Читать книгу Einsitzschwimmer - Sabine Höntzsch - Страница 10

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Was ein öder Sound! Ich hasse mutierte Klingeltöne. Aber dieser rettet mir das Leben!Grinse in mich hinein. In der einen Hand die Knarre, befreit sie umständlich mit der anderen das Handy aus der knackigen, superengen Hosentasche. Der öde Sound wird lauter. Zusammengekniffene Mandelaugen stieren auf das Display.

Der öde Sound bleibt. Erstaunlich! Ein altes Handy, ähnlich oll wie meins. Was ist mit Facebook und Co.?

»Ja, Zita?« Geschickt führt sie es vorbei an den Ninja-Kämpfer-Haaren zum Ohr. Ihr Mund bleibt geöffnet. Gebannt lauscht sie. Auf der anderen Seite der Leitung ist Furchtbares geschehen. Sogar ich vernehme das Schluchzen und Jammern, wenn ich auch nichts verstehe.

»Okay, hör´ auf zu heulen! Wir kriegen das schon hin. Na, wenn´s um Leben und Tod geht!« Fragend checkt sie mich ab, die Stirn wirft winzige pralle Falten.

Dass das geht. Ich weiß zwar nicht, warum, aber ich nicke. Bin für jeden Scheiß zu haben. Viel schlimmer kann´s nicht kommen.

»In circa `ner halben Stunde schlag ich bei dir auf. Hab ein Auto, abgemacht? Bis denn!« Hastig beendet sie das Gespräch. »Schrecklich! Fahren wir zu ihr. Ich bete, dass Sue recht behält und das Orten des Handys unmöglich ist.« Entrüstet umklammert, hypnotisiert sie das klobige Ding. Es klingt gemein, die Handytheorie und ihre Erscheinung amüsieren mich.

»Die Nächste rechts, nachher der Straße folgen«, murmelt sie. »Keine Idee, was da passiert ist. Zita ist aufgelöst, es muss sehr, sehr tragisch sein.« Mit erhobenem Finger ermahnt sie sich: »Cat! Lass' es aus!«

»Deines ist fast so alt wie meins. Ich bin technikresistent, mir reicht es. Und Du? Nicht vernetzt? Social Network und so?« »Oh Mann! Twittere ich gleich: Überfall, Abkassieren unmöglich, Polypen verletzt, fahre zu Zita? Besser noch, ich poste bei Facebook den nächsten Bruch mit Angabe der Koordinaten, damit die Bullen mir `nen liebevollen Empfang vorbereiten? Hältst du mich für naiv? Ich lebe ein selbstbestimmtes Leben! Ich habe mit Sue getauscht – Smartphone gegen das unscheinbare und vor allem unknackbare Profi-Super-Notfall-Handy!« Okay, okay, bin überzeugt, wenn es denn unknackbar und nicht zu orten ist! Den Rest der Fahrt verbringen wir still, bis auf ihre Fahranweisungen.

Ich nutze die Zeit für Gesichts- und Gedankenübungen. Training der Mimik – wichtig. Trainiere ich häufig, meist ohne Gesellschaft, immer aber im Auto.

Cat hängt eigenen Hirngespinsten nach, kratzt mit der Waffe den Kopf, bemerkt mich nicht. Angenehme Begleitung! Bezaubernde schweigende Frauen, hab ich mir ja gewünscht.

Ich untersuche mehrfach den Rückspiegel. Ups, der Schluck Kaffee ging daneben, macht mich nicht schöner. Ob ich ihr einen anbiete? Apropos, braun. Angst und Schrecken lauern überall. ›Die braune Gefahr‹ habe ich ordentlich unterschätzt. Dachte, sie stirbt aus. Doch hirntote Glatzen agieren präsenter denn je. Eine zusätzliche Bedrohung für die Gesellschaft stellen die ›Udos‹ dieser Welt dar! Ich könnte ihr davon berichten. Nein. So bleibt mir Zeit für subjektive Betrachtung. Na, Hauptsache man betrachtet irgendetwas.

Genau, die ›Udos‹ dieser Welt! Die sind meist unauffällig, getarnt, Models, zielstrebig, erfolgreich, und das nur monetär. Sie verfügen über soziale Intelligenz, die bei Minus 10, wenn nicht sogar bei Minus 50 liegt. Die rangieren weit oben auf meiner innerlichen Wutskala. Ich weiß, wovon ich spreche. Die kennen Schlupflöcher, um Steuern zu sparen, immer reicher und reicher zu werden. Schrecken nicht davor zurück, nach China zu gehen, wenn in Deutschland der Arsch ab ist, um Zaster zu scheffeln. Natürlich pfeifen sie auf Menschenrechte. Recht erhält nur der Starke. Klischee? Wenn das leider genau so ist? Ach ja, soziale Intelligenz und Kompetenz von Minus 10 bis Minus 50 spiegelt sich in den Reihen unserer Politiker. Ich schließe keine Partei aus! Macht um jeden Preis! Das Wort ›sozial‹ gebrauchen sie vollkommen sinnentleert. Diäten erhöhen, gesellschaftliche Errungenschaften zerstören, so ist das heute. Diese ›Agenda 2010‹-Scheiße, na, wir sehen, was uns blüht. Die Leutchen arbeiten für minimale Kohle, müssen aufstocken, um zu existieren. Panik und Politik - passt hervorragend zusammen.

Einsitzschwimmer

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