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Frank Imatong

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Gleich am Donnerstag fuhr Jerry zeitig ins Training, in der Hoffnung, dort Frank anzutreffen. Jeff wartete den ganzen Abend ungeduldig auf seine Rückkehr. Kaum hörte er unten die Tür ins Schloss fallen, sprang er die Treppe hinunter und nahm Jerry in Empfang. Aber er hatte keine Gelegenheit ihn gleich auszufragen. Mel kam aus der Küche, blieb neben ihnen stehen, um dann langsam ins Wohnzimmer zu tänzeln.

„Wie war das Fußballtraining?“, fragte Jeff unverfänglich.

„Ganz gut“, antwortete Jerry. „Es gab allerdings zwei Verletzte. Komm, ich erzähl´s dir oben.“

Scheinbar zwanglos gingen sie auf Jerrys Zimmer und machten auf der Treppe ein paar unbedeutende Bemerkungen. Mel tauchte in der Wohnzimmertür auf und schaute ihnen nach.

„Und? War Frank da?“, erkundigte sich Jeff, kaum dass die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war.

„Ja. Ich hab ihn getroffen.“

„Konntest du ihn fragen?“

„Ja“, antwortete Jerry müde. „Konnte ich.“

„Und was sagt er?“, insistierte Jeff.

„Am Samstag in zwei Wochen fahren wir zusammen ins NASA Visitor Center. Der erste Schritt ist getan. Aber ich werde langsam nervös, wenn Projekt M wirklich klappen soll.“

„Ich dachte du hättest gar keine Zweifel“, antwortete Jeff und schaute Jerry erstaunt an.

„Wir könnten es schaffen, Jeff“, sagte Jerry. „Aber die Zeit läuft uns davon. Wir haben noch nicht einmal unsere Mannschaft zusammen. Das ist wie beim Fußball, damit steht und fällt alles. Und jetzt geh besser. Ich trau Mel nicht.“

Jeff verließ das Zimmer und traf seine Schwester an der Treppe. Sie wusste auf einmal nicht, ob sie vor oder zurückgehen sollte. Dann entschied sie sich und ging trotzig an Jeff vorbei auf ihr Zimmer.

`Sie wollte bestimmt an der Tür horchen´, dachte Jeff. `Jerry hat Recht. Wir müssen uns vor ihr in Acht nehmen.´

Jeff blieb am Samstag zwei Wochen später zu Hause, während Jerry mit Frank in das NASA Visitor Center fuhr. Jerry besaß seit einem Jahr den Führerschein und hatte sich den Wagen ihrer Mutter geliehen. Er hatte noch kein eigenes Auto, denn Igor war sparsam und hielt seine Söhne an der kurzen Leine. Jeff saß nun alleine auf seinem Zimmer, obwohl er eine Einladung zu einer Geburtstagsparty hatte. Er versuchte zu lernen, doch ständig drifteten seine Gedanken zu Jerry ab.

`Was er wohl gerade mit Frank macht?´, versuchte er sich immer wieder vorzustellen.

Am späten Abend konnte Jeff nur mit Mühe die Rückkehr seines Bruders abwarten. Ungeduldig schlich er durchs Haus, ging in die Küche, um zur Ablenkung etwas zu essen oder zu trinken. Dann sah er wieder aus dem Fenster, weil er glaubte, Jerry mit dem Auto zu hören. Aber es waren immer andere Fahrzeuge, die vorbeifuhren und nicht anhielten. Zum x-ten Mal schaute er auf seine Uhr. Es war nach zwanzig Uhr und Jerry noch immer nicht zurück. Jeff hielt die Anspannung kaum noch aus. Er versuchte Jerry über ihren sicheren Messenger zu kontaktieren – bekam aber keine Antwort. Danach jagte er Jerry noch zwei normale SMS an den Hals – wieder keine Reaktion. Frustriert rief er ihn direkt auf dem Handy an – doch Jerry drückte ihn einfach weg.

`So eine Frechheit!´, schimpfte Jeff und sah es als ein schlechtes Omen. `Wenn das so weiter geht, dann dreh ich noch durch.´

Erst bei Einbruch der Nacht rollte ein Auto vor das Haus der Strelas. Jeff erkannte nun auf Anhieb das leise Brabbeln von Mutters Beetle, rannte hinunter und nahm dabei drei Stufen auf einmal. Unten prallte er gegen die Tür, riss sie auf und stürzte hinaus. Jerry war soeben ausgestiegen – aber er war allein.

„Wo ist Frank?“, wirbelte Jeff um ihn herum. „Ich dachte du bringst ihn gleich mit. Oder – er macht nicht mit, stimmt´s?“

„Ich hab Frank zu Hause abgesetzt“, antwortete Jerry ruhig.

Jeff konnte nicht mehr warten. Er schaute sich um, ob sie jemand zufällig hören konnte. Es war niemand in der Nähe.

