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AIDAN 16. Kapitel

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Es war nach Mitternacht, als die Feuerwehrsirenen losgingen. Ich stand auf und schaute aus dem Fenster. Obwohl das Feuer im Wald ein ganzes Stück entfernt war, rutschte mir das Herz in die Hose. Sein Schein war so hell, dass er den Himmel erleuchtete.

Ich wusste sofort, was da brannte.

»Dad! Dad!«, rief ich.

»Mein Gott!«, hörte ich. »Was für eine Feuersbrunst.« Als ich mich umdrehte, stand Onkel Jasper nur mit Schlafanzughosen bekleidet hinter mir an einen Stapel Umzugskartons gelehnt, die noch nicht ausgepackt waren.

Durch das Fenster zog Rauchgeruch, also schloss ich es.

»Da steht ein Haus, weißt du«, sagte ich. »Im Wald.«

»Ach ja? Dann sind die Leute hoffentlich in Sicherheit. Grässliche Sache, so ein Feuer.« Jasper kratzte sich am Bart, und dann wanderten seine Finger weiter zum Hals und zur Brust, wo die Haare fröhlich weiterwucherten. Der Bart hörte eigentlich nie richtig auf, verschmolz einfach mit der restlichen Körperbehaarung.

Unten klingelte es an der Haustür. Das ist bestimmt Roxy, dachte ich.

Doch Dad öffnete nicht Roxy, sondern einem Feuerwehrmann die Tür. Und während ich nach unten stürmte, unterhielten sie sich. Durch den Spalt sah ich ein Feuerwehrauto mit blinkendem Blaulicht.

»Tut uns leid, dass wir Sie wecken, Sir, aber wir müssen an Ihrem Haus entlang einen Schlauch legen. Falls sich das Feuer ausbreitet, sind auch die Häuser ringsum in Gefahr, da müssen wir die Bäume tränken«, sagte er.

Der Feuerwehrmann ging wohl nicht davon aus, dass wir uns widersetzen würden, denn seine Kollegen entrollten bereits den Schlauch und schlossen ihn an den Hydranten vor unserem Haus an.

»Keinen Grund zur Sorge, mein Junge«, sagte der Feuerwehrmann zu mir. »Reine Vorsichtsmaßnahme.«

»Was ist mit dem Haus? Die Hexe … das Haus im Wald? Was ist mit den Leuten?«

»Darüber weiß ich nichts, mein Junge. Nun entschuldige mich.« Er wandte sich den Männern zu, die bereits durch die Gerümpel-Gasse liefen und Platz schufen.

Er log, das wusste ich gleich, und ich hatte Angst.

Ich stand auf dem Gehweg vorm Haus und sah den Feuerwehrleuten zu. Da entdeckte ich Roxy, die im kurzen Schlafanzug zitternd in der Tür stand und an ihrem Verband fummelte. Unsere Blicke trafen sich, und wir wussten, was der andere dachte. Ich winkte sie zu mir, denn ich wollte mit ihr darüber reden, was hier gerade passierte, ob wohl das Haus der Hexe brannte und ob jemand verletzt war oder Schlimmeres …

Doch Roxy schüttelte den Kopf und deutete nach oben, mit den Lippen formte sie das Wort »Mum«.

Dann war plötzlich meine Mutter hinter mir.

»Komm, Aidan. Steh hier nicht im Weg rum. Wenn du zusehen willst, schau oben vom Fenster zu.«

Draußen standen eine Menge Nachbarn in Hausschuhen auf der Straße und sahen dem Spektakel zu. Einer mehr oder weniger machte nun wirklich keinen Unterschied, aber ich hatte keine Lust auf Diskussionen.

Vom Schlafzimmerfenster aus entdeckte ich einen weiteren Feuerwehrwagen mit einer riesigen Leiter, die ausgefahren sogar noch die Häuser überragte. Der Feuerwehrmann, der sie bestieg, gab den anderen am Boden Anweisung, wie sie den Schlauch ausrichten sollten, und dann ergoss sich eine gewaltige Wasserfontäne über die Bäume, bis sie triefend nass waren.

Inzwischen wurde das orangerote Leuchten des Feuers immer größer, breitete sich aus und rückte näher. Als ein Baum umfiel, gab es einen Funkenregen, und kurz darauf ging das nächste Waldstück in Flammen auf, wohl weil das trockene Laub am Boden Feuer gefangen hatte.

Dad kam zu mir ins Zimmer. »Pack ein paar Sachen in die Sporttasche. Die Feuerwehrleute meinen, wir werden vielleicht evakuiert.«

Verständnislos blickte ich ihn an.

