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8.

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Bei Tageslicht wurde erst richtig klar, was für ein gottverfluchter Kahn diese „Flor de Espana“ war. Hasard und seine Gefährten lernten die Besatzung kennen – einen wilden, zusammengewürfelten Haufen unterschiedlichster Nationalität, in der Mehrzahl allerdings Spanier. Hasard wußte, daß auf manchen spanischen Galeonen der Flota bis zu zwölf Nationen vertreten waren, und dort wie hier herrschte dann ein geradezu babylonisches Sprachgewirr, in dem einer den anderen nicht verstehen konnte und oftmals gerade wegen dieser Schwierigkeiten Streitigkeiten ausbrachen.

Außerdem watete man auf diesem Schiff beinahe im Dreck und Ungeziefer. Es war das klügste, auf der Back zu verweilen und der Dinge zu harren, die da auf sie zukamen.

Es gab ein bißchen Aufruhr unter den Gepreßten, aber Profos Oleg verschaffte sich sofort den nötigen Respekt. Oreste, der erste Offizier, und andere Betreßte betrachteten die Szene vom Achterdeck aus, ohne einzugreifen. De Campos ließ sich überhaupt nicht blicken.

Ein Bootsmann, dessen Namen Carmine lautete, begann, Seeleute und Nichtseeleute unter den Zwangsverpflichteten auszusortieren.

Als er zu den Seewölfen gelangte, erklärte Hasard ihm sofort: „Hör zu, ich bin schon als Rudergänger gefahren, und mein Freund Benito hier hat mich bei dem Dienst am Kolderstock abgelöst. Samuele ist ein guter Mann am Besanmast.“

Carmine, der Bootsmann, stand zunächst sprachlos da, dann begann er zu grinsen. „Ihr seid die Freiwilligen, wie? O Santa Madre de Dios, endlich mal ein Wink des Himmels in dem ganzen verfluchten Mist hier. Wir haben händeringend einen Rudergänger gesucht, Leute, und keinen gefunden – und jetzt haben wir gleich zwei. Zwei!“

„Fehlt noch, daß du mir um den Hals fällst“, sagte Hasard.

„Und ob ich euch da gebrauchen kann“, fuhr der Spanier fort, ohne auf die Erwiderung einzugehen. „Anda, anda, geht gleich mal hin und macht euch mit dem Ruder vertraut. Allmächtiger, vielleicht kriegen wir jetzt doch endlich mal eine brauchbare Mannschaft zusammen und müssen nicht um unser aller Leben bangen, wenn wir den Atlantik überqueren.“

Er redete und redete und teilte schließlich auch Sam Roskill den Besan-hands zu. Er war ein impulsiver, überschwenglicher, in Grunde seines Herzens aber wohl gutmütiger Mensch, dieser Carmine.

Er strahlte und war zufrieden – und die Seewölfe auch. Sie waren von Anfang an darauf aus gewesen, die strategisch wichtigen Plätze auf dem Achterkastell zu besetzen.

Ihr Unternehmen ließ sich gut an, Teil zwei des Planes hatte geklappt. Die Vorzeichen standen gut, alles deutete darauf hin, daß sie die Situation wirklich in den Griff kriegten. Aber Hasard hütete sich, übermütig zu werden. Noch war die bevorstehende Auseinandersetzung nicht gewonnen. Noch konnten sich einige Hindernisse bieten.

Das vergaß er nicht. Wie war das doch gleich? Wer sich selbst überschätzt, der stolpert. Ein Mann mußte seine Grenzen kennen und durfte sich niemals für unbesiegbar halten. Solche Überheblichkeit verleitete nämlich zu Unachtsamkeit und damit zu fatalen Fehlern. Wer in der Karibik einen Fehler beging, konnte ihn tödlich bezahlen.

Wie Caligu, der Hasard und die Rote Korsarin unterschätzt hatte.

Der Tag verging mit Segelexerzieren und anderen unvermeidlichen Tätigkeiten an Bord der Schiffe. Die Gepreßten mußten in die Crews eingegliedert werden, und da sie zum Hauptteil Landratten waren, ging das nicht ohne Höllengebrüll und Schikanen der Stockmeister ab. Auf der „Flor de Espana“ war Sam Roskill praktisch der einzige, der dem „gemeinen Schiffsvolk“ noch etwas beibringen konnte, statt von ihm zu lernen. Von Olegs Hieben mit der neunschwänzigen Katze blieb er also verschont.

