Читать книгу Seewölfe Paket 1 - Roy Palmer - Страница 24
11.
ОглавлениеDie Verblüffung war auf beiden Seiten gleich groß nur reagierten die Männer auf der „Barcelona“ und auf der „Santa Barbara“ schneller.
Sie waren im Morgengrauen ankerauf gegangen und umsegelten die Südspitze von Flores genau in dem Moment, als sich eine Karacke wie eine träge Kuh aus der Bucht wälzte. Sie führte Fock-, Groß- und Besanmast, hatte aber erst das Lateinersegel am Besanmast und die Fock gesetzt. Am Großsegel murksten ein paar Leute herum und hörten prompt mit der Murkserei auf, als sie beiden Galeonen entdeckten, die mit rauschender Fahrt anrückten.
„Ach du Scheiße“, sagte Ferris Tucker entgeistert. Und dann fügte er hinzu: „Nun sieh dir das an! Die freuen sich und winken.“
„Die denken, wir sind Spanier.“ Hasard stand auf der Backbordseite des Achterdecks und überlegte blitzschnell. „Wir greifen sie an, Ferris.“
Ferris Tucker blies die Backen auf. „Du kriegst wohl auch den Hals nicht voll genug.“
„Nicht für mich!“ stieß Hasard hervor. „Für die Neger, Mann! Mit dem Kasten können sie zurück nach Afrika und brauchen nicht hier auf der Insel zu bleiben.“
„Ach so.“ Ferris Tucker spuckte in die Hände. „Dann will ich mal unsere Kanönchen klarmachen.“ Er fegte wie ein Blitz auf die Kuhl und schrie die Männer an, die wie Wiesel losflitzten, Pulver und Kugeln holten und die Lunten vorbereiteten.
Der Seewolf blickte nach Steuerbord hinüber, wo die „Santa Barbara“ querab von ihnen segelte. Ben Brighton hatte anscheinend aufgepaßt, was bei ihm, an Deck der „Barcelona“, vor sich ging, denn auch auf der „Santa Barbara“ arbeiteten die Männer an den Kanonen.
„Sehr gut“, murmelte Hasard und schaute wieder zu der Karacke hinüber. Dort tat sich gar nichts. Die Karacke schaukelte vor sich hin, ihr Großsegel war immer hoch nicht gesetzt, die Männer dort an Bord glotzten, und einige winkten wieder.
Hasard winkte auch. Dann erschrak er. Die winkten, weil sie die Weiber gesehen hatten, die sich seit dem Ankeraufgehen bereits wieder in halbnackter Pracht auf dem Vorschiff in Positur gesetzt hatten und jetzt wie Sirenen auf die Männer dort drüben wirken mußten.
Hasards Fluch war lästerlich. Dann peitschte seine Stimme über das Deck: „Batuti! Schick deine Gazellen unter die Back, bevor ein Unheil passiert, verdammt und zugenäht!“
Eine groteske Situation! Da wollten zwei Galeonen Ihrer Majestät der Königin von England – so formulierte es Hasard in seinem Geist – eine Karacke angreifen, und auf der einen Galeone turtelten siebzehn halbnackte, brüste- und hüftenwakkelnde Negerinnen herum.
Aber dann erkannte er, daß dies genau der Trick war. Die da drüben stierten sich die Augen aus den Höhlen und verschlangen die halbnackten Schönen, aber daß an Bord der beiden Galeonen die Messer gewetzt wurden, das entging ihnen dabei.
„Batuti!“ rief Hasard. „Laß die Gazellen schön langsam verschwinden, nicht zu hastig, bitte sehr, und sie können – äh – ruhig etwas mehr von – äh – dem zeigen, was sie von uns unterscheidet.“
Da hatte er mal wieder herrlich drumherumgeredet. Aber Batuti schien begriffen zu haben – und ebenso die Männer, wie er an ihrem Grinsen erkannte. Dieses dämliche Grinsen!
Batuti sagte etwas, und die Schönen lächelten entzückend. Und Nuva ging graziös über die Kuhl auf ihn zu – auf ihn, o Himmel! Was für Brüste! Und Wobia! Und die anderen! Sie paradierten vor ihm, vor Philip Hasard Killigrew, dem Seewolf, dem Kapitän der „Barcelona“ und Befehlshaber eines Flottenverbandes von zwei gekaperten Galeonen.
