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8.

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Matt Davies war der erste, der das Gezeter hörte.

Arwenack! dachte er. So verrückt und schrill konnte nur der Affe kreischen. Es ging ihm durch Mark und Bein.

Und dann sah er auch schon undeutlich im schwachen Mondlicht die kleine Gestalt am Strand, die kekkerte und kreischte, hin und hersprang und herumzeterte.

Die ersten Seewölfe erschienen an Deck. Carberry war durch den Lärm wachgeworden, ebenso Ferris Tukker und der Seewolf.

„Was ist los?“ fragte Hasard. „Was ist mit dem Affen passiert?“

„Dan ging mit ihm fort“, berichtete Matt, „weil wir vor einer Weile so merkwürdige Geräusche hörten. Er wollte wissen, was da los war, und jetzt kommt der Affe allein zurück. Da muß etwas passiert sein, sonst würde er sich nicht so toll gebärden.“

„Dann los, in das Boot“, befahl Hasard. „Bestimmt stecken diese lausigen Piraten dahinter. Nehmt Fakkeln mit und ein paar Taue. Wir wissen ja nicht, was passiert ist.“

Er machte Matt keinen Vorwurf, weil er Dan mit dem Affen allein hatte losgehen lassen. Dan war groß genug, ein erwachsener Mann und nicht mehr das Bürschchen von früher, und wenn er nachgesehen hatte, weil etwas nicht in Ordnung war, fand Hasard das ganz richtig. Aber jetzt war er offensichtlich in die Klemme geraten.

Der Seewolf sprang mit einem Satz ins Boot. An Deck wurden zur besseren Orientierung ein paar Öllampen entzündet.

Carberry, Tucker und Matt sprangen hinter dem Seewolf her. Und dann wurde es auch auf der Karavelle lebendig. Auch dort wurden zwei Lampen entzündet, und Hasard sah in ihrem schwachen Schein, daß ein paar Gestalten an Deck herumrannten. Niemand von ihnen schien zu wissen, was passiert war.

„Was ist los?“ schallte es herüber.

„Pullt, Männer, pullt, willig, willig“, sagte Hasard statt einer Antwort. Sollten die Kerle da drüben tun, was sie wollten, er hatte im Moment andere Sorgen. Hoffentlich war dem Bürschchen nichts passiert, dachte er immer wieder, auch wenn das Bürschchen längst ein Mann war, in Hasards Gedanken blieb er eben das Bürschchen in dieser Lage.

Am Strand empfing sie kreischend und zeternd der Affe.

Hasard nahm ihn auf den Arm, doch Arwenack löste sich sofort von ihm und flitzte aufgeregt durch den Sand kurvend vor ihnen her.

„Folgen wir ihm, er wird uns zu Dan führen“, sagte Hasard.

Sie kamen nicht so schnell von der Stelle, wie der klettergewandte Arwenack, der weite Strecken übersprang, zurückkehrte und ungeduldig wartete, bis auch die Männer wieder zur Stelle waren.

Der Affe führte sie auf direktem Weg zum Schlangentempel. Wie ein kundiger Führer lief er voran, drehte sich um, keckerte, wenn es ihm nicht schnell genug ging, und rannte weiter.

„Er rennt zum Eingang des Stollen“, sagte Matt, der den Affen gerade hinter der Felsbiegung verschwinden sah.

Tucker packte seine riesige Axt fester. Wenn die Kerle es gewagt hatten, heimlich in den Schlangentempel einzudringen, um Gold zu klauen, dann würden sie die Hölle auf Erden erleben.

Arwenack war schon in dem Eingang verschwunden. Carberry entzündete eine der mitgenommenen Fackeln und hielt sie hoch.

„Verdammt!“ entfuhr es dem Seewolf, als er im Schein des zuckenden Lichtes eine Gestalt auf dem Boden liegen sah, neben der jetzt der Schimpanse hockte.

Hasard hob Dans Oberkörper an, schlug ihm leicht auf die Wangen.

„Der hat ja eine ganz verdammte Beule am Schädel“, stellte Carberry fest.

Dan O’Flynn schlug die Augen auf, murmelte etwas, das niemand verstand und hustete, bis sein Körper sich schüttelte.

„Was ist passiert, Dan?“ drängte der Seewolf. „Wer hat dir das Ding verpaßt?“

Vor Dans Augen tanzten riesige Schatten auf und ab. Benommen schüttelte er den Kopf. Immer noch verschwamm alles vor seinem Blick. Sein Genick fühlte sich taub an, in seinem Schädel war ein Hämmern und Pochen, als wollte er zerspringen.

„Ich weiß nicht“, stöhnte er, „ich habe die Kerle nicht erkannt.“

„Kannst du laufen, Dan?“

„Ich glaube schon.“

Dan versuchte mit Hasards Hilfe, aufzustehen. Er lehnte sich an die kühle Wand und taumelte noch leicht. Aber Dan war ein zäher Brokken, der viel vertrug und auch viel einstecken konnte.