Und Hasard und Ben? Nun, die durften gemütlich zusehen, ohne kreuz und quer über Deck und die Wanten ’rauf- und ’runtergescheucht zu werden. Im Umgang mit dem Ruder waren sie ja firm. Außerdem standen Rudergänger im Bordstatus über den gewöhnlichen Mannschaftsmitgliedern. Der Hakkordnung nach hatten sie also nicht nur nach oben zu buckeln, sie durften auch mal Schnabelhiebe austeilen.

Hasard verfolgte unter anderem, wie drüben beim Fort El Moro wieder Schaluppen mit Kisten beladen und herübergepullt wurden. Die letzten Frachtgüter wurden übernommen, bis die Galeonen des Konvois kragenvoll mit Reichtümern waren. Ein wirklich gefundenes Fressen für die Wölfe im Schafspelz, dachte Hasard – und mußte grinsen.

Natürlich hatte er darüber nachgedacht, warum in der Nacht die Schaluppen unbewacht an der Pier hatten liegen können. Hätten die Schatzkisten nicht geraubt werden können?

Die Erklärung war einfach. Er konnte mit bloßen Augen die Soldaten erkennen, die auf den Wehrgängen und dem Turm der Festung postiert waren und wie die Schießhunde die Transporte überwachten. Selbstverständlich waren sie auch in der Nacht zugegen gewesen. Man hatte sie nur nicht sehen können.

Am Abend gab es Verdruß.

Paco, dieser bullige Bursche, hatte schon den Tag über neidvoll zu Hasard und Ben hochgeblickt. Der Seewolf hatte geahnt, daß sich da etwas zusammenbraute. Jetzt kochte Paco über.

Er baute sich vor Hasard auf und stemmte die Fäuste in die Seiten. „Hör zu, es will mir nicht in den Kopf, daß ihr beiden Bastarde was Besseres seid. Wir hätten euch heute nacht zusammenschlagen sollen. Jose und ich, wir fahren schon drei Jahre auf diesem Schiff, aber zu Rudergängern sind wir noch nicht befördert worden. Jetzt kommt ihr einfach angeschissen und markiert die Könner. Ungerecht ist das. Paßt bloß auf, daß ihr nicht die Jacken vollkriegt.“

Hasard äugte nach den Seiten. Von Oreste war nichts zu sehen, von Oleg und Carmine auch nicht, und der Generalkapitän befand sich auch in seiner Kammer des Achterkastells. Sie nahmen da eine außerordentlich wichtige Amtshandlung vor – das Abendessen.

Paco hatte sich also einen günstigen Augenblick zum Stänkern ausgesucht.

Unten auf der Kuhl standen schon Jose und einige andere bereit. Sie würden mit in die Kerbe hauen und Paco unterstützen. Es wurde verdammt brenzlig.

Hasard grinste kalt. „Wir markieren nicht. Wir sind tatsächlich Rudergänger. Es gehört ein bißchen Grips dazu. Im Gegensatz zu dir scheinen wir nicht nur Stroh im Gehirnkasten zu haben.“

„Sag das noch mal“, stie Paco aus.

Hasard verfolgte aus den Augenwinkeln, wie Ben einen strategisch günstigen Standort an der Schmuckbalustrade des Achterdecks auswählte. Er machte sich auch auf alles gefaßt. Der Seewolf provozierte gewollt. Er wollte Paco reizen, denn die Lage mußte jetzt bereinigt werden, sofort, das Kräfteverhältnis wollte geklärt sein.

„Ich sag dir was anderes“, erwiderte Hasard. „Das mit dem Zusammenschlagen kannst du immer noch versuchen, wenn du willst. Oder bist zu zu feige?“ Er grinste weiterhin, und das brachte Paco zum Überkochen.

Er ging mit den Fäusten auf Hasard los. Zu spät merkte er, auf was er sich da eingelassen hatte.

Hasard explodierte förmlich. Er ließ den Burschen auflaufen, grub ihm die Faust in den Magen und feuerte einen weiteren Hieb auf seine Brust ab. Dann nahm er eine Reihe von Schlägen hin. Er konnte nicht nur austeilen, er vermochte auch was einzustecken. Aber danach war für Paco nichts mehr drin. Hasards Fäuste knallten wie Hämmer gegen seinen Leib und seinen Kopf, so heftig und ausdauernd, daß er zur Gegenwehr keine Chance mehr erhielt. Paco wurde zurückgetrieben.

