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Drei Scheiben Fleischwurst

Cat und ich treten den Heimweg an. Mein Magen knurrt, ähnlich einem ausgehungerten Tiger, der seit Tagen, ach was, seit Wochen erfolglos jagt.

»Wir fahren an `nem Supermarkt vorbei, der ist lange geöffnet. Ich brauche was hinter die Kiemen, hab den ganzen Tag nix gegessen. Du?« »Nudeln! Ich esse am allerliebsten Nudeln.« Ich bin ein exzellenter Koch, was Cat natürlich bislang nicht weiß!

»Spaghetti Ai Olio mit Chiliwurstbällchen. Was hältst du davon?« »Klingt lecker, kannst du das?« »Tz!«, zische ich. »Haste Geld? Ich bin pleite.« Jetzt grinst Cat ihr schönstes breites Grinsen. »Habe heute Morgen meine Eltern beklaut, war ja unklar, ob das mit dem Bankautomaten klappt. Und Geld benötigt man ja leider immer.«

Wie Recht sie hat! Diese Scheißkohle geht mir durch den Kopf. Ich stopfe den Zwanni, den sie mir reicht, in die Hosentasche. Mein inneres Auge durchstöbert die Küchenschränke, irrt umher. Ziemlich leer. Spaghetti gibt es, aber den Rest müssen wir kaufen.

Nach so einem anstrengenden Tag weicht die Musik im Supermarkt meine Birne auf. Das bläuliche Licht schreit nach einer Sonnenbrille. Ich schnappe Knoblauch und Chilis, fische das Olivenöl aus dem nächsten Regalkarussell.

»Komm, ich stecke die Sachen ein, hauen wir ab!«, flüstert Cat. Synchron greift sie nach dem Gemüse. »Nee, für heute reicht´s mir. Alle klauen wie die Raben und mich packen sie.« Ich hebe die Sachen über meinen Kopf. Cat erreicht sie nicht, selbst wenn sie einem Welpen gleich freudig hüpft.

Mit erhobenen Armen, die Tattoos stehen Kopf, verdrehen die Augen, hassen mich dafür, marschiere ich Richtung Fleischtheke. Cat schimpft, folgt mir dennoch. Eine alternde Dame verharrt, schaut mich an und schüttelt den Kopf. Schnepfe, denke ich.

Die Menschenschlange mit vollgestopften Einkaufswagen an der Theke ist lang, leider. Was die alle für Massen kaufen, das ist der Irrsinn. Irgendwie ekelhaft! Fertigprodukte, wer futtert das alles und vor allem, wem schmeckt der Scheiß?

Nicole fällt mir ein – die Königin der Tütensaucen. Geschmacksverstärker pur!

An der Käsetheke gibt´s Ärger. Nur schleppend gelange ich in der Schlange voran, weil die dusselige Kuh vor mir nicht in die Pötte kommt. Stupse den Wagen meiner Vorgängerin mehrfach an - ist nur im Weg, das Ding. Ich verrenke den Hals.

Die aufgebrachten Menschlein in der Käsethekenschlange schimpfen, attackieren einander mit Einkaufswagen, Körben, Taschen oder Beuteln. Oh man, Cat ist verwickelt in den Schlamassel.

Ich wende der Situation besser den Rücken zu. Locker schlendert sie an mir und der Fleischthekenschlange vorbei. Leicht federnd ist ihr Gang. Dann stellt sie sich vor die Erste in der Schlange. Eine Mittvierzigerin im teuren Gucci Hosenanzug, vermute ich. Die Frau mustert sie irritiert. Cat lächelt erst sie, dann die nach viel Wurst ausschauende Fleischereifachverkäuferin an.

»Ich hätte gerne drei Scheiben Fleischwurst!« »Bitte stellen Sie sich hinten an, bis Sie an der Reihe sind«, appelliert der Gucci Anzug. Cat lächelt erneut. »Ich hätte gerne drei Scheiben Fleischwurst!« Der Typ mit Vollbart in karierten kurzen Hosen mischt sich ein. Er ist gleich hinter dem Anzug platziert. »Wir warten alle, dass wir dran kommen, Unverschämtheit!« »Ich hätte gerne drei Scheiben Fleischwurst!« Eine ältere Dame, das Haar hochgesteckt, blaugefärbt, tritt hervor. Sie ist die Dritte in der Schlange, schubst den Hosenanzug weg und drückt Cat mit ihrer dicken Omatasche, die längst eingemottet gehört, zur Seite.

»Geh nach hinten, Kindchen!« Lange Speichelfäden ziehen sich in ihren Mundwinkeln. Cat wiederholt zuckersüß dieselben Worte: »Ich hätte gerne drei Scheiben Fleischwurst!«

Die Aktion läuft aus dem Ruder. Erboste Kunden stimmen ein in diesen wunderlichen Chor – komische Oper. Ich werfe meine Haare in den Nacken, lache durchtrieben – was für ein Weibchen! Der Marktleiter, sein Kittel weht, eilt herbei, zerrt Cat, die heftigen Widerstand leistet, hinter sich her – Richtung Ausgang. Ich nutze die Aufregung, bestelle beim heranwachsenden Metzger – zwei Chiliwürstchen und dann rasch zum Weißen.

Cat schleckt am geklauten Lutscher. Sehr zufrieden zeigt sie den Rest ihrer Beute. Kaugummis, drei weitere Lollies und eine Bitterschokolade. Mein Magen knurrt unerbittlich.

Einsitzschwimmer

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