„Und was hat er gesagt? Macht er mit?“

„Moment“, beschwichtigte Jerry. „Eins nach dem anderen. Ich hab schon gesehen, dass du gesimst und angerufen hast. Aber es war unpassend.“

„So sag doch was“, bettelte Jeff. „Macht er mit?“

„Du solltest dich in Geduld üben, Jeff. Ich lerne Geduld beim Programmieren. Da könnte ich manchmal auch aus der Haut fahren, wenn es nicht so läuft, wie ich es will.“

„Auf deine Ratschläge bin ich überhaupt nicht neugierig“, zürnte Jeff. „Ich will nur wissen, ob er dabei ist.“

„Ich glaube, er macht mit“, sagte Jerry trocken und schaute sich auch um. „Aber wo sind Mel, Mutter und Vater?“

„Sie waren einkaufen“, antwortete Jeff. „Und dann riefen sie an, dass sie noch bei den Großeltern vorbeischauen werden.“

„Dann lass uns reingehen. Ich erzähl dir alles oben.“

Jerry trank in der Küche ein Glas Saft und Jeff beruhigte sich allmählich. Danach machten sie es sich auf Jerrys Zimmer gemütlich.

„Es war einfacher, als ich es mir vorgestellt hatte“, begann Jerry. „Eigentlich brachte mich Frank selbst auf die Idee.“

„Was für eine Idee?“

„Na die Idee, ins All zu fliegen.“

„Jetzt versteh ich nichts mehr“, sagte Jeff verwirrt. „Die Idee hatten wir doch.“

„Natürlich. Aber ich konnte sie ihm nicht gleich auf die Nase binden. Ich hab abgewartet und Frank kam dann von alleine drauf. Verstehst du jetzt?“

„Kapiert“, rief Jeff begeistert. „Da hätte ich dabei sein wollen.“

„Das war so: wir schauten uns die Ausstellung mit den Raumkapseln an und setzten uns in eine rein. Das war echt klasse! Wir müssen unbedingt auch hin. Ich meine ich, du und Marco. Die NASA hat alles komplett umgebaut. Es ist wirklich viel besser als noch vor ein paar Jahren.“

„Jerry, schweif nicht wieder ab“, bettelte Jeff. „Du machst mich heute wahnsinnig.“

„Na gut, damit du keinen Kollaps kriegst“, lachte Jerry. „Wir saßen also in der Kapsel. Die ist mit Instrumenten nur so vollgestopft. Wir müssen da -“

„Nicht schon wieder, Jerry“, unterbrach ihn Jeff. Mitleidvoll schaute Jerry seinen Bruder an, dann fuhr er fort.

„Da sagte Frank: `Mann! Jetzt einfach die Luke schließen und losfliegen. Das wär´s! In einer Stunde wären wir oben und würden die Erde umkreisen.´ Ich sagte darauf: `Das geht schneller. Wir wären schon in zehn Minuten in der Erdumlaufbahn.´ Und dann hab ich über die Raumfahrt erzählt. Frank war überrascht, dass ich so viel darüber weiß. Ich sagte ihm, dass ich später auf dem Gebiet arbeiten will und so weiter. Und dann fragte er mich, ob ich mir vorstellen könnte, dass ganz normale Leute wie wir zum Mond fliegen könnten.“

Jerry machte eine Pause und schaute Jeff an.

„Frank kam die gleiche Idee wie uns letzten Sommer. Weißt du noch?“

„Ich kann mich genau erinnern“, strahlte Jeff. „Wir waren im Garten und die Sternschnuppen flogen. Damals hatte ich dich das gefragt.“

„Ja. Ich hab dann mit Frank weiter über das Thema geredet. Wir fuhren nach Cocoa Beach, um was zu trinken. Unterwegs hab ich so nebenbei `unser Spiel´ erwähnt, dass wir zum Spaß einen Flug zum Mond durchrechnen. Er war sofort Feuer und Flamme und hat gefragt, ob er mitmachen kann.“

„Ich hätte nicht gedacht, dass das so leicht laufen kann“, sagte Jeff erstaunt. „Aber du hättest mich anrufen können, sogar müssen. Ich war schon am verzweifeln.“

„In zwei Wochen haben wir unser nächstes Treffen, Jeff. Dann schon mit Frank“, antwortete Jerry unbeeindruckt. „Wir müssen besprechen, wen wir noch mitnehmen können. Ich hoffe, dass Frank hat auch eine Idee. Aber das nächste Mal bist du mit dem rekrutieren dran, Jeff.“

„Du meinst, ich soll dann so eine Show abziehen wie du?“

„Klar. Das Rezept ist gut. Und weißt du was das Beste war?“

„Keine Ahnung.“

„Frank fragte mich, ob ich nur deshalb mit ihm zum Rocket Garden gefahren bin, um darüber reden zu können.“

„Wieso soll das das Beste sein?“, wunderte sich Jeff.

„Das zeigt doch, dass Frank mitdenkt. Das gefällt mir.“

Im Erdgeschoss ging die Tür auf, ihre Eltern kamen zurück.

„Warum hast du das Auto vor dem Haus geparkt, Jerry?“, fragte Igor, als seine Söhne hinunter kamen, um beim Aufräumen des Einkaufs zu helfen. Es war üblich, dass alle dabei halfen, damit jeder wusste, wo es was im Hause gab. Eine der vielen Familienregeln. „Willst du noch weg?“

„Nein, Vater“, erwiderte Jerry. „Ich fahr Mutters Wagen nachher in die Garage.“

***

Blaues Gold

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