Hasard prügelte ihn bis an die Schmuckbalustrade. Paco blutete aus der Nase, hatte Schrammen und Platzwunden im Gesicht. Hasard hatte kein Mitleid, jetzt nicht, jetzt mußte er rigoros sein und sich vor der versammelten Crew dieses Dreckschiffes behaupten.

Er riß die Rechte hoch und ließ sie unter Pacos Kinnlade krachen. Paco verdrehte die Augen. Langsam sackte er an den Taljen der Balustrade nach unten.

Bevor er sich auf den Planken ausstreckte, bückte sich Hasard und packte ihn bei den Beinen. Er hob ihn hoch, hievte ihn über die Balustrade und ließ ihn auf die Kuhl stürzen: Paco landete hart. Es gab einen dumpfen Laut. Er brach sich aber keine Knochen, denn Hasard hatte sehr wohl berechnet, daß es aus dieser Höhe nicht möglich war. Er hatte auch aufgepaßt, daß Paco nicht auf den Kopf fiel.

Jose und ein paar andere waren schon auf dem Backbordniedergang zum Achterdeck. Sie verharrten – nicht wegen Ben, der kampfbereit dastand, sondern wegen Hasard.

Sie hatten die Nase voll, ohne was draufbekommen zu haben. Hasards Demonstration hatte ihnen genügt. Bewußt hatte er ihnen etwas vorexerziert, damit sie gerade im Hinblick auf die geplante Aktion den nötigen Respekt vor ihm hatten.

Er verzeichnete vollen Erfolg. Langsam zogen sie sich zurück. Nur Jose blieb noch murrend auf den Stufen stehen.

Hasard trat an den Niedergang und blickte ihn drohend an. „Und?“ Mehr sagte er nicht.

Jose gab eine Art Seufzer von sich, kehrte um und ging auf die Kuhl, um sich um seinen Freund Paco zu kümmern. Als der Profos auf Deck erschien, weil er etwas von Pacos Gebrüll vernommen hatte, war der Besinnungslose bereits verschwunden. Oleg blickte zu Hasard und Ben. Sie zeigten gelangweilte Mienen. Oleg sah zur Crew, aber es meldete sich niemand, der über den Vorfall richten wollte.

Denunzieren, das war unter der Ehre eines Mannes, ganz gleich, aus welchem Holz er geschnitzt war. In dieser Hinsicht gewann Hasard sogar eine gewisse Sympathie für diese Mannschaft.

Am nächsten Morgen herrschte ein beispielloser Betrieb im Hafen und auf der Reede. Die schwere Eisenkette, mit der man die Hafeneinfahrt verhängt hatte, war jetzt geöffnet worden. Schiffe schoben sich an der Feste El Moro vorbei. An den Hafenanlagen hatten sich Scharen von Neugierigen versammelt, um den Abreisenden zuzujubeln. Havanna lebte von dem, was die Seeleute brachten und in der Stadt taten. Da war es nur allzu verständlich, wenn die Bewohner eine turbulente Abschiedsszene darboten. So hielt man die Besatzungen auch für die Zukunft bei Laune, sie würden immer wieder gern hierher, ins Paradies, zurückkehren.

Die Schiffe, die den Hafen verließen und sich auf die Reede begaben, waren Galeonen und Karavellen. Hasard beobachtete aufmerksam und stellte fest, daß es sich um generalüberholte Fahrzeuge handelte. Man hatte sie in den Werften der Stadt auf die Hellingen gelegt, vom Muschelbewuchs befreit, sie kalfatert und gepönt und auch die Aufbauten und Takelagen ausgebessert. Jetzt waren sie bereit, sich dem Konvoi anzuschließen.

So waren die Spanier – sie hatten sich nicht als die besten Seefahrer erwiesen. Die Engländer, Franzosen und Holländer waren ihnen diesbezüglich überlegen, wenn sie auch aus dem sogenannten „Armenhaus“ von Europa stammten. Die Dons oder Philipps, wie man die Spanier nannte, befuhren die Meere mit oftmals entsetzlich herabgewirtschafteten Kästen, die den Ausdruck Schiff nicht mehr verdienten. Aber sie waren Meister in der Kunst des Zusammenflickens und Improvisierens. Oft richteten sie Schiffe, die zum Abwracken reif waren, wieder so her, daß sie wie neu aussahen und tatsächlich den beschwerlichen Weg bis nach Spanien schafften, ohne unterwegs abzusaufen.

