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b) Besonderheiten aa) Anfechtungsgrund

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(1) Nicht ohne Relevanz ist eine Anfechtung nach § 119 II BGB. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber einem Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften unterliegt. Verkehrswesentliche Eigenschaften einer Person bestehen neben ihren körperlichen Merkmalen auch in ihren tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen und Beziehungen zur Umwelt, soweit sie nach der Verkehrsanschauung für die Wertschätzung und die zu leistende Arbeit von Bedeutung sind.[116]

Eine bloße Fehlvorstellung über die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers genügt hierfür nicht, anders aber Irrtümer über die formelle fachliche Vorbildung oder sonstige (z.B. gesundheitliche) Mängel des Arbeitnehmers, die die ordnungsgemäße Erbringung der Arbeitsleistung unmöglich machen oder erheblich beeinträchtigen.[117] Eine Vorstrafe kann Rückschluss auf die für das Arbeitsverhältnis erforderliche Vertrauenswürdigkeit erlauben; Voraussetzung ist aber, dass sie für den Arbeitsplatz „einschlägig“ ist und bei Vertragsschluss nicht bereits die Tilgungsfrist aus dem BZRG abgelaufen war (s. näher Rn. 126).

Die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers darf grundsätzlich nicht als verkehrswesentliche Eigenschaft gewertet werden, würde man ihn dann doch § 164 II SGB IX zuwider benachteiligen; etwas anderes gilt, wenn die Abwesenheit der Behinderung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung i.S.v. § 8 AGG darstellt, eine Benachteiligung also gerechtfertigt wäre.[118]

Auch die Schwangerschaft ist nach einhelliger Meinung keine verkehrswesentliche Eigenschaft, was verbreitet mit der vorübergehenden Natur dieses Zustands begründet wird.[119] Das gilt nach wenig überzeugender h.M. selbst dann, wenn die Schwangere nur befristet eingestellt werden soll (s. Rn. 136).

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(2) Von besonderer Relevanz ist die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 I Alt. 1 BGB). Unbedingt zu beachten ist, dass neben Täuschung (= Hervorrufen oder Aufrechterhaltung eines Irrtums)[120] und Arglist (= [bedingter] Vorsatz hinsichtlich der Täuschung)[121] die Widerrechtlichkeit der Täuschung geprüft werden muss.[122] Hier werden die Grundsätze zum Fragerecht des Arbeitgebers relevant (näher Rn. 118 ff.), ist die Täuschung durch den Bewerber doch nicht widerrechtlich, wenn der Arbeitgeber nach dem betreffenden Umstand nicht fragen durfte und auch keine Offenbarungspflicht des Bewerbers bestand.

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In Fall 5 hätte der pädophile P seine sexuelle Neigung ungefragt offenlegen müssen. Indem er dies nicht tat, beging er eine arglistige Täuschung durch Unterlassen, die A grundsätzlich zur Anfechtung berechtigt. (Fortsetzung Rn. 181)

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(3) Eine Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung (§ 123 I Alt. 2 BGB) erscheint bei Abschluss des Arbeitsvertrags kaum praktisch denkbar. Wichtig ist sie hingegen bei Änderungsverträgen und v.a. Aufhebungsverträgen (s. Rn. 1124 ff).

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