Читать книгу Der 1000-jährige Junge - Ross Welford - Страница 20

14. Kapitel

Оглавление

Da konnte ich reden und spotten, wie ich wollte, Roxy Minto ließ sich durch nichts davon abbringen, dass sie einer leibhaftigen Hexe begegnet war.

Wenn man von etwas überzeugt ist, schaltet man leicht auf stur, weil man ansonsten ja zugeben müsste, dass man kindisch war und sich geirrt hat.

»Natürlich trägt sie keinen schwarzen Hut und ist mit Warzen übersät. Das wäre ja auch zu offensichtlich«, verkündete Roxy.

»Verstehe. Die Tatsache, dass sie nicht aussieht wie eine Hexe, beweist, dass sie eine ist!«, sagte ich belustigt. »Und wenn sie nun einen spitzen schwarzen Hut gehabt hätte? Was hätte das bewiesen? Dass sie keine Hexe ist?«

Auf die fehlende Logik ging Roxy nicht ein. »Und außerdem hat sie einen Kessel und eine schwarze Katze.«

»Schwarz-weiße Katze, Roxy«, erwiderte ich verdrossen.

»Na und?«

Alles warf sie mir mit größter Unschuld zurück. Unsere Stimmen wurden lauter, und es entspann sich ein Streit, was ich nicht wollte, denn Roxy war lustig und mutig.

»Ich kann’s aber beweisen«, sagte sie, und dann klingelte ihr Handy, ein fröhliches Klaviergeklimper, das perfekt zu Roxy passte. Sie blickte ungerührt auf den Laptop und ging nicht ran. Fragend sah ich sie an.

»Es ist meine Mum. Ich muss los.«

Mir ist gar nicht bewusst gewesen, dass Roxy ja die ganze Zeit über allein war. Bei mir schwirren meistens mein Vater oder meine Mutter rum, die Saft bringen, kontrollieren, ob ich einen warmen Pulli trage und ja nicht mit der Schere in der Hand renne, einfach Elternzeug eben. Aber Roxy schien den ganzen Tag elternlos zu sein.

Ihr Handy hörte auf zu klingeln und die Mailbox sprang an.

»Wo ist denn deine Mum?«, fragte ich.

Roxy deutete mit dem Kopf zum Haus. »Drinnen.«

»Und dann ruft sie dich an?«

Roxy seufzte tief und sprang auf. »Lange Geschichte. Erzähl ich dir ein andermal.«

Es war, als hätte man sie mit einer Nadel gepikt und mit dem Seufzer wäre ihr nicht nur alle Luft, sondern auch alle Lebensfreude entwichen. Ich hätte schwören können, dass selbst ihr störrisches Haar plötzlich wie geplättet am Kopf klebte. Sie verschloss die Containertür und legte den Schlüssel unter einen Stein. Sagen tat sie nichts, aber da sie wusste, dass ich alles beobachtete, war klar, dass sie mir vertraute.

Als sie sich zu mir umdrehte, kam wieder etwas Leben in ihre Augen: »Mitternacht.«

»Heute?«

»Nein, in zehn Jahren. Natürlich heute Nacht.« Damit schlüpfte sie durch die Lücke im Zaun. »Da ist Hexenstunde«, sagte sie noch, bevor sie verschwand. Ich starrte in den dichten Wald und versuchte, mir einen Reim auf alles zu machen.

»Ich kann’s aber beweisen«, hatte Roxy gesagt.

Was hatte sie bloß damit gemeint? Sollte das heißen: »Ich kann beweisen, dass die Frau gezaubert hat« oder so einen Quatsch?

Roxy hatte es mit so einem überzeugten Leuchten in den Augen gesagt, dass ich nicht aufhören konnte, darüber nachzudenken.

Ich war drauf und dran, Roxy als harmlose Irre abzutun. Dann wären wir nie Freunde geworden, der Junge und die Frau im Waldhaus hätten in Frieden weitergelebt und Roxy hätte den Gedanken an »die Hexe im Wald« irgendwann fallen gelassen.

Doch dann geschah das Unglück, und Roxy und ich sollten die Letzten sein, die die Hexe noch lebend gesehen hatten.

Der 1000-jährige Junge

Подняться наверх