Alle Schiffe, die den Geleitzug bilden sollten, liefen schließlich einzeln von der Reede ab. Der Sammelplatz lag eine halbe Seemeile vor der Küste. Sechzehn Galeonen und fünfzehn Karavellen waren es, deren Kapitäne am Abend zuvor noch einmal zu einer Generalbesprechung auf der „Flor de Espana“ gewesen waren.

Kanonenböller erklangen, über den Wehrgängen und dem Söller des Forts El Moro sowie den anderen Bastionen der Stadt pufften weiße Qualmwolken hoch. Es wurde Salut geschossen.

Wohl jeder an Bord der Schiffe war sich im klaren darüber, wie gefährlich der weite Weg über den Atlantik werden würde. Äußerlich jedoch bot der Konvoi ein Bild von Zuversicht und Tapferkeit. Eine Galeone und Karavelle nach der anderen erwiderte die Salutschüsse aus ihren Bordkanonen, als die Schiffe majestätisch aufs Meer hinausglitten. Oleg, der Profos, tobte auf der Kuhl und hetzte die Männer an eine Batterie Demi-Culverinen.

Als dann die „Flor de Espana“ als letztes Schiff zum Sammelplatz segelte, waren auch ihre Geschütze schußbereit und spuckten zum Abschied Feuer, Blei und Rauch. Die Menge an Land jubelte immer noch und winkte zum Abschied.

Hasard stand am Kolderstock. Es war weiß Gott keine dankbare Aufgabe, auf so einem dicken, behäbigen Schiff der Rudergänger zu sein. Man hatte seine liebe Not, den Bug in der vorgeschriebenen Richtung zu halten, denn bei der geringen Geschwindigkeit reagierte die Galeone kaum auf die Bewegungen des Steuerruders.

Zudem wehte der Wind aus Westen. Eine Galeone war ein miserabler Am-Wind-Segler. Dennoch behielt Hasard die „Flor de Espana“ unter Kontrolle.

Sam Roskill versah ordnungsgemäß seine Aufgaben am Besanmast. Ben war neben Hasard auch nicht untätig. Beispielsweise agierte er als Vermittler und Melder zwischen Hasard und Bootsmann Carmine.

„Ben, sag dem Bootsmann, er soll die Blinde setzen lassen!“ rief Hasard.

Ben wäre fast ein „Aye, aye, Sir“, entfahren. Er bezwang sich im letzten Augenblick. Er lief auf die Kuhl, fand Carmine und teilte ihm mit, was Hasard ihm aufgetragen hatte.

„Die Blinde?“ Carmine war verdutzt. „Die setzen wir normalerweise erst viel später, auf hoher See.“

„Unsinn, sie verleiht dem Schiff mehr Kursgenauigkeit“, sagte Ben. „Nun mach schon. Die Männer sollen von uns aus die Fock wegnehmen, aber die Blinde brauchen wir jetzt unbedingt.“

Carmine stand mit weit geöffnetem Mund, dann erwiderte er: „Hör mal, wollt ihr mir Befehle geben?“

„Nein. Nur gute Ratschläge. Sind wir nun die Rudergänger auf diesem Kasten oder nicht?“

„Ja.“ Carmine tat, wie ihm geheißen.

Als die Galeone dann tatsächlich besser den Kurs zum Sammelplatz hielt, grinste er wie ein Teufel, formte die Hände zum Schalltrichter vor dem Mund und rief Hasard und Ben von der Kuhl aus zu: „Ihr Satansbraten, nur weiter so!“

„Ich fange an, mich hier zu Hause zu fühlen“, sagte Hasard.

„Bei dem Dreck?“ fragte Ben.

„Das ist was anderes, Benito.“

„Verstehe. Ja, du würdest auch diesen Sauhaufen von einer Mannschaft zurechtbiegen – Alfredo.“

Gegen elf Uhr formierte sich der Geleitzug zur Kiellinie. Das Flaggschiff lag nun an der Spitze, und der Konvoi ging bei nach wie vor aus Westen einfallendem, leichtem bis mittlerem Wind auf Nord-Ost-Kurs zur Florida-Straße.

Auf dem Rückweg in die Alte Welt folgten die Schiffe der Flota stets der gleichen Reiseroute. Sie fuhren über die Bahama-Inseln hinaus, bis sie – etwa bei den Bermudas – auf die Westwinde trafen und den Golfstrom ausnutzen konnten. Die Azoren bildeten dann die nächste Etappe, von dort aus ging es auf fast geradlinigem Kurs nach Spanien. Die Reise konnte drei bis vier Monate dauern – wenn alles gut ging.