O Himmel, Arsch und Zwirn!
Er schwitzte und fror und hätte diesen ganzen verdammten Kasten samt grinsenden Männern und wackelnden Negerinnen in Klump hauen können.
Und diese schmelzenden Blicke!
Die Wackelprozession zog unter ihm vorbei, rüber zur Steuerbordseite, voraus, entlang des Vorkastells, zur Backbordseite und wieder auf ihn zu. Immer reihum im Quadrat.
„Fein?“ fragte Batuti.
Nimm dich zusammen, Philip Hasard Killigrew, ermahnte sich der Seewolf und zeigte ein wüstes Grinsen, vor dem selbst der Teufel Reißaus genommen hätte.
„Hör zu, mein Junge“, sagte Hasard mit mühsam beherrschter Stimme. „Die Karacke dort drüben wird euer Schiff. Aber ihr müßt es stürmen. Wir helfen euch. Ich werde halsen, im Gegenkurs haarscharf mit meiner Steuerbordseite an der Karacke vorbeischeren – und das ist der Moment, in dem ihr entern müßt. Bis zu diesem Zeitpunkt stelle bitte deine Gazellen nebeneinander – front zu der Karacke – an der Steuerbordseite auf. Und da sollen sie zeigen, was sie haben, verstanden?“
„Verdammich, verdammt und zugenäht! Jetzt verstanden. Und Karacke dann unser Schiff?“
„Jawohl, euer Schiff. Aber ihr müßt blitzschnell hinüberspringen, wie Raubkatzen. Sag das deinen Männern.“
Batuti fletschte die Zähne. „Wir alle kämpfen wie Löwen, Ssör.“
Er wandte sich um, sagte etwas zu den Gazellen und sprach mit den fünfzehn anderen Negern, die plötzlich mit den Augen zu rollen begannen und eifrig nickten.
„Ferris!“
„Ja?“
„Du hast mitgehört, was ich Batuti sagte. In dem Moment, in dem sie entern, feuere eine Kanone ab, nur eine. Die Kugel wird über die Wasserlinie in den Rumpf der Karacke schlagen und wohl keinen Schaden anrichten, der nicht behoben werden kann. Aber mir geht’s um die Wirkung. Krach ist immer gut. Und dann verteil Waffen an die Schwarzen. Sie sollen sich bis zum Entern hinter dem Steuerbordschanzkleid verbergen – zu Füßen der Schönen. Wer entert von unseren Männern mit?“
„Alle“, sagte Ferris Tucker prompt.
„Ach? Und wer bleibt dann auf diesem Kasten?“
„Du natürlich.“
„Natürlich. Und ich bediene die Segel und stehe gleichzeitig am Ruder, wie?“
Ferris Tucker kratzte sich am Kopf.
Hasard sagte: „Dan O’Flynn, Smoky und der Kutscher bleiben hier an Bord, aus, vorbei. Wir haben nicht mehr viel Zeit, die Karacke liegt schon hinter uns. Wahrscheinlich denken die, hier seien Verrückte an Bord. Wenn ihr die Karacke im Griff habt, steuern wir in die Bucht und gehen dort vor Anker.“
„Aye, aye. Und Ben?“
Hasard nickte. „Der kriegt jetzt Bescheid.“
Er trat zur Steuerbordseite hinüber und winkte.
Ben Brighton zeigte klar und drehte die „Santa Barbara“ heran.
„Ben!“ rief Hasard hinüber. „Wir halsen und gehen auf Gegenkurs. Ich werde mit der ‚Barcelona‘ an der Steuerbordseite der Karacke vorbeischeren und entern. Die Karacke kapern wir für die Neger. Mit ihr können sie zurück nach Afrika segeln. Sag das deinen Schwarzen. Versuche zur selben Zeit, an der Backbordseite der Karacke vorbeizuscheren und zu entern. Dann haben wir sie in der Zange. Unser Überraschungstrick: Vor dem Entern werden unsere siebzehn Schönen auf der Steuerbordseite ihre Reize zur Schau stellen. Die Kerle auf der Karacke werden sich kaum um euch kümmern, wenn ihr euch heranpirscht. Dann laufen wir in die Bucht ein und ankern dort. Alles klar?“
„Verstanden!“ rief Ben Brighton und grinste über das ganze Gesicht. Und schon knallten seine Befehle über das Deck der „Santa Barbara“.
