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AIDAN 12. Kapitel

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Ich weiß nicht mehr, wie lange ich da stand und auf die Hintertür der Hütte starrte, in die Roxy verschwunden war, aber irgendwann rannte ich davon.

Eigentlich wollte ich Hilfe holen, Dad oder sonst jemandem sagen, was passiert war, und alles wäre wieder gut, doch in meiner Panik verirrte ich mich im Wald.

Schon klar, der Wald ist nicht besonders groß, aber es gab keine Wege, und ich lief kreuz und quer, kam mindestens zweimal wieder am großen Ginsterbusch vorbei, bevor ich bergauf lief, was ja auf jeden Fall die richtige Richtung war.

Eine gute Stunde später kam ich schwitzend, verdreckt, keuchend und verängstigt oben am Hang raus, nicht weit von Roxys »Garage«. Ich rannte auf unser Haus zu und da war sie.

Mit offenem Mund glotzte ich Roxy an, die ganz entspannt im Eingang ihres Containers unter dem flackernden AGE-Schild saß. Sollte sie nach der Begegnung mit der Hexe nicht ein wenig traumatisiert wirken? Das war sie nicht die Bohne.

»Dein Vater war hier«, sagte Roxy. »Na, dahinten hat er über den Zaun geschaut. Netter Typ. Heißt Ben.«

»Ja, Roxy, das weiß ich. Er ist mein Vater.« Ich war fix und fertig. Und ich wollte wissen, was mit ihr geschehen war.

»Mir geht’s gut«, sagte sie, »falls du deshalb so seltsam aussiehst.«

»Tu ich das?«

Mit schief gelegtem Kopf musterte sie mich, überlegte.

»Ja. Du bist völlig verdreckt, hast Blätter in den Haaren und dein Gesicht ist rot und verschwitzt. Finde ich schon seltsam.«

»Aber was ist mit dir? Was ist passiert?«

»Also …«, setzte sie an, wurde aber unterbrochen.

»Da bist du ja«, sagte Dad und steckte den Kopf über den Zaun, der ihm bis unters Kinn reichte. »Mensch, was ist denn mit dir los? Du siehst aus, als hätte man dich rückwärts durch die Hecke gezogen!«

Das kam der Wahrheit bedeutend näher, als mir lieb war.

Aber warum? Warum sagte ich in dem Moment nicht:

»Dad, du glaubst ja nicht, was gerade passiert ist! Ich und Roxy (darf ich vorstellen? Roxy, mein Vater. Dad, Roxy) sind im Wald auf ein ganz unglaubliches Haus gestoßen. Wusstest du davon? Es ist wirklich gut versteckt. Und darin lebt diese Frau, die Roxy für eine Hexe hält, was sie natürlich nicht ist, auch wenn sie so aussieht! Jedenfalls ist Roxy bei ihr im Hof gelandet und hat sich den Kopf angestoßen, aber sie scheint nichts weiter zu haben. Ist das nicht cool, Dad?«

Doch das sagte ich nicht. Und ich glaube, ich weiß auch, warum.

Abgesehen davon, dass wir unerlaubt eingedrungen waren – das Schild und der Stacheldraht hatten schon dafür gesorgt, dass ich bei dem Abenteuer kein bisschen entspannt war –, verunsicherte mich, dass Roxy sich so locker gab. Mir war aufgefallen, dass sie hinterm Ohr am Haaransatz einen dicken Verband trug.

Deshalb hatte ich das Gefühl, dass es hier vielleicht um mehr ging. Und dass ich es vielleicht vermasseln würde, wenn ich zu viel preisgab.

Außerdem hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich Roxy nicht zu Hilfe geeilt war und nur reglos wie eine Schaufensterpuppe im Gras gelegen hatte, während die blutende Roxy in die fremde Hütte getragen worden war. Das hätte Dad ganz sicher nicht gefallen.

Und deshalb log ich – und ich bin wohl der weltschlechteste Lügner. Als Dad »rückwärts durch die Hecke gezogen« sagte, schüttelte ich mich vor Lachen.

»Ja, klar! Habe ein bisschen die Gegend ausgekundschaftet, Dad! Habe mich verlaufen, aber nichts passiert, keine gebrochenen Knochen. Haha!«

Dad schaute mich merkwürdig an. »Jetzt aber zack, zack nach Hause. Ich brauche deine Hilfe bei den Fußbodenleisten.« Damit drehte er sich um und ging.

Na toll, dachte ich. Weiter renovieren. Bei unserem Einzug war das Haus in keinem guten Zustand gewesen.

Als er weg war, sagte Roxy: »Du bist ein miserabler Lügner, Aidan. Wenn man schlechte Schauspieler prämieren würde, könntest du sämtliche Preise einheimsen. Ich glaube sogar …«

»Ja, ja, schon gut. Vielen Dank auch. Es hat ja funktioniert. Was ist denn jetzt mit dir passiert?«

Im Container setzte sich Roxy hinter ihren ramponierten kleinen Schreibtisch. Ihre Finger waren vor dem Mund zu einem Dach gefaltet, die Ellenbogen aufgestützt. Jede Wette, dass sie cool und einschüchternd wirken wollte, aber dafür war sie zu klein und schmuddelig. Vielmehr wirkte sie wie ein Kind, das eine strenge Direktorin mimte.

»Es ist seltsamer, als wir dachten«, sagte sie.

»Es ist seltsamer, als du dachtest«, erwiderte ich. »Für mich sind es lediglich eine Frau und ihr Kind, die ein abgeschiedenes Leben geführt haben, bis du in ihren Hof geplumpst bist.«

»Die Frau hatte eine Katze, einen Kessel und einen Besen.« Roxy zählte es an den Fingern ab und nickte jedes Mal, als wäre damit alles bewiesen.

»Nein, Roxy. Sie hatte einen Kochtopf, eine schwarz-weiße Katze und einen … was weiß ich … einen Feger wie alle.«

»Aber du weißt ja nicht, wie es drinnen aussah.«

»Nein, aber ich habe gehofft, du würdest es mir sagen. Und wie geht es überhaupt deinem Kopf?«

Roxy fasste sich vorsichtig hinters Ohr und verzog das Gesicht. »Ist okay. Tut nicht mehr weh. Sie hat da so eine Tinktur draufgeschmiert.«

»Du meinst eine Zaubertinktur«, spottete ich.

Mit zusammengekniffenen Augen sah sie mich an. »Wenn du dich nur über mich lustig machen willst, dann verschwinde aus meiner Garage.« Sie zeigte mit dem Finger zur Tür.

Ich seufzte. »Tut mir leid. Aber … du weißt doch, dass es keine Hexen gibt. Keine Zauberei. Alles bloß Geschichten, das weißt du, oder?« Ich meinte es ernst und gab mir Mühe, sie nicht glauben zu lassen, ich wollte sie verspotten.

Roxy entspannte sich sichtlich. »Klar weiß ich das. Oder wenigstens wusste ich es.«

Sie holte einen Laptop unter dem Schreibtisch hervor und klappte ihn auf. Roxy drückte ein paar Tasten und ein Film begann. Und da fiel mir die Kinnlade runter. Also fast. Ihr wisst schon, wie ich das meine.

Der 1000-jährige Junge

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