Es ging aber eben nicht immer alles gut.

Generalkapitän Juan de Campos erschien. Er stelzte auf dem Achterdeck herum und meckerte über so gut wie alles. Er stauchte den Profos zusammen, legte sich mit Oreste, dem ersten Offizier an, schnauzte Carmine an – nur bei dem Rudergänger hatte er nichts zu bemängeln und zu nörgeln. Der steuerte das Schiff wie eine Eins.

De Campos betrachtete diesen schwarzhaarigen, blauäugigen Mann immer wieder. Dieses junge und doch schon alte Gesicht, diese Kühnheit und Verwegenheit in der Miene, die Narbe, die sich von der Stirn bis über die Wange zog – fast war ihm der Mann ein wenig unheimlich.

De Campos beschloß, nicht weiter darüber nachzudenken. Es führte ja doch zu nichts.

„Solche Leute brauchen wir“, sagte er nur zu Oreste. „Sorge gefälligst dafür, daß Alfredo, Benito und Samuele auch nach unserer Ankunft in der Heimat weiterhin bei der Mannschaft bleiben.“

„Si, Senor“, entgegnete Oreste. Was sollte er hinzufügen? Es war auf diesem Schiff besser, so wenig wie möglich zu reden.

Philip Hasard Killigrew beobachtete indessen scharf. Über die Offiziere konnte er sich nun ein Bild machen. Es befanden sich außer den Seeleuten zwölf Soldaten an Bord, auf die man besonders achten mußte. Unter den Seeleuten konnten sich höchstens Paco und Jose als erbitterte Kämpfer hervortun.

Orestes Verhalten den Seewölfen gegenüber wandelte sich. Er war neidisch auf das Ansehen, das sie bei dem Generalkapitän genossen. Er hatte Lorbeeren für sich erhofft, nachdem er die drei aufgestöbert hatte.

Oder bildete er sich das nur ein?

Ihm war die Sache nicht geheuer; und er ließ seinen Ärger an Hasard, Ben und Sam aus. Besonders Sam Roskill erteilte er unnütze Befehle. Sam und seine Freunde nahmen das hin, sie lehnten sich kaum auf. Wenigstens hütete sich der Baske, sich offen mit den beiden Rudergängern anzulegen. Er verfuhr nur nach dem uralten Prinzip der Hackordnung: nach unten trat er, nach oben bukkelte er.

Er zeigte jetzt seinen Charakter unverblümt, offen. Er war eine unangenehme Type.

„Auch so ein Mistfresser“, sagte Ben zu Hasard. „Und da fühlst du dich auf diesem speckigen Kakerlaken-Zuchtkübel auch noch wohl.“

„Mir wird immer wohler“, erwiderte der Seewolf grinsend. „Sei mal still und hör zu, was de Campos mit Oreste zu besprechen hat.“

De Campos war kurz im Achterkastell verschwunden. Jetzt erschien er wieder auf der Bildfläche und wandte sich am Backbordschanzkleid des Achterdecks an seinen Ersten.

„Die verfluchten Karavellen“, sagte der Generalkapitän. „Der Teufel soll sie holen. Die liegen mit ihren schweren Silberbarren doch viel zu tief.“

„Eine üble Sache“, gab Oreste pflichtschuldigst zurück.

„Und? Ist das alles?“

„Was soll ich tun, Generalkapitän?“ sagte Oreste verzweifelt. „Ich kann sie doch auch nicht erleichtern.“

De Campos sprach zischelnd, aber Hasard und Ben kriegten trotzdem jedes Wort mit. „Du Narr. Bevor wir ausgelaufen sind, hättest du mich darauf hinweisen müssen. Kann man sich auf keinen mehr verlassen? Die verflixten Karavellen! Wenn Sturm aufkommt oder Piraten angreifen, geraten sie ins Hintertreffen. Im Sturm saufen sie unweigerlich ab, bei einem Piratenangriff können sie nicht ausbüchsen, weil sie viel zu langsam sind.“

Der Baske blickte sich um und prüfte, ob die beiden Rudergänger etwas mitgehört hatten. Hasard und Ben taten so, als wären sie vollauf mit ihren Manövern und dem Kurshalten beschäftigt. Sie mußten sich ihr Grinsen verkneifen.

Seewölfe Paket 4

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