Hasard blickte zurück. Die Karacke lag Backbord achteraus – noch immer nur unter der Fock und dem dreieckigen Lateinersegel. Eilig hatten die es überhaupt nicht. Wahrscheinlich palaverten sie jetzt über diese verrückte Galeone, auf der halbnackte Weiber mit ihren Busen wippten. Und der Capitan hatte alle Hände voll zu tun, seine Leute wieder an die Arbeit zu scheuchen.
„Soll ich weiter Kurs halten?“ fragte Blacky.
Ach du liebe Zeit, Blacky hätte er fast vergessen.
„Du bleibst natürlich am Ruder, Blacky“, sagte Hasard, „ja, halte noch Kurs.“
„Ich entere nicht mit?“ fragte Blacky empört.
„Nein.“ Das klang endgültig und ziemlich scharf.
„Ist gut“, sagte Blacky und seufzte.
„Was gibt’s da zu seufzen? Ihr wollt wohl alle vor den Augen dieser – dieser schwarzen Hexen den Helden spielen, was?“
„Klar“, sagte Blacky, schielte auf den Kompaß und hoch zu den Segeln.
Dieses „klar“ klang so, als sei Blacky restlos davon überzeugt, ein zukünftiger Held zu sein. Und daraus wiederum ersah Hasard, daß es höchste Zeit wurde, seine Männer von dem täglichen Alpdruck halbnackter, wohlgerundeter Weiber zu befreien.
Daß sie mit den Negern zusammen diese miese Karacke kapern würden, stand außer Zweifel. Sie würden wie die Teufel über das Schiff herfallen. Die Schwarzen, weil ihnen die Chance geboten wurde, mit dieser Karacke ihre wirkliche Freiheit zurückzuerobern. Und seine Männer? Die kämpften wegen dieser lausigen Gazellen, die ihnen allen den Kopf verdreht hatten. Wahrscheinlich bildeten sie sich ein, dies sei der einzige Weg ins Himmelreich weicher Frauenarme und anschmiegsamer Körper.
„Idioten“, sagte Hasard laut und deutlich.
„Aye, aye, Sir“, sagte Blacky.
„Klar zur Halse!“ schrie Hasard und Blacky fuhr er an: „Fall ab, du Held!“
Blacky legte Ruder. Die „Barcelona“ drehte an, schwenkte den Bugspriet herum und ging in einem feingezirkelten Halbkreis auf Gegenkurs.
„Recht so“, sagte Hasard zu Blacky und peilte über den Bugspriet die Karacke an, die ihnen jetzt entgegensegelte. „Halte diesen Kurs.“
„Aye, aye, Sir.“
„Spar dir dies verdammte ‚Sir‘ “, fauchte Hasard.
„Aye, aye.“
Hasard warf Blacky einen kurzen Blick zu. Natürlich, der grinste schon wieder. Und noch blöder als je zuvor.
„Diese Weiber“, sagte Hasard so eklig und biestig, wie er nur sein konnte, „habt ihr in spätestens einer halben Stunde das letztemal gesehen, und zwar dann an Bord der verdammten Karacke, mit der sie an der östlichen Kimm verschwinden werden. Auf Nimmerwiedersehen, mein lieber Blacky. Bitte geh um einen Viertelstrich nach Backbord, sonst steuern wir Kollisionskurs. Ja, recht so.“
Hasard warf einen kurzen Blick nach Steuerbord. Auch die „Santa Barbara“ hatte gehalst und lag auf Kurs, hing aber zurück. Sie hatten jetzt achterlichen Wind. Hasard ließ das Großsegel wegnehmen, um langsamer zu werden. Die „Santa Barbara“ mußte aufholen, um dann mit ihnen gleichzeitig an der Karacke zu sein.
