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Die Mannschaft steht

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Die erste Vollversammlung zu sechst fand an einem Sonntag Anfang Juni statt. Frank hatte endlich einen spielfreien Nachmittag. Ab Mitte Mai waren die Tage mit über zwanzig Grad Celsius angenehm warm und es regnete auch kaum. Jeff und Marco waren auf die erste Begegnung mit Ali und Chang sehr gespannt.

„Okay, jetzt ist unser Team vollzählig“, eröffnete Jerry die Sitzung im Moore Park.

Chang war erst soeben eingetroffen. Er hatte aus Cocoa eine lange Anreise.

„Unser erstes Gesamtmeeting dient auch dazu, dass wir uns besser kennenlernen. Und wir werden über Regeln reden, an die sich alle halten müssen. Eine Art Verhaltenskodex. Wir werden ausgiebig über Projekt M sprechen und über Aufgaben, die zu verteilen sind. Ich glaube, wir alle wissen, dass das, was wir vorhaben, keine Kaffeefahrt sein wird.“

„Was ich bisher erfahren hab, hörte sich immer einfach an“, sagte Ali skeptisch. „Um ehrlich zu sein, ich kann mir nicht vorstellen, dass es wirklich so glatt laufen wird.“

„Du hast recht“, bestätigte Jerry. „Mit Worten allein wird es nicht getan sein. Wir müssen bereit sein, Opfer zu bringen und viel Zeit und Energie zu investieren.“

„Ich kann mir auch kein richtiges Bild machen“, schloss sich Chang Alis Einwand an. „Wir können doch nicht einfach zur NASA gehen, nachfragen, ob das Raumschiff aufgetankt ist, Schlüssel nehmen und tschüß.“

„So einfach wird es nicht sein“, erwiderte jetzt Jeff. „Aber wir werden nicht fragen. Und voll getankt wird die Kiste sein, am Tag Null, wenn wir abheben.“

Jeff regten die Einwände auf. Unruhig rutschte er hin und her.

`Warum sind sie überhaupt hier, wenn sie nicht an Projekt M glauben?´, fragte er sich.

„Lasst mich zunächst erzählen“, ergriff Jerry wieder das Wort. „Wir können alle Fragen zum Schluss diskutieren.“

Alle stimmten dem Vorschlag zu.

„Meiner Schätzung nach sind wir bald mitten in der Projektarbeit. Die Programme, die ich kodiere, sind bald so weit, dass ich sie live testen kann. Die Skripte mache ich alleine, da kann mir keiner helfen. Aber ab jetzt ist die Mitarbeit von jedem von euch wichtig. Wir müssen uns auch körperlich und mental fit machen. Das heißt, wir werden trainieren und ständig Neues lernen. Das Gelernte müssen wir verarbeiten, indem wir üben, üben und nochmals üben.“

„Das kann ja heiter werden“, murmelte Ali und ließ seine Augenbrauen tanzen. Jerry fuhr fort.

„Die echten Astronauten sind nur wegen eines intensiven Trainings gut in Form. Ich hab Aufzeichnungen von früheren Missionen und beobachte die laufenden Programme. Am Ende des Tages müssen wir da oben das machen, was die Jungs auch tun würden. Also müssen wir jeden Griff so lange üben, bis er sitzt. Daran führt kein Weg vorbei.“

Die ernsten Ansagen zeigten Wirkung, keiner sagte auch nur ein Wort. Jerrys Augen wanderten von einem zum anderen.

„Fehler können wir uns unterwegs im Weltall nicht erlauben. Ein einziger Fehler kann einen von uns töten, oder noch besser, uns alle. Ist euch das klar?“

Jerrys Worte führten ihnen die Tragweite ihres Vorhabens vor Augen. Ab einem bestimmten Zeitpunkt würde Projekt M kein Spiel mehr sein. Chang rieb sich nachdenklich am Kinn.

„Das ist dann eine ernste Angelegenheit“, unterbrach er die Stille. „Können wir das in der verbliebenen Zeit überhaupt stemmen?“

„Wir haben etwa zwei Jahre bis zum geplanten Start. Aber wir müssen uns ran halten. Heute sind wir hier versammelt, weil wir sechs zusammen zum Mond fliegen wollen. Und ich frage euch: ist jeder bereit, hart an diesem Ziel zu arbeiten?“

Jerry wandte sich an Jeff, der links neben ihm saß.