»Evakuieren. Das Haus verlassen. Zur Sicherheit. Zack, zack.«

»Aber … wir sind doch hier in Sicherheit«, protestierte ich.

»Nicht, wenn das Feuer noch näher rückt. Schau mal.« Dad zeigte zu einem Baum nicht weit von unserem Haus, an dessen Stamm schon kleine Flammen züngelten. Die Äste fingen bereits Feuer, bis die Feuerwehr den Schlauch darauf richtete und die Flammen erloschen.

Ich zog mir ein Paar Jeans über den Schlafanzug und fand noch einen dicken Pulli.

Grace Darling Close ist eine Sackgasse, die in einem Rondell endet. Die Straße hatte sich schon ordentlich mit Menschen und Fahrzeugen gefüllt. Susi und Prudi, die beiden Ladys von nebenan, trugen die gleichen blauen Nachthemden. Susi hielt einen kräftigen roten Kater auf dem Arm, der sehr miesepetrig guckte und jeden Feuerwehrmann anfauchte, der ihm über den Weg lief. »Ach Gottchen, keine Angst, der will nur spielen«, sagte sie mit ihrem deutschen Akzent. Da strapazierte sie die Wahrheit ein wenig, wie ich fand.

Neben den drei Feuerwehrwagen zählte ich noch zwei Polizeiautos, einen Mannschaftswagen der Feuerwehr und einen gelben Krankenwagen. Und dann fuhr noch ein weiteres Auto vor und zwei Frauen stiegen aus. Eine hielt eine Fernsehkamera und eine tragbare Leuchte. Sofort filmte sie wahllos so ziemlich alles: die Autos, die Menschenmenge. Ich rannte in Hausschuhen herum und zog mir diese seltsame Versammlung rein.

Susi und Prudi unterhielten sich mit der Reporterin. »Unsere Katzen sind furchtbar verwirrt, nicht wahr, Prudence?«, sagte Susi und Prudi nickte. »Thomas hat schon an einer unmöglichen Stelle sein Geschäft verrichtet, du unartiger, kleiner Schlingel.« Thomas gähnte.

Auf einmal erhob sich eine Stimme über das allgemeine Tohuwabohu.

»Lassen Sie mich runter! Lassen Sie mich sofort RUNTER, verdammt! Mir geht es gut. Lassen Sie mich endlich!« Alle drehten wir uns zu der Stimme um, die aus Roxys Haus kam. Dort trugen zwei Feuerwehrmänner einen in Decken gehüllten Stuhl die Vorderstufen hinunter, aus dem ein Kopf mit Haarnetz hervorschaute.

»Hier! Lassen Sie mich hier runter. Nein, HIER, Sie Idiot! Sind Sie TAUB?« Unter den Decken tauchte eine Hand hervor, die dem Feuerwehrmann im Takt der Worte auf den gelben Helm schlug. »Stopp!« Klonk. »Stopp!« Klonk. »Stopp!« Klonk.

Als der Stuhl am Ende des Weges abgestellt wurde, sah ich, dass es ein Rollstuhl war.

»Was zum Teufel ist nur in Sie gefahren?«, rief die Frau und raffte die Decken um sich.

Der Feuerwehrmann, der nun außer Reichweite war, lächelte trocken. »Gern geschehen. Mir ist nichts lieber, als Sie vor dem Feuertod zu bewahren.«

»Von wegen Feuertod! Mir ging es prima! Was zum Teufel … NEHMEN SIE DAS VERDAMMTE DING AUS MEINEM GESICHT! ICH WARNE SIE!« Nun hatte sie sich der Kamerafrau zugewandt, die den Tumult mitbekommen hatte, und die Frau filmte, wie sie den Feuerwehrmann anschrie.

»Tut mir leid«, sagte die Kamerafrau. »Haben Sie den Nachrichtenzuschauern im Fernsehen vielleicht was zu sagen?«

»Ja«, erwiderte die Frau. »Läuft das Ding? Gut. Hier ein paar Worte für die Zuschauer«, und damit ließ sie eine Salve von Schimpfwörtern vom Stapel wie Sch… und N… und noch mal N… und noch etliche, die ich nicht kannte. Es war so ein bösartiger Schwall und so laut, dass der Feuerwehrmann, den sie geschlagen hatte, loslachte.

Die Kamerafrau sagte: »Ähm … danke«, und verdrückte sich.

Auf einmal tauchte Roxy neben mir auf.

»Darf ich dir meine Mutter vorstellen«, sagte sie und zeigte auf die Frau im Rollstuhl.

»H… hallo«, stammelte ich. »Schön, Sie kennenzulernen.«

Sie würdigte mich keines Blickes.

»Verzieh dich!«

Der 1000-jährige Junge

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