Hasard beobachtete sie. Ja, sie kam langsam auf, als die „Barcelona“ die Fahrt verringerte.
Die siebzehn Schönen standen längst an der Steuerbordseite aufgereiht und hatten ihre Busen gewissermaßen aufs Schanzkleid gelegt.
Der Seewolf – auch an der Steuerbordseite des Achterdecks – peilte über die Rundungen, die sich da vor ihm in fleischerner Phalanx präsentierten.
Es war ein unerhörter Anblick.
Und zum erstenmal nach allen diesen verwirrenden Ereignissen seit dem Ankeraufgehen dieses Tages begann er zu lächeln, und daraus wurde ein schallendes Lachen, befreiend wie eine Fanfare zum Beginn der Schlacht.
Ferris Tucker stand mit seiner riesigen Gestalt geduckt in der Deckung des Vorkastells. Er hatte einen ähnlichen, nur entgegengesetzten Blickwinkel über die Busenphalanx. Als die schmetternde Fanfare über das Deck fegte, zuckte er erst zusammen, dann begriff er, warum dieser schwarzhaarige Teufel dort auf dem Achterdeck Tränen lachte, und röhrte mit seinem Baß los.
So rauschten die beiden Galeonen der Karacke entgegen. Ben Brightons Männer feixten herüber und genossen den Anblick, den ihnen die Breitseite der „Barcelona“ bot – ein letztes heiteres Bild vor einem grimmigen Kampf, dessen Bild von aufeinanderklirrenden Klingen, wirbelnden Enterbeilen, krachenden Schüssen und wildem Gebrüll bestimmt sein würde.
Hasard schnappte nach Luft und wischte sich die Tränen aus den Augen.
„Ist der Kurs recht so?“ fragte Blacky unruhig. Von seinem Standort am Kolderstock der Galeone konnte er zwar den Stand der Segel sehen, aber das Vorkastell verbaute ihm die direkte Sicht voraus.
„Ausgezeichnet, Blacky“, erwiderte der Seewolf. Er lehnte sich weiter über die Steuerbordseite. Nach seiner Schätzung würden die „Barcelona“ und die Karacke einander in einem Abstand von knapp zwei Fuß passieren.
„Holt die Rahen längsschiffs, Männer“, befahl er. Er hatte keine Lust, sich mit den Spieren der „Barcelona“ in der Takelage der Karacke zu verhaken.
Mit einem kurzen Blick hinüber zur „Santa Barbara“ sah er, daß Ben Brighton das gleiche befohlen hatte. Ben war umsichtig und aufmerksam. Hasard nickte zufrieden.
Die Karacke schien zu stehen, aber das täuschte, denn der Abstand zwischen ihr und den beiden Galeonen schmolz zusehends zusammen.
Noch etwa hundert Yards.
Ferris Tucker hatte bereits eine glimmende Lunte in der Hand. Die Neger und seine Männer kauerten eng ans Schanzkleid gepreßt, vor ihren Nasen schlanke, samthäutige Beine und wohlgerundete Schenkel.
Hasard sah, wie Matt Davies einer Schönen in den Hintern kniff – dieser Lustmolch!
„Matt! Verdammich, halt deine Finger ruhig!“
„Aye, aye, Sir.“ Die Linke verschwand wieder, Matts Gesicht war rot wie eine Tomate. Die Schöne kicherte.
Noch fünfzig Yards.
Auf der Karacke war Zustand. Ihre Steuerbordseite war mit langgereckten Hälsen geziert, Männerstimmen grölten herüber, Arme wurden geschwenkt. Auf dem Achterdeck tanzte ein einzelner Mann herum und raufte sich die Haare, wohl der Capitan.
Zwanzig Yards.
„Aufgepaßt, Männer!“ rief der Seewolf.
Ja, sie lauerten sprungbereit, die Waffen in den Fäusten, Messer quer zwischen den Zähnen.
Zugleich mit der „Barcelona“ passierte der Bugspriet der „Santa Barbara“ den Bug der Karacke.
„Ferris! Feuer!“
Sekunden später krachte die Kanone auf der vorderen Kuhl. Holz zersplitterte, Pulverdampf waberte hoch.
