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6.

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Es war Nacht, als Dan erwachte. Der Sturm war etwas abgeflaut.

Er setzte sich in seiner Koje auf und spitzte die Ohren. Schon im Schlaf hatte er ein regelmäßiges Poltern vernommen, ganz entfernt zwar, aber dennoch deutlich.

Die anderen schliefen. Neben ihm schnarchte Batuti wie ein Walroß.

Dan stieg lautlos an Deck und sah Matt Davies breiten Rücken am Schanzkleid. Der Mann mit der Hakenprothese schien ebenfalls in die Dunkelheit zu lauschen.

„He, Matt“, sagte Dan.

„Hab dich schon gehört. Kannst du nicht schlafen?“

„Ich höre so merkwürdige Geräusche.“

„Hab ich auch gehört, aber jetzt weiß ich, was das ist. Es ist der Wellenschlag in den Hohlräumen der Felsen.“

Dan O’Flynn stellte sich neben Matt und lauschte weiter in die Dunkelheit hinein. Nach einer Weile schüttelte er entschieden den Kopf.

„Das ist kein Wellenschlag, Matt, und das ist auch nicht die Brandung vor der Küste, das ist etwas anderes.“

„Vielleicht lösen sich Felsbrocken ab und poltern hinunter“, meinte Matt Davies.

Dan gähnte ausgiebig. „Ja, das wird es wohl sein“, sagte er nach einer Weile. „Soll ich dich ablösen, willst du dich noch ’ne Stunde aufs Ohr hauen, Matt?“

„Ich bin nicht mehr müde. Geh nur wieder schlafen, in ein paar Stunden ist es Tag.“

„Bin auch nicht mehr müde“, erwiderte Dan und gähnte erneut.

Wieder war ein regelmäßiges leises Poltern zu vernehmen, danach herrschte Stille. Erst nach einer ganzen Weile wiederholte sich das merkwürdige Geräusch.

„Hast du schon mal in einem ganz bestimmten Rhythmus Steine so poltern hören?“ wollte Dan wissen. „Ich nicht. Das muß noch etwas anderes sein.“

„Aber was denn, zum Teufel?“

Matt Davies sah sich um. In der Bucht war alles ruhig. Vor dem ab und zu durchschimmernden Mondlicht hob sich scharf und klar die Silhouette des Zweimasters ab. An Bord war niemand zu sehen, aber andererseits hatte Matt auch nicht gesehen, daß die vier Kerle wieder an Bord zurückgekehrt waren, denn eins der Beiboote lag immer noch am Strand, obwohl von Ravella, Mansur und den beiden anderen Piraten nichts zu sehen war.

Davies runzelte die Stirn und dachte nach.

„Komisch“, sagte er laut, „daß die Kerle nicht an Bord zurückgekehrt sind. Mansur und dieser Einäugige hecken doch sicher etwas aus, um sich für die Prügel zu rächen.“

Jetzt wurde Dan hellwach. Seine Augen waren mißtrauisch zusammengekniffen.

„Den Himmelhunden traue ich zu, daß sie sich über unsere Beute hermachen und einen Teil davon beiseite schaffen. Wir sollten mal nachsehen, Matt!“

„Ich habe Wache. Nimm einen anderen mit.“

Wieder war das Poltern zu hören, so, als fiele etwas von oben nach unten über die Klippen. Wäre der Sturm nicht gewesen, hätte man die Geräusche noch viel deutlicher und lauter gehört.

Dan ließ es keine Ruhe mehr. Er dachte an die haßerfüllten Blicke Mansurs und des Spaniers. Ganz sicher heckten die Höllenhunde etwas aus, das ihnen, den Seewölfen, schaden konnte.

„Ich geh selbst, um nachzusehen, und nehme den Affen mit“, sagte, Dan entschieden. Arwenack sprang schon seit einer ganzen Weile um seinen Liebling Dan herum und griff immer wieder nach seiner Hand.

„Sieh dich aber vor, die Kerle spaßen nicht“, warnte Matt.

„Ich auch nicht“, erwiderte Dan grinsend. Zusammen mit Arwenack, dem Schimpansen, sprang er ins Boot und pullte leise davon.

Dan kannte die Abkürzung, den Weg, auf dem man noch schneller zum Schlangentempel gelangte, wenn man ein wenig in den Felsen herumkletterte.

Der Affe sprang voraus. Dan packte ihn und hielt ihm die Schnauze zu, dann erst ließ er ihn wieder laufen. Der kluge Schimpanse wußte, daß er jetzt nicht keckem durfte, denn sein zweibeiniger Freund hatte wieder einmal etwas vor. Und da mußte man sich still und ruhig verhalten, sonst durfte man nicht mehr mit.

Alles war still, als Dan oben ankam. Nur der Wind pfiff sein Lied monoton durch die Felsen. Er war schon merklich abgeflaut und würde sich in ein paar Stunden ganz legen.

Plötzlich hörte er überlaut das Getöse. Es hörte sich genauso an, als werfe jemand Steine über die Klippen. Hohl und dumpf klang es, polternd, danach war wieder Stille. Die Geräusche waren weit oberhalb des Eingangs zum Stollen zu hören.

Dan konnte damit nicht viel anfangen. Es gab keine logische Erklärung für das Poltern. Lautlos schlich er weiter.

Eine ganze Weile verging, dann glaubte Dan, einen Schatten zu sehen, der an der Spitze der Klippen auftauchte. Dan hatte scharfe Augen und er war sicher, daß dieser Schatten ein Mensch war, der auch ihn im selben Augenblick entdeckt hatte. Aber schon war der Schatten wieder verschwunden.

„Bleib hier, Arwenack“, sagte er zischend, als der Affe mit großen Sprüngen davonjagen wollte, genau in die Richtung, in die der Schatten verschwunden war.

Arwenack gehorchte augenblicklich und blieb hinter ihm.

Dan pirschte weiter, immer eng gegen das schroffe Gestein gepreßt.

Das Poltern wiederholte sich nicht, alles war still und ruhig. Zu ruhig, wie er fand. Und doch spürte er, daß sich hier ganz in seiner Nähe jemand aufhielt.

Er spähte angestrengt zu dem Stolleneingang. Auch dort rührte sich nichts. Doch glaubte er für einen kurzen Augenblick ein Aufflackern von Licht gesehen zu haben. Ein schwacher Schein nur, aber er genügte Dan, um zu wissen, daß er sich nicht geirrt hatte.

Im Schlangentempel geisterten ein paar Kerle herum!

Seewölfe Paket 4

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