„Es geht wieder“, murmelte er. „Laßt uns mal im Tempel nachsehen.“

Eine zweite Fackel wurde entzündet, und dann ging es weiter, bis sie in den Schlangentempel kamen.

Die Überraschung warf sie fast um.

Hasard blickte ungläubig auf die zusammengeschmolzenen Schätze, von denen mehr als ein Drittel fehlte. Gold- und Silberbarren türmten sich im wüsten Haufen an den Wänden. Die Kerle, die hier geplündert hatten, waren wahllos vorgegangen. Sie hatten alles heruntergerissen, durcheinander geworfen und einzelne Barren bis an die kleine Barriere hingefeuert.

Carberry schüttelte fassungslos den Kopf.

„Und das haben diese Idioten einfach ins Wasser geschmissen? Nur um uns zu ärgern? Verstehst du das, Hasard?“

„Was haben sie davon?“ antwortete der Seewolf mit einer Gegenfrage. „Von der Insel können sie nicht fliehen, sie müssen wissen, daß wir sie früher oder später schnappen. Und wir kriegen sie, darauf könnt ihr euch verlassen!“

Tucker lehnte sich auf den Stiel seiner Axt. In seinen Augen blitzte es sekundenlang ärgerlich auf.

„Vielleicht haben diese Halunken ein Boot von der Karavelle abgefiert und sind damit aus der Bucht gefahren“, sagte er. „Dann können sie mit dem Gold schon etwas anfangen.“

„Du könntest recht haben, Ferris. Das werden wir aber gleich feststellen.“

„Nicht nötig“, sagte eine kühle Stimme vom Eingang her. Dort stand mit zornblitzenden Augen die Rote Korsarin und neben ihr der schweigsame Boston-Mann. Sein linker Ohrring baumelte bis zu seinem Hals. Auch er starrte schweigend auf das Chaos, das die Kerle hinterlassen hatten.

Hasard fuhr herum.

„Was soll das heißen?“

Siri-Tong trat näher. Ihr Blick wanderte von Hasard zu den Barren.

„Bei uns fehlt kein Boot“, sagte sie. „Aber Sidi Mansur, Don Ravella, Rahim Baa und Muddi fehlen. Sie sind nicht an Bord, und sie sind auch heute abend nicht zurückgekehrt.“

Hasard und die anderen warfen sich bezeichnende Blicke zu. Natürlich, Sidi und Ravella hatten sie selbst schon in Erwägung gezogen. Die mußten sich für ihre Prügel abreagieren, ihr Haß auf Hasard und die Seewölfe war grenzenlos.

„Prächtig!“ sagte Hasard. „Dann werden wir diese Hurensöhne suchen. Und dann werden sie den Tag ihrer Geburt verfluchen, wenn wir sie gefunden haben.“

„Überlaß die Gerichtsbarkeit mir“, sagte die Korsarin kalt. „An meinen Gaffelruten ist noch Platz genug für Meuterer.“

„Aufhängen, Madame?“ fragte Hasard. „Muß immer gleich das extremste Mittel angewandt werden?“

„In diesem Fall schon!“ Ihr Blick war eisig, und in ihrem Innern kochte der Zorn, das spürten die Männer deutlich, obwohl Siri-Tong ihre Gefühle gut unter Kontrolle hielt.

„Meuterer gehören an den Galgen“, erwiderte sie kühl. „Und Kerle wie diese kann ich in meiner Crew nicht brauchen!“

„Das ist Ihre Sache“, sagte der Seewolf.

Sie gingen zurück.

Der Sturm hatte sich gelegt. Jetzt briste es nur noch leicht von Nordwest, und die Morgendämmerung ließ sich bereits erahnen.

Hasard stieg noch weiter die Felsen hinauf, bis er einen besseren Überblick über die Insel hatte.

Ferris Tucker und die Rote Korsarin gesellten sich zu ihm.

„Wir können erst in ein oder zwei Stunden mit der Suche beginnen“, sagte Siri-Tong. „Jetzt ist es noch zu dunkel, und wenn sich die Halunken irgendwo zwischen den Klippen versteckt haben, finden wir sie jetzt doch nicht.“

Dan kam hinzu. Es ging ihm wieder besser, bis auf das Brummen in seinem Schädel. Die Leichte Brise tat ein übriges, um auch die letzten Schmerzen zu vertreiben.

Er blickte auf das tintenschwarze Wasser, sein Blick suchte die Klippen ab, und bei seinen scharfen Augen war es auch kein Wunder, daß er das Schiff zuerst entdeckte.

„Ein Schiff!“ brüllte er. „Es liegt direkt unter uns zwischen den Klippen!“

Seewölfe Paket 4

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