Читать книгу kinda bitch - Ralf During - Страница 14
Dr. Bierfang
ОглавлениеAlexander holte Rebecca kurz nach vier ab und gemeinsam trafen sie sich mit seinem Vater in dem kleinen italienischen Restaurant nahe des Polizeipräsidiums.
Alexanders Vater, Dr. Ludger Bierfang, hatte seiner Sekretärin nichts von diesem Treffen gesagt und sah auch davon ab, den für die übrigen Bewerberinnen erstellten Fragebogen mitzunehmen. Er vertraute seinem Sohn, der zumindest in punkto Frauen den Geschmack des Vaters kennen dürfte. Er sollte nicht enttäuscht werden.
Er nickte seinem Sohn unmerklich zu, als er die ausgestreckte Hand Rebeccas ergriff, lächelnd an ihr herabsah und sie herzlich willkommen hieß. Alexander hatte sich bereits gesetzt und suchte nach dem Kellner, der dienstbeflissen mit den Menükarten bereit stand. Bierfang arbeitete seit knapp zwei Jahren als Polizeipräsident in Gottesacker. Ein Quereinstieg, nachdem er mehr als ein Jahrzehnt Oberstaatsanwalt in der Landeshauptstadt war. Er hatte sich dem Minister verpflichtet gefühlt, den er noch aus den gemeinsamen Zeiten kommunalpolitischer Jugendarbeit kannte und der diese Personalstelle nicht dem Zufall oder noch schlimmer dem Parteienproporz überlassen wollte. Darin ähnelten sie sich, weshalb es auch Bierfang vorzog, sich sein Spielzeug selbst auszusuchen.
Rebecca rechnete sich Dank der Freundschaft zu Alexander gute Chancen auf diese Stelle aus und versuchte ihn auf dem Weg zum Lokal über seinen Vater auszufragen. Doch Alexander hielt sich bedeckt, nicht zuletzt, weil er Rebeccas Diskretion misstraute. Allerdings war ihre Nervosität unbegründet.
Bierfang gefiel sich in der Rolle des situierten Charmeurs und ließ Rebecca kaum zu Wort kommen. Tatsächlich war ihm auch wenig an deren Qualifikationen gelegen. Vielmehr galt es, bis Jahresende noch verfügbare Haushaltsmittel zu versenken, was ihn auf die Idee einer eigenen Assistenzstelle brachte. Dass er sich seine Mitarbeiterin an der Personalabteilung vorbei aussuchte, war da nur konsequent, und Rebecca wusste zu überzeugen. Ihr erster Eindruck war deshalb nicht ganz unschuldig an seinem etwas zu lauten Lachen über das eben von ihr Gesagte. Alexander agierte als Statist und wartete auf das Ende des ihm peinlichen Balztanzes seines Vaters.
Rebecca schien die ihr zuteil werdende Aufmerksamkeit zu genießen. Zumindest spielte sie mit und auch die plötzlich wie versehentlich auf ihrem Bein liegende Hand Dr. Bierfangs änderte nichts an ihrer Bereitschaft, für diese Stelle mit wem auch immer zu flirten.
»Ich sehe schon, Sie sind ein echter Teamspieler«, zwinkerte ihr Bierfang lächelnd zu und ließ sich die Rechnung kommen. »Fast möchte ich sagen, willkommen im Team, aber ein bisschen hat die Verwaltung da auch noch mitzureden, doch das letzte Wort habe ich«, machte er Rebecca beim Abschied Hoffnung, klopfte seinem Sohn auf die Schulter und spürte beim Betreten seines Sekretariats wenige Minuten später, dass der angenehme Teil des Tages vorüber war.
Rebecca verabschiedete sich noch in der Stadt von Alexander, drückte ihm einen flüchtigen Kuss auf den Mund und ließ ihn überrascht stehen. Sie war ein gutes Stück vorangekommen, und Alexander hatte seine Pflicht getan. Ein weiterer Kontakt war vorerst unnötig, auch wenn dieser noch Stunden darüber nachdachte, ob Rebecca bemerkt hätte, wie gern er diesen Kuss erwidert hätte. So lag ihm auch nichts an einer Rückkehr in die WG. Es wäre ihm schwergefallen, auf Nachfragen nach diesem Treffen den Kuss unerwähnt zu lassen, und das würde weder bei Levi noch den anderen besonders gut ankommen. Außerdem wartete zuhause Katharina, der er sich selten so fern fühlte wie an diesem Nachmittag.
Wenig gut fühlte sich auch Nina, die krank im Haus ihrer Eltern in ihrem früheren Zimmer lag und auf ihre Mutter mit Tee und einem zweiten Paar Socken wartete. Sie war nach dem nächtlichen Spaziergang mit Paul in der Nacht wach geworden. Sie hatte von fauligem Fisch geträumt und musste sich kurz darauf in der kalten Wirklichkeit ihres Bades übergeben. Der Fisch war verschwunden, aber eine fiebrige Erkältung kündigte sich an, wenn nicht Schlimmeres. Als sie am Morgen ihrer Mutter am Telefon davon erzählte und nach möglichen Medikamenten fragte, beorderte diese Nina ins elterliche Haus, was sie nur zu gern annahm.
»Bleibt die jetzt den Rest der Woche hier?«, hörte sie Emily vor der Tür leise ihre Mutter fragen.
»Die ist deine Schwester und bleibt, solange sie krank ist und bleiben mag, gewöhn dich daran«, war deren knappe Antwort, und Nina dankte es ihrer Mutter leise.