Читать книгу Seewölfe Paket 4 - Roy Palmer - Страница 33
10.
ОглавлениеIn der vierten Morgenstunde lief ihnen eine der Galeonen entgegen.
„Kein Zweifel“, sagte Hasard zu Ben, Shane, Ferris und den anderen auf dem Achterdeck der „Isabella“. Er blickte durch den Kieker. „Die sucht das Flaggschiff.“
„Ein schwerer Brocken, gut armiert“, meldete Dan aus dem Großmars.
„Aber viel zu langsam für uns und den Zweimaster“, sagte der Seewolf.
„Schiff klar zum Gefecht!“ brüllte Edwin Carberry. Sein Ruf wehte zu Siri-Tongs Zweimaster hinüber, und auch dort ertönten jetzt die Befehle, trappelten nackte Fußsohlen über Deck, wurden unter Gerumpel und Geratter die Geschütze ausgefahren. Siri-Tong ließ die Totenkopfflagge aufziehen. Munter flatterte sie im Wind. Die Nacht verblaßte, der Morgen erhob sich träge und mit trübem Licht im Osten – die Spanier mußten die Flagge bereits erkennen können.
Dann begann es.
Die „Isabella“ und das Schiff mit den blutroten Lateinersegeln umkreisten die spanische Galeone. Hasard gab den Feuerbefehl. Diesmal nutzte er die Überlegenheit der langen Culverinen-Rohre aus. Donnernd lösten sich die Schüsse aus den Kanonen, die Decks der „Isabella“ vibrierten, beißender Feuerrauch und Pulverqualm breiteten sich aus.
Die Takelage des Dons wurde gründlich zerschossen. Die Seewölfe jubelten. Der Gegner war manövrierunfähig, jetzt pirschten sich die „Isabella“ und die Karavelle zum Entern an.
„Die „Isabella“ schob sich auf das Heck der Galeone zu. Ein paar wagemutige Dons, die ihre Musketen und Arkebusen auf sie anlegten, wurden von Smoky und Al Conroy mit gezieltem Feuer aus den Drehbassen weggeschossen, bevor sie die Lunten ihrer Waffen zünden konnten.
Dann flogen die Enterhaken, die „Isabella“ hatte als erste Berührung mit dem Feindschiff. Männer flankten als quirlige Traube von Bord zu Bord über, allen voran Hasard mit einem kurzklingigen Cutlass. Er trieb einen Keil in die Masse der Gegner.
Ein Spanier legte mit dem Tromblon auf ihn an, hatte aber die Rechnung ohne Big Old Shane gemacht. Shane holte aus. Sein Entermesser blinkte für einen Sekundenbruchteil hoch über den Häuptern der Kämpfenden. Er warf es, es surrte auf den Don mit dem Tromblon zu und stieß ihn bis ans Schanzkleid zurück. Auch dieser Mann starb, ohne einen Schuß abzufeuern.
Hasard arbeitete sich bis zu dem spanischen Kapitän vor. „Streich die Flagge, Philipp!“ rief er. „Es ist aus.“
Und der Mann ergab sich.
Juan, der Boston-Mann, Bill und die anderen Piraten der Roten Korsarin wollten die Besatzung niedermetzeln. Hasard schritt dagegen ein. Auch dieses Mal entließ er die Überlebenden. Sie durften in den Beibooten davonpullen.
Hasard stellte sich vor die Piraten hin. „Einen Gegner, der sich bereits unterworfen hat, massakriert man nicht. Ich schätze furchtlose Kämpfer, aber keine Mörder.“
Bill, der Bogenschütze, erwiderte aufgebracht: „Diese Schweine von Spaniern werden irgendwo an Land gehen und die wildesten Schauermärchen über uns verbreiten. Die sagen nicht, daß wir sie geschont haben. Und je mehr es von diesen Kastanienfressern gibt, desto mehr Verfolger haben wir in Zukunft am Hals.“
„Willst du dich mit mir anlegen?“ Hasards Stimme war nicht laut, nur von eisiger Kälte.
