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I. Einigung

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Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der (wirksame) Arbeitsvertrag (zur Frage, was geschieht, wenn dieser nichtig ist, vgl. Rn. 186 ff.). Als Unterfall des Dienstvertrages kommt dieser wie jeder andere Vertrag auch durch zwei korrespondierende Willenserklärungen (Angebot und Annahme) zustande, es gelten im Grundsatz die allgemeinen Regelungen des BGB AT (insb. §§ 145 ff. BGB). Eine Stellenausschreibung durch den Arbeitgeber oder die Einladung zu einem persönlichen Vorstellungsgespräch stellt ebenso wenig ein bindendes Angebot dar wie es umgekehrt die Übersendung einer Bewerbung tut; vielmehr handelt es sich hierbei jeweils nur um eine invitatio ad offerendum.[80]

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Erforderlich ist, dass sich die beiden präsumtiven Vertragspartner wirksam auf die essentialia negotii einigen, sprich über die vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitsleistungen einerseits, den dafür im Gegenzug vom Arbeitgeber zu erbringenden Arbeitslohn andererseits. In diesem Kontext sind drei Besonderheiten zu beachten, die verhindern sollen, dass ein wirksamer Vertragsschluss an einem Einigungsmangel über die essentialia negotii scheitert:

Fehlt eine Entgeltabrede insgesamt, so gilt nach § 612 I BGB „eine Vergütung […] als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist“. Damit wird zwar nach zutreffender Auffassung nicht das Vorliegen eines Dienstvertrages fingiert,[81] es wird aber verhindert, dass der Vertragsschluss an der fehlenden Entgeltabrede scheitert (was anderenfalls wegen eines offenen Dissenses der Fall wäre, § 154 I 1 BGB). Ob eine „Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist“ hängt v.a. vom Umfang und der Dauer der Dienste, der Verkehrssitte und den Berufs- und Erwerbsverhältnissen des Dienstleistenden ab.[82] Entscheidend ist ein objektiver Maßstab, nicht die subjektiven Vorstellungen der Beteiligten.[83] Wenn die erbrachten Dienstleistungen zum Beruf des Dienstleistenden zählen, kann regelmäßig nicht von einer unentgeltlichen Dienstleistung ausgegangen werden.[84] Umgekehrt kann bei reinen Gefälligkeiten regelmäßig keine Vergütung erwartet werden (näher zu § 612 Abs. 1 BGB s. auch Rn. 370 ff.).
Waren sich die Parteien zwar über die Entgeltlichkeit der Dienstleistung einig, haben sie aber nicht die (konkrete) Höhe der Vergütung vereinbart, scheitert auch daran der Vertragsschluss nicht, greift in diesem Fall doch § 612 II BGB ein. Er ist sowohl anwendbar, wenn die Parteien überhaupt keine Abrede über die Höhe der Vergütung getroffen haben, als auch, wenn sie zwar eine Abrede trafen, diese aber – z.B. wegen Sittenwidrigkeit – nichtig ist (vgl. Rn. 391 ff.).[85] Als Auslegungsreglung[86] gibt er vor, dass in diesem Fall entweder eine Taxe oder, so eine solche nicht existiert, die „übliche Vergütung“ als vereinbart anzusehen sei. „Taxen“ sind staatlich festgesetzte Vergütungssätze (z.B. im RVG für Rechtsanwälte oder in der GOÄ für Ärzte). „Üblich“ ist die Vergütung, die am gleichen Ort in gleichen oder vergleichbaren Berufen für vergleichbare Arbeit unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers (insb. Familienstand, Unterhaltsverpflichtungen, Dauer der Betriebszugehörigkeit) bezahlt zu werden gepflegt wird; das ist i.d.R. der übliche Tariflohn.[87] Existiert weder eine Taxe noch eine übliche Vergütung, so ist vorrangig zu prüfen, ob die Vergütungshöhe durch ergänzende Vertragsauslegung bestimmt werden kann;[88] ist auch das nicht möglich, wird man ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitnehmers (§§ 316, 315 I BGB) annehmen können, wobei er bei dessen Ausübung nach billigem Ermessen handeln muss (§ 315 III BGB).[89]
Fehlt eine Einigung über den konkreten zeitlichen Umfang der Arbeitsleistungspflicht, so scheitert auch daran – trotz Fehlens einer § 612 BGB vergleichbaren Regelung – der Vertragsschluss nicht. Vielmehr ist im Zweifel ein Vollzeitarbeitsverhältnis anzunehmen, dessen Umfang entweder durch einen Rückgriff auf Tarifrecht oder die betriebsübliche Arbeitszeit zu ermitteln ist.[90]

§ 4 Anbahnung und Begründung des Arbeitsverhältnisses › B. Abschluss des Arbeitsvertrags › II. Wirksamkeitshindernisse

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