nicht alles haargenau berichtet hast.“
Jeff zog eine verdrießliche Miene. Dabei freute er sich diebisch, wie gut es ihm gelang, seinen Bruder auf die Folter zu spannen.
„Also gut“, sagte er nachsichtig. „Dann erzähl ich jetzt. Es war eine sehr, sehr gute Idee, ins Space Center zu fahren. Obwohl – Frank wäre gleich am Anfang beinahe in eine Radarfalle geraten.“
„Echt?“
„Und das Auto war nur von seinem Onkel Jack geliehen.“
„Den kenn ich. Der ist ganz schön pingelig. Wo war das?“
„Auf dem Astronauten Boulevard, kurz vor der Brücke über den Banana River. Marco hat ihn zwar gewarnt, aber es wäre zu spät gewesen.“
„Was meinst du mit `wäre´?“
„Frank hatte Glück. Die Polizei war erst beim Aufbauen der Radarfalle, als Frank mit bestimmt hundertvierzig Sachen an ihnen vorbeirauschte.“
„Mit hundertvierzig? Nicht schlecht“, staunte Jerry. „Damit hätte er seinen Führerschein abgeben dürfen. Und obendrein hätten sie ihm eine ordentliche Geldstrafe aufgebrummt.“
„Ich muss aber zugeben, Frank hat Qualitäten“, sagte Jeff. „Für mich wäre der Tag gelaufen gewesen. Er hat sich dann aber bald gefangen, als wäre nichts gewesen.“
„Ich hab´s dir gleich gesagt, dass wir einen wie ihn brauchen. Wie lief es aber mit Ali?“, drängte Jerry. „Konntet ihr ihn irgendwie packen?“
„Wir haben gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen“, antwortete Jeff geheimnisvoll.
„Was heißt das schon wieder?“
„Das erklär ich dir gleich. Aber danach geh ich duschen und schlafen. Okay?“
„Abgemacht“, sagte Jerry rasch zu, damit Jeff sich beeilte.
„Also, wir waren etwa eine Stunde im NASA-Center. Ali sprach die meiste Zeit über Fußball und Autos. Aber die Ausstellung gefiel ihm auch gut. Wir gingen dann zum Nachbau der Kapseln und wollten uns reinsetzen. So wie du mit Frank. Und rate mal, wen wir da antreffen?“
„Hm? Keine Ahnung. Sag schon.“
„Chang“, antwortete Jeff.
„Du meinst nicht etwa Chang Liang, über den wir neulich gesprochen haben?“
„Genau den haben wir dort getroffen.“
„Das gibt´s doch gar nicht!“
„Das war reiner Zufall. Er war dort mit seinem Onkel Baihu, der bei der Firma `Food for Space´ arbeitet. Die forschen an neuen Nahrungsmitteln für den Weltraum. Für die ISS, für Raumflüge und so. Wusstest du das?“
„Nein, von der Firma hab ich noch nie gehört.“
„Der Onkel wollte ihm das Thema Raumfahrt näher bringen. Wir unterhielten uns kurz angeregt und Chans Onkel war hoch erfreut, dass wir uns dort so zufällig begegnet sind.“
„Das ist unglaublich“, staunte Jerry. „Wir müssten viel mehr miteinander reden. Wir wissen so wenig über die anderen Menschen um uns herum. Wie ging es denn weiter?“
„Wir fragten Chang, ob er mit uns ins NASA-Cafe kommen will. Aber er musste auf eine Familienfeier. Später hat dann Frank Ali gefragt, ob er gerne ins All fliegen würde.“
„Und – wie hat der reagiert?“
„Er war begeistert. Auf jeden Fall mehr als Marco. Frank hat ihm dann einige vage Hinweise auf unser Projekt gegeben.“
„Verflixt. Das war vielleicht zu früh“, wandte Jerry ein.
„Ich glaube nicht. Frank hat sich sehr vorsichtig ausgedrückt. Er wird Ali zum nächsten Treffen mitbringen.“
„Ich weiß nicht“, sagte Jerry nachdenklich. „Ich mach mir oft Sorgen, dass irgendwas durchsickert.“
„Ich sorge mich mehr um Marco“, stöhnte Jeff. „Er hat in der Schule wieder abgebaut. Natürlich vor allem in Mathe. Ich muss mit ihm nächste Woche viel lernen. Und jetzt geh ich wie versprochen duschen und danach gleich schlafen.“
***