„Nein“, sagte Bill. „Nein, ganz bestimmt nicht.“
Die Piraten kuschten vor dem Seewolf. Aber in ihrer primitiven Mentalität begriffen sie trotzdem nicht, warum man einen Gegner schonen sollte. Da war es wieder: Es existierte kein vollkommenes Einverständnis zwischen Piraten und Korsaren, und eines Tages würde die Diskrepanz zu fatalen Folgen führen. Hasard wußte das, und er vergaß es nicht.
Die Galeone hatte Perlen geladen – Margaritas, wie die Spanier sie nannten. Außerdem entdeckten die Seewölfe und ihre Verbündeten Goldbarren. Sie führten einen verrückten Freudentanz auf. Dann wurden die Schätze wieder auf beide Schiffe übernommen und die spanische Galeone versenkt.
Hasard hatte aus der Kapitänskammer dieses Beuteschiffes wieder wertvolles Kartenmaterial geborgen. Daraus ging eindeutig hervor: Der Generalkurs der Schatzschiffe der Tierra-Ferma-Flotte führte über die Bermudas und die Azoren nach Spanien, und auch dieser Konvoi würde die gleiche Richtung nehmen.
Hasard steuerte die Bermudas an.
Er malte sich aus, was ein Raid mehrerer gut armierter englischer Schnellsegler erreichen könnte, wenn er einen der Geleitzüge beispielsweise bei den Bermudas abfing und auflöste.
Er dachte in weiten Räumen und sann über die Zukunft nach. Ein Lebensnerv der Spanier konnte empfindlich getroffen werden, man mußte nur die richtigen Mittel und eine entsprechende Organisation haben.
Hasards nächstes Angriffsobjekt war eine der Silberkaravellen, die plump und behäbig mit ihrem bedenklichen Tiefgang als letztes Schiff im Konvoi segelte und mehr und mehr zurückfiel. Am Nachmittag dieses Tages überraschten die Seewölfe die Karavalle, und wieder erfolgte ein Angriff nach der bewährten Methode. Diesmal schossen auch Batuti und Big Old Shane ihre Brandpfeile ab, und die Besatzung des Feindschiffes rettete sich schon in die Boote, bevor Hasard, Siri-Tong und die beiden Crews überhaupt enterten.
Die Seewölfe und die Piraten hatten ihre liebe Mühe, die Silberbarren und Pulverfässer der Karavelle auf die „Isabella“ und den Zweimaster hinüberzuschaffen, bevor die Kravelle ein Opfer der See wurde.
Gegen Abend überraschten sie eine weitere Karavelle. Smoky und Al Conroy zerschossen ihr mit den Drehbassen der Back das Steuerruder, sobald die richtige Entfernung erreicht war. Damit war das Schiff manövrierunfähig. Unter dem Feuer der Culverinen der „Isabella“ und der Geschütze von Siri-Tongs Zweimaster gingen dann auch Masten und Gaffelruten der Karavelle zu Bruch.
Der „Salat“, wie Shane ihn bezeichnete, hing samt dem laufenden und stehenden Gut außenbords, und die Karavelle krängte.
Die Seewölfe und die Piraten enterten. Auch hier stießen sie kaum noch auf Widerstand. Nachdem die Überlebenden auf Hasards Anordnung hin das Weite suchen durften, ließ der Seewolf die nach Steuerbord überhängenden Masten und das Rigg kappen. Anschließend wurden Silberbarren von Bord zu Bord übergenommen.
Mehr konnten die Laderäume der beiden Schiffe nicht fassen, ohne sich selbst zu gefährden.
„Schade“, sagte Siri-Tong. „Wir hätten noch mehr Konvoischiffe aufbringen und kapern können – zumal wir so schön im Zug waren. Wie denn, wenn es uns gelänge, eine Prisengaleone oder Karavelle bis zur Schlangen-Insel zu steuern?“
Hasard lächelte. „Ich habe auch schon daran gedacht. Aber wir brauchen sämtliche Männer, um allein die ‚Isabella‘ und Ihren Zweimaster segeln zu können, Madame.“
„Also brechen wir das Unternehmen ab?“
„Wir müssen.“
„Einverstanden – Alfredo.“ Sie begab sich auf ihr Schiff zurück, und beide, „Isabella“ und Zweimaster, lösten sich von der sinkenden Karavelle. Die Rückreise zur Schlangen-Insel, wo die Beute gehortet werden würde, begann. Man schrieb den 10. April 1581.