„Vorwärts, Männer der ‚Barcelona‘!“ brüllte der Seewolf.
Eine Woge schwarzer Leiber, gemischt mit den halbnackten Körpern der Weißen, schnellte hoch, brandete über das Schanzkleid und überflutete im wilden Ansprung das Schanzkleid der Karacke.
Ein ohrenbetäubender Lärm donnerte über die Decks. Drüben enterten Ben Brightons Männer und fielen über die Spanier her.
Im Vorbeirauschen sah Hasard verzerrte Gesichter mit entsetzt aufgerissenen Augen, Todesschreie gellten über das Deck der Karacke, Männer brachen zusammen. Batuti stieß einem Spanier das Messer in den Leib. Zwei Spanier flogen von den riesigen Fäusten des Schiffszimmermanns gepackt außenbords zwischen die Schiffswände. Schüsse krachten – die Metzelei war im vollen Gange.
Vorbei!
Sie passierten das Heck, glatt, elegant, und drüben, nur getrennt durch die Breite der Karacke, erschien die „Santa Barbara“.
„Mann! Ist das ein Ding!“ schrie Ben Brighton begeistert. „Sollen wir noch einmal zurückdrehen?“
„Nein, Ben. Sie schaffen es. Wir steuern die Bucht an. Wenn Ferris klar Deck hat, folgt er uns.“
„Aye, aye. Deine Schönen sind hinreißend!“
Die Schönen! Hasard hatte sie fast vergessen.
„Wollt ihr wohl dort weg, ihr Hexen!“ fuhr er sie an.
Sie standen immer noch auf der Steuerbordseite. Nuva löste sich, glitt geschmeidig über die Kuhl ans Achterdeck und schaute zu ihm hoch.
„Du – Mann, du“, sagte sie guttural, „schöner Mann, tapfer ...“
Auch das noch, dachte Hasard. Bleib mir ja vom Leib, du Hexe. Er wischte sich den Schweiß Von der Stirn und ächzte.
„Smoky! Verdammt, schaff mir die Weiber vom Hals. Ich muß mich darum kümmern, wie Wir in die Bucht kommen, verstehst du?“
„Klar, aber ich kann doch auch nicht diese Batuti-Sprache.“
Hasard fluchte. „Mir egal, Mann, schaff sie nach vorn, die machen mich hier ganz nervös.“
„Mich auch“, sagte Smoky, grinste, klopfte Nuva zärtlich aufs Hinterteil und gurrte wie ein Täuberich. „Bitte schön, du schwarze Hexe, dorthin, nach vorn, wie haben hier zu tun, verstehst du das, meine Süße? Schiff dort in die Bucht bringen. Jetzt keine Zeit, verdammt und zugenäht. Na, komm schon!“
Er schob Nuva zum Vorschiff, und Hasard stellte grimmig fest, daß er ein bißchen zuviel an Nuva herumfummelte. Aber sie folgte ihm willig und warf neckende Blicke zurück zu Hasard.
Oh, dieses verdammte Luder. Gottlob schlossen sich ihr die anderen Gazellen an.
Und Donegal Daniel O’Flynn feixte über das ganze sommersprossige, freche Gesicht mit der Stupsnase. Er hatte die Hände in den Taschen, flötete und schaukelte dabei auf den Fußballen.
„Hast du nichts zu tun?“ fuhr ihn Hasard an.
„Noch nicht“, sagte das Bürschchen, „aber sicherlich hast du gleich was für mich zu tun, eh?“
„Eh! Eh! Mach das Lot klar, verstanden? Kutscher! Sieh zu, daß das Ankergeschirr klariert wird. Steht nicht herum, Bewegung! Bewegung!“
Die beiden trollten sich – und natürlich waren dort, wo sie jetzt zu tun hatten, wieder diese verdammten Weiber. Es war zum Auswachsen.
„Frage Kurs?“ Blacky meldete sich wieder.