„Jeff, dich frage ich zuerst: bist du dazu bereit?“

„Was soll die Frage? Das weißt du doch.“

„Ich meine es ernst, Jeff. Und ich will, dass du vor uns allen – so wie wir hier sitzen – antwortest.“

Jeff schaute seinen Bruder verständnislos an. Aber dann antwortete er mit deutlicher Stimme:

„Ja, ich bin bereit.“

„Sehr gut“, sagte Jerry und nickte. „Marco, jetzt frage ich dich: bist du bereit?“

Marco schluckte, doch dann antwortete auch er:

„Ja, ich bin bereit.“

„Frank, bist du bereit?“

„Klar“, sagte Frank mit fester Stimme. „Ich bin bereit.“

„Ali, bist du bereit?“

Ali saß Jerry schräg gegenüber und starrte auf den Rasen. Sein schlanker Körper zitterte vor Spannung. Er setzte sich gerade auf und schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, bohrte sich sein stechender Blick direkt in Jerrys Augen.

„Ja, ich bin auch bereit“, sagte er.

Jerry schluckte seine Nervosität hinunter, bevor er den Letzten in der Runde fragte. Bei Chang war er sich immer noch nicht ganz sicher.

„Chang, wie ist es mit dir? Bist du bereit?“

Chang strich sich mit der Linken über seine wenigen Bartstoppeln am Kinn. Seine Augen wanderten von einem zum anderen, so als würde er sie prüfen und in die Zukunft sehen wollen. Die längste Minute des Tages schien nicht enden zu wollen. Nur ein Rotkardinal trällerte im nahen Gebüsch sein Lied. Chang atmete tief durch.

„Ich glaube, wir schaffen es. Ich bin auch bereit“, sprach er endlich die befreienden Worte.

Jerry sprang auf, die anderen taten es ihm intuitiv nach.

„Jungs, darauf lasst uns einschlagen“, rief er. „Das wird ab jetzt unser Ritual sein.“

„Du meinst, so ´ne Abfragerei?“, hakte Marco skeptisch nach.

„Nein“, lächelte Jerry. „Nur das Abklatschen.“

Einer nach dem anderen legte seine Hand auf Jerrys ausgestreckte Rechte, dann klatschten sie von unten nach oben ab.

„So, das hätten wir hinter uns“, sagte Jerry zufrieden. „Dann kicken wir erst einmal eine Runde. Ich spiele mit Marco und Chang gegen den Rest.“

„Ich soll mit dir spielen?“, wunderte sich Marco.

Es überraschte ihn, dass Jerry gerade ihn in seiner Mannschaft haben wollte.

„Na klar. Oder willst du verlieren?“, antwortete Jerry.

„Du glaubst doch nicht, dass ich dich wie neulich gewinnen lasse“, frotzelte Frank.

„Wir spielen mit fliegendem Torwart“, sagte Jerry.

„Alles klar“, rief Ali, schnappte sich den Ball und lief zum Südtor. So sicherte er sich schon mal den Vorteil, nicht gegen in die Sonne schauen zu müssen. Ihr Spiel dauerte fast eine Stunde – länger als Jerry geplant hatte. Sie scherzten viel und tasteten sich dabei vorsichtig ab. Jerry beobachtete jeden aufmerksam und überprüfte seine Meinung, die er von jedem inzwischen hatte. Bald mussten Aufgaben verteilt werden. Jerry wollte eine gute Vorstellung haben, wer für welche Aufträge am besten geeignet sein würde.

„Du hast vorher was von Regeln erzählt“, sagte Chang sauer am Ende. Er und Marco hatten mit Jerry drei zu sieben verloren. „Ist das auch so eine Regel, dass wir mit dir haushoch verlieren sollen?“

„Nein“, lachte Jerry. „Aber wenn Ali und Frank in einer Mannschaft sind, da hat wohl keiner eine Chance.“

Nach dem Spiel sprachen sie noch ausgiebig über Projekt M. Die beiden Neulinge, Ali und Chang, hatten viele Fragen.

***

Blaues Gold

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