Hasard schaute nach vorn. Sie segelten auf die Bucht zu, die sich weit vor ihnen öffnete. Links, an Backbord, schwang die Südspitze wie eine Sichel in die See und schirmte die Bucht ab. Hasard konnte Sandstrand erkennen, dahinter stiegen Schroffen hoch, bewaldet und von herrlichem Grün. Zwischen den Bäumen ganz rechts weit hinter dem Strand entdeckte Hasard ein paar Hütten.
Er blickte zurück zur Karacke. Ja, der Kampf war beendet. Die Karacke drehte bereits schon ab, um ihnen zu folgen.
Die Hütten!
Hasard kaute auf der Unterlippe. Feindliche Inselbewohner oder nicht? Man würde sehen.
Er ließ die Segel aufgegeit, bis auf das Lateinersegel. Es reichte, um mit genügender Fahrt in die Bucht zu laufen.
Zehn Minuten später hatte Smoky den Anker geworfen. Sie lagen etwa vierzig Yards vom Strand entfernt. Vogelstimmen lärmten vom Land herüber. Ein stiller Frieden lag über der Bucht. Oder täuschte die Ruhe?
Neben ihnen ankerte die „Santa Barbara“. Dann lief die Karacke ein und warf den Anker. Hasard rieb sich die Hände.
„Smoky, Dan! Setzt das Boot aus und bringt die Gazellen auf die Karacke hinüber.“
„Aye, aye.“ Aber sehr zügig arbeiteten die beiden nicht gerade, und sehr begeistert sahen sie auch nicht aus.
Hasard grinste spöttisch. „Blacky, Kutscher! Helft den beiden, sonst brechen sie noch zusammen!“
„Aye, aye.“
Auch auf der „Santa Barbara“ wurde ein Boot ausgesetzt und ebenfalls auf der Karacke.
Hasard verschwand im Achterkastell, als die Gazellen schnatternd von Bord stiegen. Er hatte genug von allen Nuvas und Wobias und wie sie heißen mochten. Als auf dem Deck wieder Ruhe herrschte, ging er auf die Kuhl. Immerhin, winken konnte er ja. Und die Gazellen winkten zurück.
Ferris Tucker und zwei seiner Männer pullten mit Batuti längsseits und enterten.
Batuti sprang als erster an Deck, voller Blutspuren, aber selbst unverletzt.
Hasard blickte ihn verwundert an.
Batuti scharrte mit den nackten Füßen, wand sich vor Verlegenheit und schaute hilfesuchend zu Ferris Tucker, der jetzt an Deck sprang.
„Der Herkules will bei uns an Bord bleiben“, sagte Ferris Tukker und grinste fröhlich.
„Was denn, bei uns? Er will nicht zurück nach Afrika?“
„Nein, Ssör, bitte. Batuti bei dir bleiben, du guter Mann, bitte. Mit dir segeln, Ssör, immer, bis Ende der Welt, ja?“
Hasard war platt und starrte den Riesen verblüfft an.
„Ein Mann mehr zur Verstärkung unserer Besatzung wäre nicht schlecht“, sagte Ferris Tucker, „und dieser Herkules ist nicht von schlechten Eltern, Hasard.“
„In Ordnung“, sagte der Seewolf. „Er bleibt bei uns.“
Batuti hätte ihn fast umgerissen vor Freude.
Der Strand hatte eine hölzerne Anlegestelle – und dort lagerten Kisten mit Musketen, Pistolen, Piken, Pulver, Kugeln, Werkzeugen, zehn Weinfässer und vier Fünfpfünderkanonen. Mit fünf Weinfässern an Bord zog die Karacke ostwärts davon und verschwand hinter der Kimm – und mit ihr einunddreißig Neger und siebzehn samthäutige Schönen.
Die Bucht hieß Punta Lagens, und die Karacke hatte Waffen, Wein und Werkzeuge dort ausgeladen – und dreißig spanische Soldaten, wie sie von einem Inselbewohner erfuhren. Sie sollten auf dem Morro Grande, dem höchsten Gipfel der Insel, eine Beobachtungsstation errichten.
Und noch während Ferris Tucker am Strand eine vierzig Fuß lange, schlanke Pinie zum Fockmast herrichtete, wußte Hasard, daß es Kampf mit den Spaniern geben würde ...
ENDE